Der Höllenbote
bewaffnet. Wußte der Teufel, woher es die verdammte Säge bekommen hatte, auf jeden Fall hielt es die Waffe mit beiden Händen fest, und ich konnte aus meiner Lage die verrosteten Zinken sehen, deren Anblick meinen Magen zusammenklumpen ließen. Der Skelettkopf-Mensch ging noch zwei Schritte, hatte die nötige Entfernung erreicht und ließ sich fallen.
Er kam wie ein Stein. Die Arme halb vorgestreckt, die Säge mit seinen gelb schimmernden Händen umklammernd, wollte er mir die rostigen Zinken über die Kehle ziehen.
Für Abwehrmaßnahmen wie das Hochreißen und schnelle Abstoßen der Beine war es zu spät. Die Gefahr, daß mich der Gegner verletzte, bestand noch immer. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich zur Seite zu rollen. Ich wuchtete meinen Körper herum, überrollte mich ein paarmal, wurde von der Staub-und Sandwolke eingehüllt und vernahm den Aufprall, als der Diener des Höllenboten dicht neben mir zu Boden fiel. Die Arme behielt er weiterhin ausgestreckt, und ich erkannte meine Chance im Bruchteil einer Sekunde.
Ich kam auf die Knie, streckte ebenfalls meine Arme aus und riß ihm die Säge aus den klammen Fingern. Dann warf ich mich auf ihn. Was der Dolch und die geweihte Kugel nicht geschafft hatten, konnte vielleicht die Säge erreichen.
Aus meinem Mund drang ein verbissenes Keuchen, als ich die Säge an seiner Schulter ansetzte und sie ein paarmal hin-und herzog. Die Kleidung wurde aufgefetzt, ich spürte den zähen Widerstand darunter und machte weiter.
Ein Schrei.
Gleichzeitig bäumte sich der andere auf, er kam mit dem Kopf und der Schulter hoch, und ich sah, wie das Blut aus der Wunde das Sägeblatt näßte.
Der Schreck fuhr mit durch alle Glieder. Dieses völlig normale Instrument hatte es tatsächlich geschafft, die widerstandsfähige Haut zu zerstören. Sofort zog ich die Säge zurück, während sich mein Gegner auf dem Boden wälzte und wimmerte.
Ein Mensch lag jetzt vor mir - kein Monstrum.
Ich sprang auf die Füße. Die Säge hielt ich fest. Sie war meine einzige wirksame Waffe gegen die grauenhaften Gestalten, die inzwischen näher gekommen waren und sogar einen Kreis um mich bildeten. Jetzt wurde es kritisch.
Der Wind hatte gedreht. Er trieb den Staub nicht mehr auf mich zu, die Sicht wurde besser.
Sieben Skelettschädel zählte ich. Am Boden lag der achte und stöhnte. Zum Glück schaute ich auf ihn nieder, denn er hatte noch nicht aufgegeben und war dabei, auf mich zuzukriechen, und mit der linken Klaue meinen Knöchel zu umklammern.
Ich trat gegen seine Hand und sprang gleichzeitig zurück. Noch war der Kreis nicht so dicht, als daß ich ihn nicht hätte durchbrechen können. Ich wartete nicht mehr länger, sondern nahm eine Lücke zwischen zwei Monstern genau gegenüber von mir aufs Korn. Mit gewaltigen Sätzen rannte ich los.
Nach zwei Schritten merkten die Wesen, was ich vorhatte. Sie wollten den Kreis an der Stelle schließen und schafften es auch, bevor ich hindurch war.
Ich schlug einen Haken nach links und visierte eine andere Stelle an. Dort schaffte ich es.
Oder fast. Denn jemand warf mir im wahrsten Sinne des Wortes einen Knüppel zwischen die Beine. In Höhe der Waden spürte ich den harten Widerstand, trampelte, wollte den Knüppel wegtreten, doch der Wunsch blieb Vater des Gedankens. Ich geriet ins Straucheln. Nicht nur das. Durch das plötzliche Hindernis verlor ich das Gleichgewicht und stürzte abermals zu Boden. Noch in der Luft drehte ich mich, so daß ich mit der Schulter aufprallte und durch die anschließende Judorolle sofort wieder mit Schwung auf die Beine kommen konnte.
Das war auch nötig, denn die Skelettköpfe hatten sich gedreht, und einer schleuderte eine Eisenstange.
Ein gefährliches Ding, das sich in der Luft hochkant überschlug und auf meinen Kopf gezielt war. Ich sprang zur Seite und duckte mich gleichzeitig sehr tief, daß man schon von einem Bücken sprechen konnte. Die Eisenstange wischte über meinen Kopf hinweg. Ich spürte nur noch den Luftzug, dann fiel sie vor mir in den Staub der Straße und blieb liegen.
Das war geschafft.
Dann rannte ich. Nicht sehr schnell, sondern mehr im Dauerlauf, wobei ich immer einen Blick über die Schulter zu meinen Verfolgern werfen konnte, die ihr Opfer nicht aufgegeben hatten und mir dicht auf den Fersen blieben.
Ich stand allein gegen mehrere Monster. Bis auf die Säge hatte ich keinerlei Waffen, und ich stellte mir die bange Frage, wie ich mich gegen die Übermacht verteidigen
Weitere Kostenlose Bücher