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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Computerspiels. Carlton kam manchmal zu Besuch und glänzte vor den Kindern mit seinen Künsten am Joystick.
    »Hi, Carlton!«, rief Kevin und winkte.
    Aber Carlton schien ihr Näherkommen gar nicht wahrzunehmen. Er starrte weiter in die Ferne.
    »He, Mom, ist alles okay mit Carlton?«, fragte ihr Sohn.
    »Er sieht ein bisschen weggetreten aus«, meinte Jennifer altklug. »Bestimmt ist er auch deprimiert wegen Marlene.«
    Jane sah genauer hin, als sie näher kamen. Ja, er sieht tatsächlich ein bisschen weggetreten aus. Ziemlich weggetreten. War er betrunken? Carlton stand unbeholfen da, etwas schief, die Hände hingen schlaff an den Seiten seines Körpers herab. Er schien in den Himmel zu blinzeln. Einmal grinste er, murmelte etwas Unverständliches, dann starrte er wieder mit leerer Miene vor sich hin. Auch den Kindern fiel es auf.
    »Hi, Carlton!«, rief Kevin noch einmal.
    Und wieder hörte Carlton ihn nicht.
    Jane trat zu ihm. »Carlton? Ist alles okay?«
    Er blinzelte, schüttelte den Kopf und dann registrierte er sie endlich. »Oh, hi, Jane. He, Kinder.«
    »Du hast in den Weltraum gestarrt. Bist du okay?«
    »Ja, sicher. Ich bin nur ein bisschen ...«
    »Weggetreten?«, fragte Jennifer.
    Carlton lächelte, dann tätschelte er Kevins Kopf. »Ja, wahrscheinlich hast du recht. Die Hitze macht mir zu schaffen, und dann das alles hier ...«
    »Ich weiß, Carlton. Wir sind alle ein bisschen neben der Spur. Wer hätte denn auch mit so was gerechnet?«
    »Ja. Ich kann es immer noch nicht fassen.«
    Jane betrachtete ihn genauer. Er sieht wirklich nicht gut aus. Carltons Gesicht wirkte abgespannt und blass, seine Augen müde. »Du siehst angeschlagen aus, Carlton«, sagte sie. »Wenn du dir ein paar Tage freinehmen willst, ist das kein Problem. Nimm’s mir nicht übel, aber du machst den Eindruck, als könntest du’s gebrauchen.«
    »Nein, nein, es geht mir gut. Wir haben da ein brandneues Postamt zu leiten, und solange die Polizei das Hauptpostamt nicht freigibt, haben wir doppelte Arbeit. Außerdem will ich arbeiten. Es hält mich vom Nachdenken ab.«
    Jane wusste, was er meinte. »Ich denke, das ist das Beste, was wir tun können: Normalität einkehren lassen und mit unserem Leben weitermachen.«
    Kevin zog an Carltons Jackenärmel. »Carlton, kannst du nicht mit uns nach Hause kommen und mit mir ein Tech-Warrior- Deathmatch spielen?«
    Jane runzelte die Stirn. »Schatz, ich glaube nicht, dass Carlton heute nach Computerspielen zumute ist!«
    »Unsinn«, meinte Carlton. »Komm, Kevin. Für ein Deathmatch bin ich immer zu haben.«
    »Und du kannst zuschauen, wie ich Mel füttere«, steuerte Jennifer bei. Mel war die Hauskröte der Familie.
    Jane schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, wie ihr so einen Spaß daran haben könnt, dieses Biest mit Heimchen zu füttern.«
    Die vier gingen den Weg entlang, noch immer mit einem unbehaglichen Gefühl, aber ganz allmählich sackte die Erkenntnis, dass sie Marlene oder ihre Familie nie wiedersehen würden. Ja, mein Gott, dachte Jane, was soll man sonst machen?
    »Mom.« Kevin zerrte an ihrem Gürtel. »Wer ist dieser komische Mann da?«
    »Wo?«, wollten Jane und Carlton gleichzeitig wissen.
    Kevin zeigte auf eine Gruppe Bäume, dann ließ er verwirrt den Finger sinken. »Gerade stand er noch da.«
    »Ich habe ihn auch gesehen«, meldete sich Jennifer. »Er hatte lange Haare und einen Bart.«
    »Der sah echt unheimlich aus«, fügte Kevin hinzu.
    Carlton ging zu den Bäumen, lugte demonstrativ hinter die Stämme. »Da ist niemand, Kinder. Kein unheimlicher Mann mit langen Haaren und Bart.«
    Stirnrunzelnd trieb Jane die Kinder zum Wagen. »Wahrscheinlich nur jemand, der beim Gottesdienst gewesen ist. Denkt nicht mehr drüber nach, Kinder.«
    Carlton holte sie ein. »Bestimmt ist er in sein Auto gestiegen und weggefahren.«
    Kevin blickte immer wieder über seine Schulter, als sie weitergingen. Er schien nicht überzeugt zu sein. »Aber es war wirklich komisch, Mom.«
    »Was denn, Schatz?«
    »Der Mann ... er hat dich direkt angesehen.«
    (II)
    Er sah sie direkt an. Genau genommen sah er sie nicht an, sondern durch sie hindurch, mit diesem seltsamen knarrenden Geräusch in seinem Kopf. Alles fühlte sich so falsch an – er wusste nicht, welchen Vorzeichen er trauen und welche er ignorieren sollte. Der Ton tauchte ständig in seinen Gedanken und Träumen auf.
    Er wusste, dass der Bote ganz in der Nähe war.
    Gott im Himmel! Beinahe hätte er laut aufgelacht.
    Sein Name

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