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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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erstarrte. Die Taschenlampe war ohne Vorwarnung ausgegangen. In einer filmreifen Geste der Verzweiflung schlug er sie gegen die Wand, in der Hoffnung, dass sie wieder anging, aber es blieb dunkel.
    Blind, wie er jetzt war, überlegte er, rückwärts aus der kleinen Kammer herauszukriechen. Eine Kleinigkeit. Nur ein paar Sekunden, und schon hätte er wieder Licht. Aber er tat es nicht.
    Er bewegte sich nicht.
    »Ist da jemand?«, flüsterte er in die Dunkelheit.
    Aber er kannte die Antwort bereits, bevor die leise, aber vertraute Stimme antwortete:
    »Hi, Daddy. Ich bin’s. Belinda.«
    Carltons Herz schien weniger zu schlagen, als sich vielmehr in seiner Brust zu winden. Immer noch wehte ihm die faulige Luft ins Gesicht, ein übler Gestank nach verwestem Fleisch und wochenlang nicht gewaschenen Körpern. Wieder wollte ein Teil von ihm zurückkriechen, wollte den Raum verlassen und vor dieser Halluzination, diesem Albtraum – was auch immer es war – fliehen, aber seine Muskeln gehorchten nicht den Befehlen seines Gehirns. Er blieb auf Händen und Knien hocken und starrte in die stinkende Finsternis.
    »Du solltest sehen, wo ich gewesen bin, Daddy«, schwebte ihm die Stimme seiner Tochter entgegen. »Es ist nicht wie in der Bibel.«
    »Was?«
    »Aber ich kann nur ein paar Minuten hierbleiben. Er lässt mich raufkommen, damit ich mit dir reden kann.«
    Er?
    »Er ist der Bote. Er will, dass ich dir ein paar Sachen sage.« Die bezaubernde Stimme schien sich auf und ab zu bewegen. Carlton war sich nicht sicher, aber als seine Augen sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnten, glaubte er, direkt hinter der Öffnung eine kaum zu erahnende Gestalt auszumachen, eine verschwommene Silhouette.
    »Wer ist ... er? «, krächzte Carlton.
    »Das kann ich nicht sagen. Sein Name ist ein Geheimnis, und jemandem wie mir ist es nicht erlaubt, ihn auszusprechen.«
    »Jemandem wie dir? Aber du bist nur ein junges Mädchen. Was meinst du mit ›jemand wie du‹?«
    »Ich bin nur eine niederstufige Myrmidone, Daddy.«
    Myrmidone? Das Wort hatte Carlton noch nie gehört.
    »Ich bin so eine Art sexueller Akolyth. Hier unten gibt es unglaublich viel Sex, Daddy.«
    »Aber du bist noch nicht einmal 20! Du bist noch ein Teenager!«, brüllte Carlton in den Wahnsinn hinein.
    »Nicht mehr. Ich könnte genauso gut 10.000 Jahre alt sein, Daddy. Hier unten werde ich ewig leben. Du weißt, wo hier ist, oder?«
    »Du bist meine Tochter! Du bist ein unschuldiges kleines Mädchen! Das ist ein Trick! Eine Stressreaktion! Ich höre und sehe das als Reaktion auf den Schock, dass deine Mutter tot ist und du entführt wurdest! Ich weiß, dass du irgendwo am Leben bist, dass sich gute Menschen um dich kümmern, Menschen, die kein eigenes Kind bekommen konnten, sich aber so sehr eins gewünscht haben, dass sie dich mitgenommen haben!«
    »Oh, ich bin mitgenommen worden, das stimmt, Daddy. Aber nicht von Leuten, die sich ein kleines Mädchen gewünscht haben, um es aufzuziehen. Als Mommy sich das Genick brach, haben mich ein paar Männer aus dem Wagen gezogen und in ihr Auto gesetzt. Sie fuhren mit mir nach Baltimore. Sie gaben mir sofort Crack, damit ich alles tat, was sie verlangten. Meistens gaben sie mich Freiern oder ließen mich in Filmen mitmachen. Die Fäkalienfilme waren am schlimmsten, aber nach einer Weile machte es mir nicht mehr so viel aus. Ich gewöhnte mich daran, Hauptsache, ich bekam meinen Stoff. Und sie gaben mich oft den abgedrehten Freiern, die spezielle Sachen und so wollten.«
    Carlton hörte mit offenem Mund zu.
    Die zarte Stimme aus dem Dunkeln fuhr fort. »Und dann laugten mich die ganzen Drogen immer mehr aus, ich sah irgendwann völlig fertig aus. Scheiße, wenn ein Mädchen in dem Business über 16 ist, taugt sie nicht mehr für Kinderpornos und Pädophile. Tja, und als die Jungs vor ungefähr einem Monat wieder einen Film drehten, einen Vierfachfick, hat es eins von den Schwanzdoubles ein bisschen übertrieben. Das dämliche Arschloch hatte ein Teil so groß wie ein Nudelholz und stand voll unter Meth. Na ja, jedenfalls hatte ich schwere Blutungen und bin gestorben.«
    Carltons Augen fühlten sich an, als hätten sie keine Lider.
    »Und dann kam ich nach hier unten.«
    Kicherte sie?
    »Jetzt bin ich eine Odaliske, Daddy. So nennen sie hier unten die Prostituierten. Die Wächter des Großherzogs Belarius von der Präfektur Drakonia beaufsichtigen mich. Er befiehlt über vier Legionen – das sind etwa 12.000 Rekruten. Im Tiefland

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