Der Höllenbote
Wurfstern festhakte, da zuckte das Wesen hoch, schleuderte auch seine Arme in die Luft, ich vernahm einen leisen Wehlaut, der Skelettkopf-Mensch lief noch einige Schritte und brach zusammen.
Mit dem Gesicht oder der Fratze zuerst fiel er zwischen die Steine, wo sich sein häßlicher Schädel langsam auflöste.
Das war geschafft.
Da ich nur ungern meinen Wurfstern aus der Hand gab, ging ich zu dem sterbenden Wesen, bückte mich und nahm die seltsame und außergewöhnliche Waffe an mich.
Als ich mich wieder aufrichtete, spürte ich plötzlich, daß ich nicht mehr allein war. Da lauerte irgend jemand.
Sehr deutlich merkte ich es, schaute hoch und entdeckte die Gestalt am Geröllhang stehend. Mein Helfer!
Weder er noch ich sprachen etwas, dabei wußte ich auch nicht, ob wir uns verstanden, wir starrten uns nur an, und ich tastete Stück für Stück seinen Körper ab.
Seine Kleidung unterschied sich von der eines Europäers. Er trug einen langen Mantel, der mit Goldfäden durch webt war, sein Haar war schwarz wie Kohle, das Gesicht zeigte keinen gelben Anstrich, obwohl es gelblich schimmerte. In der Rechten hielt der Mann ein Netz. In ihm sah ich weitere Wurfsterne, auf denen sich das Licht der allmählich sinkenden Sonne brach.
Dieser Mann machte einen ruhigen, ausgeglichenen Eindruck. Sofort faßte ich Vertrauen zu ihm, denn mit Yuisan, dem Höllenboten, hatte er sicherlich nichts zu tun.
Meine rechte Hand hob ich zum Gruß, wobei ich die Geste mit Worten untermauerte. »Ich danke dir für diese Rettung«, sagte ich laut, daß er meine Worte verstehen mußte. »Ohne dich wäre ich verloren gewesen, Freund.«
Er gab keine Antwort, nickte nur, und ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Für mich ein Beweis, daß er mir weiterhin wohl gesonnen war. Dann machte er kehrt und ging dorthin, wo die von ihm erledigten Skelettkopf-Menschen lagen. Beim ersten bückte er sich, hob den Wurfstern auf und verstaute ihn in seinem Netz. Der Reihe nach schritt er die Toten ab. Bei jedem nahm er den Wurfstern hoch und legte ihn zu den anderen.
Ich kam mir ziemlich überflüssig vor, blieb jedoch nicht stehen, sondern näherte mich dem seltsamen Mann und wartete darauf, daß er auch seinen letzten Wurfstern an sich nahm.
Den hatte ich.
Vor mir blieb er stehen, lächelte wieder und streckte seine rechte Hand aus.
Ich sah eine faltige Handfläche, bei der die Haut irgendwie zusammengeschrumpft war. Einen Moment zögerte ich, dann legte ich den Wurfstern hinein.
Er bedankte sich nickend.
»Wer bist du?« fragte ich ihn.
Für einen Moment blitzte es in seinen unergründlich scheinenden Augen auf, dann hob er die schmalen Schultern, bevor er mir eine Antwort gab.
»Nenne mich Sua Ku.«
»Ich heiße John Sinclair.«
»Ich weiß.«
Da war ich überrascht. Nicht allein davon, daß Sua Ku meine Sprache beherrschte, sondern daß er meinen Namen wußte. »Woher kennst du mich?« wollte ich wissen.
»Es gibt viele Wege, auf denen die Mächte des Guten gehen können und wo sie geleitet werden. Eines Tages treffen die Wege dann zusammen. Die Kräfte des Lichts finden sich ebenso wie die Mächte des Bösen. Gemeinsam kämpfen sie gegeneinander, wobei einer Sieger bleiben wird.«
»Hoffentlich wir«, sagte ich.
Da hob der andere die Schultern. »Heute habe ich dich retten können, vielleicht wirst du es morgen sein, der mich rettet.«
»Gibt es überhaupt noch ein Morgen?« Mit dieser Frage setzte ich das philosophische Gespräch fort.
»Wer zweifelt, kann nicht Sieger bleiben«, warf er mir vor und schaute mich ernst an. »Wir sollten gehen, denn die Stunde des Yuisan wird bald anbrechen, und wir müssen gerüstet sein.«
»Wo bringst du mich hin?«
»Ich habe sie Höhle der Zeit genannnt, denn in ihr habe ich die langen Jahrhunderte verbracht und auf den Tag meiner Rache gewartet. Ich hatte Yuisan entdeckt. Vor sehr langer Zeit geschah dies, als ich während eines Unwetters Schutz suchte. Ich traf ihn und wußte Bescheid, daß ich den Höllenboten vor mir hatte. Yuisan erkannte in mir sofort den Feind, und er spielte seine Kräfte aus, denen ich nichts entgegenzusetzen hatte. Er raubte und saugte mir meine Seele aus dem Leib. Nur durch sie konnte er weiterleben, während ich in einen Zustand geriet, der dem des Todes sehr ähnlich war. Für mich starben die irdischen Begriffe wie Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Die Zeit existierte nicht mehr, bis zu dem Tag des Erwachens, als Fremde in dieses Land eindrangen und die
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