Der Höllenbote (German Edition)
ihr Top wieder an, lächelte matt und sagte: »Danke. Bis zum nächsten Mal.« Dann stieg sie aus dem Wagen und schlurfte zur Bar zurück.
Er hatte zu lange überlegt. Die kennen mich hier, sie haben mich zusammen mit ihr rausgehen sehen, sie haben schon oft gesehen, wie ich mit den Tänzerinnen rausgehe. Wenn sie nicht zurückkommt, wissen sie, dass ich es gewesen bin ...
Verstehst du denn nicht?, fragte die andere Stimme ihn.
»Nein!«, schluchzte Martin.
Es ist nicht wichtig. Die Botschaft ist das einzig Wichtige.
Martin fuhr los, begierig auf eine Gelegenheit, sich doch noch vor seinem neuen Meister zu bewähren. Aber er versagte ein weiteres Mal. Erst das Mädchen im Massagesalon, eine hübsche Koreanerin. Er kam so weit, dass er sogar tatsächlich nach dem Messer griff, das er in dem mitgebrachten Beutel versteckt hatte, aber dann fiel ihm ein, dass noch einige andere Männer im Wartezimmer neben der Tür mit der Glocke gesessen hatten. Sie könnten der Polizei eine Beschreibung von mir geben ...
Das ist nicht wichtig, hatte ihn die innere Stimme zurechtgewiesen.
Noch ein Versuch, diesmal mit einer Nutte, die er an der Hauptstraße aufgabelte. Niemand hatte ihn gesehen und niemand konnte mitbekommen haben, wie sie in seinen Wagen einstieg. Inzwischen war Martin wirklich heiß darauf, es zu tun. Er wusste, dass er es konnte. Er wollte ihre Stimmbänder durchschneiden und sie dann abschälen wie eine Banane. Sie saß ganz wackelig auf dem Beifahrersitz, mit hängenden Augenlidern, halb betäubt von irgendwelchem Dope. Ein Kinderspiel.
Aber erneut hatte Martin die Nerven verloren.
Er konnte die Enttäuschung seines Meisters spüren. Eine Chance, nur noch eine Chance, bettelte er und nahm immer wieder große Schlucke aus seinem Flachmann, während er fuhr. Bitte, gib mir nur noch eine Chance, und ich werde dir beweisen, dass ich würdig bin. Sag mir, wo ich hingehen soll, und ich werde es tun. Führe mich ...
Martin fand sich an einer Straßenecke wieder, wo er hinter einigen Hecken parkte. Nette Vorstadtgegend. Ruhig. Still. Kurz nach Mitternacht, kein Geräusch zu hören. Er stieg aus und spazierte durch Hinterhöfe, bevor ihm klar wurde, wohin der Bote ihn geführt hatte.
Ein Schlafzimmer. Ein Fenster.
Drinnen war es dunkel, aber er konnte genug erkennen.
Ein Mann und eine Frau lagen nackt aneinandergekuschelt auf dem Bett. Der Mondschein zeichnete die Ränder ihrer Körper wie ein surrealistisches erotisches Gemälde. Eine kleine Ruhepause zwischen zwei Durchgängen, vermutete Martin. Das Fenster stand offen; er konnte nicht genau verstehen, was sie sagten, aber sie unterhielten sich, flüsterten miteinander, zärtliche Worte im Abklingen der Leidenschaft. Martins Augen wurden vom Körper der Frau angezogen wie von einem billigen Centerfold. Ihre Haut und ihre Silhouette sahen in der flitternden Dunkelheit grobkörnig aus. Er konnte genau ihre Nippel erkennen, ihren Nabel, sogar den Schamhügel, als das Bettgeflüster abebbte und sie die dünne Decke von ihrem Unterleib zog. Keinen Herzschlag später war der Typ wieder über ihr, leckte mit seiner Zunge in langen Linien von ihren Nippeln über ihren flachen Bauch, bis zu ihrer ...
Die nächste halbe Stunde verbrachte Martin damit, in absoluter Stille zuzuschauen, fasziniert und erregt. Er wichste so viel wie möglich von seiner eigenen sexuellen Anspannung aus sich heraus, dort neben dem Haus; fast hätte er es vermasselt, fast hätte er laut gekeucht, und dann hätten sie ihn bestimmt gehört, womit alles wieder versaut gewesen wäre, nicht wahr? Er hätte den Boten schon wieder enttäuscht. Aber wenn er jetzt sofort dort hineinstürmte – kein Problem, das Fenster stand ja offen –, konnte er sie sogar beide erledigen. Der Typ sah ziemlich kräftig aus, während Martin selbst alles andere als fit war, aber er hätte doch die Dunkelheit und das Überraschungsmoment auf seiner Seite, oder? Einfach reinstürmen und die beiden massakrieren. Erst den Typen, ihm ein paar Stiche in den Unterleib verpassen, bevor er weiß, wie ihm geschieht, und dann die Frau bearbeiten. Aber ...
Nein. Auf die andere Weise ist es besser, mein Sohn, hielt ihn die Stimme zurück. Warte ...
Martin wartete wie befohlen. Es war, als wisse sein Meister, was als Nächstes geschah. Die beiden im Schlafzimmer hatten es wie die Irren miteinander getrieben, ein wildes Gerammel. Danach lagen sie auf dem Bett und unterhielten sich. Sie unterhielten sich sehr lange. Und dann
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