Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der höchste Preis (German Edition)

Der höchste Preis (German Edition)

Titel: Der höchste Preis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schweiger
Vom Netzwerk:
Äußersten dabei ging. Den ultimativen Kick suchte. Die letzte Grenze überschritt.
    Aber Hauser fiel nicht in den Kreis ihrer Verdächtigen, passte nicht in das Profil: Zu alt, verheiratet, sozial integriert.
    Doch stopp: 1995, da war Hauser zweiundfünfzig Jahre alt gewesen.
    Zwei Jahre über dem Altersprofil zwischen 25 und 50 Jahren, das die Spezialisten vom LKA für am wahrscheinlichsten hielten.
    Aber wie hatte er seine Verbrechen begangen?
    Er war beruflich viel unterwegs, konnte also unauffällig Ausschau halten. Und das abgeschieden gelegene Bauernhaus bot optimale Möglichkeiten, um jemanden gefangen zu halten, solange die Hausfrau auf Reisen war. Aber was war mit den beiden Mädchen, die folgten? Die konnte er schlecht bei sich zuhause eingesperrt haben. Hatte er vielleicht einen Komplizen? Oder war sogar Mitglied von einem Pädophilenring?
    Gruber leerte seine Tasse und wünschte sich nach langer Zeit erstmals wieder, er würde rauchen. Dann nahm er ein Stück Papier zur Hand und schrieb auf, was er von Hauser wusste. Oder genauer, was gegen den Mann sprach.
    Fieser Geschäftsmann, fiese Vergangenheit, fieses Verhalten.
    Ein echtes Ekelpaket, keine Frage.
    Okay, seine Frau war anderer Ansicht, aber die hielt er sich vielleicht nur als Fassade, als kostspieliges Aushängeschild für sein vermeintlich gutbürgerliches, biederes Dasein.
    Er warf einen Blick zu seinem Handy. Sollte er Bischoff anrufen? Mit ihr seine Überlegungen diskutieren? Bevor er sich entscheiden konnte, durch zuckte ihn ein neuer Gedanke und bekräftigte seine Theorie: Warum hatte Hauser nicht auf die verschwundenen Mädchen zurückgegriffen, als er sie heute Nachmittag beschimpft hatte? Jedermann hackte deswegen doch auf ihnen herum, zuletzt diese Tussi vom Fernsehen, Eckstein, Monika Hochstätters Nachbarin und gerade eben sogar Hausers Ehefrau. Aber nein, Hauser hatte ihm mit keinem Wort vorgehalten, dass die Polizei immer noch mit leeren Händen dastand. Was doch der ideale Vorwurf gewesen wäre! Hatte ihn nur als inkompetent, faul und feige bezeichnet. Allgemeinplätze, nichts weiter. Auch nur ein Zufall? Oder hatte ihn irgendetwas davon abgehalten, vielleicht die unbewusste Überlegung, er könnte sich damit verdächtig machen?
    Gruber griff nun doch zu seinem Handy. Er musste mit Bischoff darüber reden. Aber kaum, dass er ihre Nummer eingetippt hatte, wurde ihm flau im Magen und er begriff, dass er Ruhe brauchte, wenigstens ein paar Stunden Schlaf. Er drückte auf Abbruch und stand auf.

39
     
    Es kam exakt so, wie er befürchtet hatte: Trotz seiner Erschöpfung machte er kein Auge zu. Wälzte sich nur verschwitzt von einer Seite auf die andere und horchte besorgt auf seinen Herzschlag. Also kroch er kurz nach Mitternacht wieder aus dem Bett, legte Barry Sadlers „Ballad of the Green Berets“ auf und machte es sich auf der Couch im Wohnzimmer bequem. Als er aufwachte, war es immerhin schon vier Uhr vorbei. Er stand auf, machte sich eine Tasse heißen Kakaos und hörte sich noch die „Gunfighter Songs“ von Marty Robbins an, ehe er bei Tagesanbruch einen Spaziergang zum Ettendorfer Kircherl hinüber unternahm. Dort setzte er sich auf die Bank vor der Kirche und schaute zu, wie sich der Nebel über der Traun auflöste und die Häuser der Stadt allmählich an Konturen gewannen. Seine Stadt! Und seit ein ehemaliger Nachbar zum Papst gewählt worden war, auch weltweit bekannt als die eigentliche Heimatstadt des Heiligen Vaters. Aber für ihn war Traunstein schon immer der Mittelpunkt der Welt gewesen, und würde es auch bleiben. Auch wenn er deswegen manchmal belächelt wurde.
    Aber was soll’s, dachte er, es ist letztendlich nur der Neid. Denn schöner konnte es anderswo kaumsein. Im Osten Salzburg, im Süden die Berge, im Westen der Chiemsee und im Norden, nun ja, nichts war perfekt, Niederbayern. Es gab immerhin gleich zwei Kinos, ein paar vernünftige Kneipen, ein kleines, aber feines Theater, Ärzte und Anwälte zum Saufüttern, wie seine Mutter immer gesagt hatte, und es hatte schon viel für sich, in einer alten, überschaubaren Stadt mit lebendiger Vergangenheit zu leben, und nicht in einer anonymen Großstadt. Hier kannte er sich aus und wurde als Polizist noch respektiert, auch wenn es ihm in den letzten Jahren fast das Herz zerrissen hatte, als er die Angehörigen der verschwundenen Mädchen immer wieder vertrösten musste und nichts weiter sagen konnte, als dass sie mit allen Kräften an der Aufklärung arbeiten

Weitere Kostenlose Bücher