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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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dass er es ernst meinte.
    »Ich sehe noch nach den Kindern und sorge dafür, dass sie ins Bett kommen, dann fahr ich. Ich ruf dich morgen an. Und wenn du etwas brauchst, dann meld dich auf dem Handy oder meinem Pager, egal um welche Zeit.«
    Jane nickte, drückte seine Hand ein letztes Mal und ließ ihn los. Er küsste sie auf die Wange und ging.
    Ja, dachte Jane, als er fort war. Ich liebe dich ...
    (II)
    Im Licht des Armaturenbrettes sah Sergeant Stanton gespenstisch aus. Als er sich eine Zigarette anzündete, verlieh ihm das flackernde Orange der Flamme eine leichenhafte Blässe.
    Steve saß neben ihm und nippte an einem Becher Kaffee. »Das war verdammt gute Arbeit. Wie seid ihr ihm auf die Spur gekommen?«
    »Kreditkarte, oder besser gesagt: Scheckkarte. Wir haben uns seine Bankunterlagen beschafft – meine Güte, Chief, der Bursche hat fast nie was auf seinem Girokonto. Aber er hat die Karte letzte Woche benutzt – mit 35 Mäusen auf dem Konto –, um an einer Tankstelle am St. Pete Beach zu tanken. Man kann davon ausgehen, dass er in Motels übernachtet, wenn er unterwegs ist, aber es gibt keine Aufzeichnungen über seine Kontobewegungen. Wahrscheinlich schleppt der Kerl Bargeld mit sich herum.«
    »Oder er schläft in seinem Wagen«, überlegte Steve.
    »Auch möglich. Aber zumindest wissen wir, dass wir ihn aufspüren können, sobald er seine Karte benutzt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass der Bezirksrichter uns keinen Haftbefehl erteilt, um ihn zu verhören. Es liegt kein hinreichender Verdacht vor.«
    »Elende Grundrechte.« Steve starrte abwesend in die Nacht. Du bist irgendwo dort draußen, Dhevic. Ich werde dich finden ...
    Das Funkgerät knackte. Steve ging ran und wurde von der Funkzentrale angewiesen, über sein Handy eine Nebenstelle anzurufen.
    »Wen rufst du an?«, fragte Stanton.
    »Die State Police.«
    »Warum?«
    »Weiß ich nicht, aber es kann nichts Gutes sein ...«
    (III)
    Die Stimme kreiste in ihrem Kopf wie eine Schar riesiger schwarzer Vögel.
    »Sehet den Boten ...«
    Dhevics Stimme?
    Jetzt Sarahs Stimme: »Die Ankunft des Boten ist nahe ...«
    Jane öffnete die Augen, aber sie sah nichts, nur eine tintenschwarze Landschaft. Sie versuchte, sich aus der Vertiefung zu erheben, in der sie lag – es fühlte sich wie ein Graben aus gemeißeltem Stein an –, aber es ging nicht. Sie konnte sich nicht bewegen.
    »Heil Aldezhor ...«
    Ein Traum. Jane fühlte sich verzweifelt. Sie hatte das Gefühl, sie sei mit warmem Wasser übergossen worden, aber dann wurde ihr klar, dass es sich um ihren eigenen Schweiß handelte. Es ist nur ein Traum. Wach auf ...
    Die tiefere Stimme kehrte zurück. »Er wird Sie durch Ihre Ängste, Ihre Schwächen ...«
    Jane starrte blind in die Schwärze.
    »... Ihre Träume manipulieren.«
    Dann ein Geräusch wie von einer fallenden Guillotine, und mit einem Mal konnte sie alles erkennen. Eine Szenerie aus Feuer und Felsen erhob sich vor ihr.
    Chaos.
    Die Hitze nahm ihr den Atem. Sie lag tatsächlich in einer Steingrube, welche die Form eines Sargs aufwies. Als sie es endlich schaffte, sich aufzusetzen, schlug ihr eine Welle noch intensiverer Hitze ins Gesicht. Sie blickte an ihrem nur mit dem Nachthemd bekleideten Körper herab und sah, dass sie aufgrund von Dehydrierung und Unterernährung entsetzlich abgemagert war, ihre Arme und Beine wirkten dünn wie Stöcke. Ihre einstmals vollen Brüste hingen als dünne Hautfetzen unter dem klatschnassen Nachthemd, ihr Bauch war eingefallen, die Rippen traten deutlich hervor. Sie hatte fast gar keine Kraft mehr, und doch zwang sie sich, aufzustehen und in die bizarre Höllenlandschaft hinauszuschauen.
    Schwarzer Qualm stieg in giftigen Schwaden auf, teils aus abgrundtiefen Klüften, teils von fernen Leichenhaufen. Feuer knisterten ewig, und in der Luft, vor einem leuchtend roten Himmel, flogen große vogelartige Kreaturen gemächlich in schmutzfarbene Wolken hinein und wieder heraus. Wind erhob sich und ließ wieder nach – ohrenbetäubend laut. Aber war es wirklich Wind oder nur eine endlose Brandung verzweifelter Schreie?
    Gestalten zottelten eine Felserhebung herauf. Groß, hager, mit schiefen kahlen Köpfen und Armen und Beinen so lang, wie ein normaler Mensch groß war. Ihre Haut besaß die Farbe von geronnener Milch und sie kamen, um sie zu holen ...
    Wie ein Schlag traf sie die Erkenntnis:
    Ich bin in der Hölle ...
    Jane begann zu rennen. Sie rutschte in eine Felsspalte, und dann rannte

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