Der Höllenbote (German Edition)
Nicht die richtigen Worte zu finden, so wusste sie, gehörte zum Muttersein dazu. »Schalt schon mal den Backofen an«, versuchte sie, das Thema zu wechseln. »Er muss vorgeheizt werden. Und hol den Oregano.« Für einige Minuten waren sie beschäftigt. Jane schnitt gerade die Zwiebeln und Paprikas, als es an der Tür klingelte.
»Das ist er!«, rief Jennifer.
»Vielleicht auch nicht, Liebes. Ich weiß nicht mal sicher, ob er kommt. Möglicherweise hat er zu viel zu tun – schließlich ist er Polizist.« Jane hoffte, dass er es war, aber ... Bei meinem Glück sind es die Zeugen Jehovas. Sie legte das Messer zur Seite und wollte zur Tür gehen, doch ihre Tochter war bereits losgestürmt.
»Ich mach auf!«, rief sie.
Jane verdrehte die Augen. Hier wurde es nie langweilig. Und dann kam Steve herein, mit einem breiten Lächeln und einer weißen Pappschachtel.
»Hi, Leute. Mann, hier riecht’s aber gut!«
Was ist in der Schachtel?, rätselte Jane. Sieht aus wie etwas vom Chinesen. Ich hab ihm doch gesagt, dass wir Pizza machen!
Alle sagten Hallo, bis auf Kevin, der weiter finster vor sich hin brütete. Steve stellte die Schachtel vor dem Jungen auf den Tisch.
»Wie geht’s dir heute, Kevin?«
Kevin zuckte die Schultern und schwieg.
»Kevin!«, rief Jane. »Wo sind deine Manieren? Sag Hallo zu Chief Higgins.«
»Hi, Chief Higgins«, brummte er. Doch langsam wanderte sein Blick auf die Pappschachtel. »Was ist da drin?«
»Na ja, bin mir nicht sicher«, antwortete Steve, »aber ich glaube, es ist für dich.«
»Für mich?«
»Ja. Warum siehst du nicht mal nach, was es ist?«
Die Neugier riss Kevin aus seiner Trübsal. Er nahm die Schachtel und öffnete vorsichtig den Deckel.
Plötzlich erhellte sich sein Gesicht. »Wow! Sieh mal, Mom!«
Eine kleine Krötenechse kroch auf dem Boden der Schachtel herum.
»Die sieht aus wie Mel, nur kleiner!«
»Er ist erst ein paar Wochen alt«, verriet Steve.
»Steve«, sagte Jane, »das hätten Sie nicht tun sollen. Das ist furchtbar nett von Ihnen.«
Kevin sprudelte über vor Aufregung. »Wow, danke, Chief Higgins! Mom, ich esse später, okay? Ich hab jetzt keinen Hunger. Ich spiele ein bisschen mit ihm.«
»Tu das, Schatz.«
»Ich werde ihn Mel Junior nennen.«
Kevin nahm die Schachtel mit beiden Händen und verschwand im Nebenzimmer.
»Das war genau das Richtige«, sagte Jennifer.
Definitiv, dachte Jane. Was für ein netter Mann. Nach allem, was er heute zu tun hatte, hat er sich auch dafür noch die Zeit genommen. »Das war sehr nett, Steve. Kevin ist wirklich sehr traurig gewesen.«
»Nicht der Rede wert«, erwiderte Steve. »Die Zoohandlung lag sowieso auf dem Weg.«
»Ich gebe Ihnen das Geld für die Kröte.«
»Vergessen Sie’s. Lassen Sie uns Pizza essen; ich verhungere.«
Das Essen war ein voller Erfolg. Sie unterhielten sich lebhaft, während sie aßen. Steve verbrachte viel Zeit damit, Jennifer nach der Schule zu fragen, nach ihren Interessen und Zukunftsplänen. Jane konnte sehen, dass ihre Tochter ihn sehr mochte. Der Polizist in Steve kam ihr immer sehr sachlich und vorschriftsmäßig vor, aber heute Abend war nichts davon zu spüren. Mach dir keine voreiligen Hoffnungen, warnte Jane sich selbst. Dieser Abend zählte noch nicht als Date. Sie wusste nicht einmal, ob er ein Date überhaupt wollte . Einen Schritt nach dem anderen. Selbst wenn es eine einmalige Sache bleibt, haben wir alle einen sehr schönen Abend.
»Ich werde nie wieder eine Pizza bestellen«, schwor Steve und schob seinen Teller von sich. »Das war die beste Pizza, die ich je gegessen habe.«
»Jennifer hat sie gemacht«, sagte Jane. »Es ist ihr Rezept.«
»Jen, das solltest du beruflich machen. Du wirst ein Vermögen verdienen!«
»Danke, Chief Higgins.«
»Nenn mich doch Steve.«
»Danke, Chief Steve.«
Alle lachten, dann sprang Jennifer auf. »Ich räume den Tisch ab und mache den Abwasch, Mom. Willst du nicht zusammen mit Chief Steve ein bisschen fernsehen? Es laufen Wiederholungen von den Simpsons. Ihr könnt ja ins Fernsehzimmer gehen und sie euch da ansehen.«
Jane wurde knallrot. Jennifer, du bist unmöglich.
Steve schmunzelte, spielte es aber als unschuldig gemeinten Vorschlag herunter, um Jane nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. »Eine großartige Idee! Das ist meine Lieblingsserie.«
Er folgte ihr aus der Küche. »Tut mir leid«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Schon gut«, meint er lachend. »Kinder sind eben
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