Der Höllenbote (German Edition)
ungeduldig. »Ihrem Mann?«
Sie starrte abwesend ins Leere, hörte nur halb zu. »Oh. Nein. Der gehört dem Möbelmann. Er muss ihn hier ... vergessen haben, als er vorhin gegangen ist.«
Der Möbelmann? Also war sie mit dem vorher auch schon hier hinten gewesen. Und wahrscheinlich auch mit dem Fernsehmonteur. Erik dachte eine Sekunde darüber nach, dann zuckte er die Schultern. Damit hatte er kein Problem. Was soll’s? Ich habe einen Gummi in der Tasche. Aber ...
Er legte den Hut auf den Campingtisch. Der Lieferwagen des Möbelmannes stand noch in der Einfahrt, genau wie der des TV-Mannes. »Die Jungs waren also vorhin hier hinten und jetzt sind sie wieder im Haus und arbeiten?«
Eine Pause. »M-hm. Sie waren ... fast fertig, als du gekommen bist. Wahrscheinlich sind sie mittlerweile längst weg. Also ... brauchst du dir keine Sorge zu machen, dass uns jemand ... unterbricht.«
Erik beschloss, es dabei zu belassen. Die Situation war offensichtlich. Der Mann ist auf Geschäftsreise und Mutti sieht zu, dass sie so viel Zerstreuung bekommt, wie sie kriegen kann. Nichts dagegen einzuwenden.
»Aber ...« Erik betrachtete noch einmal den Cowboyhut. »Das sieht mir nach einem ziemlich teuren Hut aus. Und da hat der Kerl ihn einfach hier liegen lassen?«
»Vergiss den Hut«, sagte sie und drehte sich zu ihm um. Ihre Nacktheit schimmerte in der Dunkelheit. Fast schien sie zu glühen. »Er holt ihn sich morgen ab.«
Erik nickte, doch dann fiel ihm in der körnigen Finsternis noch etwas ins Auge. Etwas, das neben dem Hut auf dem Campingtisch lag. Eine Bügelsäge.
»Was ist das für eine Säge?«
»Äh ...« Sie lächelte. »Die Gärtner, Dummerchen. Ich hab dir doch erzählt, dass ich die Gärtner hier hatte.«
»Ja, ich weiß. Um Ihren Garten zu beackern.«
Sie kicherte. »Sie haben einige tote Äste von den Bäumen abgesägt.«
Erik dachte darüber nach. Es klang vernünftig, aber trotzdem ... ein Cowboyhut, eine Säge, eine Rinderbrust auf dem Grill und eine nackte übergeschnappte Hausfrau. Der Abend wurde zunehmend verrückter.
Ihre Stimmung veränderte sich. Plötzlich wirkte sie wieder unruhig. »Jetzt hör auf mit dem Quatsch und nimm deine Taschenlampe. Wir müssen nach der Rinderbrust sehen! Sonst muss ich die Fackeln anzünden, und wenn ich die Fackeln anzünde, muss ich mein Nachthemd wieder anziehen.«
Erik fand die Taschenlampe.
Der grelle Strahl traf auf den Grill. Ein Rauchfaden wand sich unter dem geschlossenen Deckel. Es roch großartig, wie Schweinebraten oder Rippchen. Erik sah auf den Grill hinunter, aber ...
... wenn er aufgeschaut und mit der Taschenlampe hinter den Pavillon geleuchtet hätte, hätte er dort zwei Leichen entdeckt.
Er öffnete den Deckel ...
Er hatte keine Zeit, sich umzudrehen, zu rennen, zu schreien. Er hatte keine Zeit, um zu reagieren. Er hatte nicht einmal Zeit, den Schlag zu spüren.
ZACK!
Das krumme Ende des Brecheisens traf ihn direkt am oberen Ende der Wirbelsäule. Die Wirbel wurden sofort zerschmettert. Als Erik auf dem Boden des Pavillons zusammenbrach, war er bereits querschnittsgelähmt.
Doch er lebte noch. Seine Synapsen feuerten, seine Augen sahen, seine Gedanken flossen. Er konnte sich nur nicht bewegen. Gelähmt lag er da und starrte nach oben.
»Hast du es gesehen?«
Ihre Stimme rieselte auf ihn herab. Sie stand rittlings über ihm, die Hände in die Hüften gestemmt, und grinste ihn an. »Hast du gesehen, was auf dem Grill liegt?«
Erik konnte – verständlicherweise – nur noch in unzusammenhängenden Bruchstücken denken. Verzweifelt hämmerte sein Herz nach allem, was in den letzten Sekunden geschehen war, Angst, Entsetzen und Terror kollidierten miteinander. Aber ja, ja.
Er hatte es gesehen.
Als er den Deckel hochgeklappt hatte, hatten ihn zwei menschliche Köpfe angestarrt. Ein intensives Schweinefleischaroma war mit einem Dampfschwall aufgestiegen. Der Blick hatte nur einen Sekundenbruchteil gedauert, aber das hatte gereicht. Die Köpfe wurden gebraten, sie knisterten leise. Das eine Opfer hatte eine Glatze und einen Ziegenbart, der andere Kopf war breiter und glatt rasiert, das Haar angesengt.
Annabelle kniete sich neben Erik. Ihre Brüste schaukelten, ihr Lächeln war voller Entzücken, als sie eifrig begann, Eriks Kopf mit der Bügelsäge abzutrennen. Erik verstarb kurz darauf.
Es dauerte mehrere Minuten. Das grausige Kratzen des Sägeblattes hallte durch den Pavillon, während das Blut aus Eriks Körper pumpte. Als der Kopf
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