Der Höllenbote (German Edition)
sollte. Ich kann doch nicht mit diesem Mann ins Bett gehen. Oder ... ich kann es, aber ich weiß, dass ich es nicht sollte. Das ist nicht mein Stil. Und was wird er hinterher von mir denken? Diese Überlegungen klangen absolut vernünftig, aber sie standen im Widerspruch zum akuten Aufwallen ihres Verlangens ...
Sie war unsicher.
Eine Hand lag jetzt auf ihrer Seite und kroch zentimeterweise höher. Das war jetzt der richtige Moment, um Nein zu sagen ...
Es klopfte an der Tür. Jane und Steve zuckten zusammen und brachten eilig ihre Kleidung in Ordnung. »Ja?«, sagte Jane schnell.
Jennifer steckte den Kopf zur Tür herein und lächelte. »Ich wollte nur sagen, dass wir jetzt ins Bett gehen. Gute Nacht, Mom. Gute Nacht, Chief Steve.«
Jane hoffte, dass ihr Gesicht nicht allzu rot war. »Gute Nacht, Liebes.«
»Gute Nacht, Jen«, wünschte Steve.
Jennifers Lächeln zog sich zurück und die Tür schloss sich mit einem Klicken.
»So viel zu schlechtem Timing«, sagte Jane.
Steve lachte. »Wenigstens ist nicht mein Pieper oder mein Handy losgegangen.«
Er nahm wieder ihre Hand und beugte sich zu ihr. »Hör mal, es tut mir leid. Ich weiß, dass dir das Ganze zu schnell geht. Das wollte ich nicht.«
Und da fiel jegliche Unsicherheit von ihr ab.
»Es geht mir nicht zu schnell. Komm mit ins Schlafzimmer.«
(II)
Yeah, geht runter wie Scheißhonig, stellte Martin säuerlich fest. Er nahm auf der Toilette zwei ordentliche Schlucke aus seinem Flachmann, steckte sich einen Kaugummi in den Mund und nickte. Er belog sich selbst, machte sich vor, dass er sich heute besser fühlte als gestern. Aber in Wirklichkeit machte es der Alkohol nie besser. Manchmal half er ihm beim Vergessen, doch später kamen die Erinnerungen immer zurück, noch schlimmer als vorher.
Seine Wut tobte.
Martin war von sich selbst enttäuscht und er wusste, dass noch jemand enttäuscht war. Er wusste nicht genau, wer dieser Jemand war, aber er würde es bald wissen.
Gott, ich bin doch bereit gewesen. Ich war bereit, es zu tun, und ich weiß, dass es das ist, was ich tun soll . Aber ...
Letzte Nacht hatte Martin den Schwanz eingekniffen.
Dieses andere Wesen, diese andere Person, die sich gestern ständig in seinem Kopf eingenistet hatte, tobte zusammen mit Martins eigener Wut.
Was ist nur mit meinem Kopf los?
Ja. Letzte Nacht. Er hatte so kurz davorgestanden. Nach der Arbeit hatte er ein paar Drinks im Jill’s Thrills, seinem bevorzugten Striplokal, genommen. Je billiger, desto besser, fand Martin, denn darum drehte sich ja letztlich alles. Viele der Mädchen in dem Laden schafften an. Für 50 Mäuse kamen sie auf einen Quickie mit ins Auto, für 100 bekam man eine Stunde in einem Motelzimmer. Martin hatte es schon getan – schon oft –, aber er wusste, dass sich jetzt etwas in ihm veränderte.
Ein anderes Wesen oder eine andere Person führte ihn, zeigte ihm seinen wahren Lebenszweck. Immer mehr hatte er das Gefühl, dass er durch diese andere Stimme, die sich einen Weg in seine Seele gebahnt hatte, stärker wurde. Er fühlte sich getröstet. Er fühlte sich, als hätte sein Leben zum ersten Mal einen echten Sinn.
Er verstand jetzt, dass es Botschaften gab, die überbracht werden mussten, und dass er dabei helfen musste.
Das Mädchen aus der Bar war eine seiner Favoritinnen: ein schmuddeliger kleiner Hungerhaken namens Cinny. Sie war blass und mager und hatte auffallende rosafarbene Nippel. Tattoos überzogen ihre weiße Haut wie Brandnarben, in ihren großen Augen lag immer eine gewisse Leere. Martin gefiel ihr Blick – er machte ihn an –, dieser hohle, seelenleere Ausdruck resignierter Verzweiflung. Crack oder Crystal, Martin wusste nicht, was ihre Droge war, aber sie kam immer gerne nach ihrem Auftritt für ein paar Minuten mit in seinen Wagen.
Sie tat es schnell und effektiv, ein Talent, das sicherlich auf ausgiebiger Erfahrung beruhte. Als sie fertig waren, fühlte sich Martin bereit, die Botschaft zu überbringen. Unter dem Sitz hatte er sein altes Kampfmesser vom Marine Corps versteckt, und als sie ihr Top wieder anzog und es ihr Gesicht für einen Moment verhüllte, wusste er, dass dies der perfekte Zeitpunkt war. Bei den Marines hatte man ihm beigebracht, wie man es richtig machte: Man musste die Messerspitze schnell in die kleine Vertiefung unter dem Adamsapfel rammen. Das durchtrennte den Kehlkopf und das Opfer konnte nicht schreien.
Jetzt. Jetzt!, rief ihm die andere Stimme zu.
Aber Martin verlor den Mut. Cinny zog
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