Der Höllenbote (German Edition)
keinerlei Nutzen bin, all diese Mühe auf sich nehmen?«
Steve überlegte einen Moment. »Na ja ... das weiß ich auch nicht. Hat er dich um irgendwas gebeten? Um Geld? Informationen über die Morde? Wollte er dich für ein Buch oder eine Fernsehsendung interviewen?«
»Nein, nichts dergleichen«, antwortete sie. »Aber er hat darum gebeten, sich im Postamt umsehen zu dürfen.«
Steve sah sie verwirrt an. »Warum das denn?«
»Ich weiß es nicht genau. Er sagte, dass er nach etwas sucht, etwas, das mit dieser Glocke zu tun hat.«
Steve verzog das Gesicht. »Weißt du, ich hatte mit diesem Dhevic schon vor 20 Jahren zu tun. Er war damals ein Spinner und er ist auch heute noch ein Spinner. Halt dich von ihm fern. Hör nicht auf ihn. Wenn er dir das nächste Mal begegnet, dann ruf mich sofort an.«
Bevor sie noch etwas erwidern konnte, verlangsamte Steve die Fahrt und bog ab. Waren sie etwa schon eine Stunde unterwegs? Die Sonne ging bereits unter.
»Da wären wir«, sagte er. »Die Insassen haben es das ›Beton-Ramada‹ getauft.«
Die Zufahrtsstraße führte zwischen hohen Zäunen entlang, die mit dichten Wicklungen aus NATO-Draht gesichert waren. Im Licht der Gebäudescheinwerfer funkelte der Draht wie Lametta. Dahinter konnte Jane das mehrstöckige Untersuchungsgefängnis sehen, einen beigefarbenen Betonklotz mit schmalen Fensterschlitzen. Steve zeigte am Tor seine Dienstmarke vor, dann fuhr er hinein. Er hielt auf dem Besucherparkplatz, drückte ihre Hand und sagte: »Gehen wir.«
An der Anmeldung trug Steve ihre Namen ein, gab seine Waffe ab und erhielt zwei Zugangspässe. Ein Aufzug brachte sie ins obere Stockwerk. Aus den Etagen, an denen sie vorbeikamen, hörte Jane einen Lärm wie von einem Fußballspiel, bis ihr klar wurde, dass es sich um das allgemeine Stimmenchaos der Insassen handelte. Eine hässliche Geräuschkulisse. Die Stille wirkte erlösend, als die Fahrstuhltüren in der obersten Etage zur Seite glitten. Ein nüchternes Schild verriet ihnen: BLOCK 6D – PSYCHIATRISCHE UNTERSUCHUNG UND VERWAHRUNG.
Schließlich führte sie ein Vollzugsbeamter einen sauberen, antiseptisch riechenden Flur entlang. Weiße Metalltüren befanden sich auf beiden Seiten des Korridors, und als sie vor einer davon stehen blieben, ertönte ein lauter Summer, und hinter der Tür brüllte jemand.
»Nur damit Sie es wissen: Die hier wird wahrscheinlich nie vor Gericht erscheinen«, sagte der Beamte.
»Warum?«, wollte Steve wissen.
»Sie ist psychotisch.«
»Drogeneinfluss?«
»Ich weiß nicht, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Sie deliriert, halluziniert und quasselt viel unverständliches Zeug, aber in ihrem Blutbild deutet nichts auf Drogen hin. Und sie ist sehr gewalttätig, also seien Sie vorsichtig. Wir haben ihr 100 Milligramm Loxapin verpasst – genug, um aus Attila dem Hunnen ein frommes Lämmchen zu machen, aber sie versucht trotzdem noch, ihre Zwangsjacke durchzunagen.«
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach Jane.
»Ich gehe mit hinein«, sagte Steve.
»Nein. Wenn sie in einer Zwangsjacke steckt, kann sie mir nichts tun. Sie kennt mich und wird mit mir reden. Lass es mich allein erledigen. Wenn es ein Problem gibt ...«
»Dann drücken Sie den Summer an der Wand«, fiel ihr der Vollzugsbeamte ins Wort. »Bleiben Sie immer in der Nähe des Summers!«
Jane trat in die Zelle. Es war wie im Film: leuchtend weiße Polster an Wänden und Boden. Tageslicht fiel durch ein einzelnes hohes Fenster herein.
Die Tür klickte leise hinter ihr ins Schloss.
Auch Sarah als psychiatrische Patientin sah wie im Film aus. Sie kauerte in einer weißen Baumwollhose in einer Ecke des Raums, barfuß. Ihr einst so gepflegtes blondes Haar war völlig ruiniert und sie umarmte sich selbst in ihrer leinenen Zwangsjacke, an deren Schultern sie herumkaute. Als Jane eintrat, riss Sarah den Kopf hoch und grinste. Sie schielte.
»Sarah, um Gottes willen, was ist passiert?«, rief Jane.
»Nicht um Gottes willen.«
»Wessen dann?«
»Um des Boten willen.«
Des Boten, dachte Jane. »Sie meinen Aldezhor?«
Sarahs Augen tobten. »Sag niemals seinen Namen! Niemals! Sein Name ist heilig! Wir sind nicht würdig, ihn auszusprechen! Er ist ein Geheimnis, das niemals über unsere Lippen dringen darf!«
»Tut mir leid, Sarah. Das wusste ich nicht.«
»Wenn du seinen Namen noch einmal aussprichst, werd ich dieses Teil hier zerreißen und dir dein Gehirn aus den Ohren saugen!«
»Ich werde ihn nicht mehr erwähnen, das
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