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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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ein ganz bestimmtes Aroma, wenn man weiß, woher es kommt.» Arnaud füllt sein Glas wieder auf. «Natürlich ist Mathilde nicht meiner Meinung. Sie hält Schwein für
unsauber
. Nicht wahr, Mathilde?»
    Zum ersten Mal bemerke ich, dass auf Mathildes Teller nur Gemüse liegt. Sie hält den Blick gesenkt.
    «Ich mag es einfach nicht», erklärt sie leise.
    «Sie mag es einfach nicht.» Arnaud stürzt das halbe Glas Wein auf einmal herunter. Sein Gesichtsausdruck ist verschlagen. «Hühnchen ist genehm oder Ente, gerne auch Kaninchen. Aber bloß kein Schwein. Wieso ist das so, was glauben Sie?»
    «Die Leute mögen eben unterschiedliche Sachen», sage ich.
    Verteidigen will ich sie damit eigentlich nicht. Ich will einfach nur dieses Essen ohne Zwischenfälle hinter mich bringen und auf meinen Dachboden zurückkehren. Er sieht mich nachdenklich an.
    «Ist das so», meint er dann ironisch und trinkt sein Glas leer.
    Der Rest der Flasche folgt rasch diesem Glas. Arnaud isst und trinkt mit geradezu angriffslustiger Konzentration. Er dominiert die Tafel, und wir alle scheinen nur darauf zu warten, dass die Situation eskaliert. Aber der Hauptgang vergeht, ohne dass es zu einem Zwischenfall kommt. Danach gibt es Ziegenkäse. Jenen intensiven, halbfertigen Käse, den Mathilde selbst herstellt. Ich lehne ab, aber Arnaud schmiert den Käse mit seinem Messer dick auf das Brot.
    Mittlerweile ist es in der Küche schon fast dunkel. Als Mathilde eine große Deckenlampe einschaltet, lässt das Licht das Zwielicht draußen sofort zu schwarzer Nacht werden. Ich stehe mit meinem Teller auf, als sie und Gretchen anfangen, den Tisch abzuräumen. Arnaud bedeutet mir, ich solle mich wieder setzen.
    «Das schaffen die schon alleine.» Er vertilgt ein letztes Stück Brot mit Käse und wischt sich danach den Mund mit den Fingerspitzen ab. Aber obwohl er sich entspannt zurücklehnt, hat er etwas Ruheloses an sich. Abrupt schiebt er seinen Stuhl nach hinten.
    «Kommen Sie. Wir setzen uns ins Wohnzimmer.»
    Sowohl Mathilde als auch Gretchen blicken ihm überrascht nach, als er die Küche verlässt. Und nun?, frage ich mich und folge ihm nur widerstrebend.
    Arnaud geht durch einen Durchgang am anderen Ende des Flurs und betritt einen langen, schmalen Raum, der aussieht, als würde er über die volle Breite des Hauses verlaufen. Als ich eintrete, kniet er vor dem offenen Kamin und hält ein Streichholz an ein Stück zerknülltes Zeitungspapier, das unter halb abgebrannten Holzscheiten liegt. Sobald es Feuer fängt, wirft er das Streichholz auf den Rost und richtet sich auf. Seine Knie knacken wie Gewehrschüsse.
    Er zeigt brüsk auf einen der Sessel, die um den Kamin gruppiert sind. «Setzen.»
    Ich gehorche, entscheide mich aber für einen alten Holzstuhl mit geschwungenen Armlehnen, der gemütlich wirkt. Trotz der warmen Nacht ist es in diesem Zimmer kalt, und der muffige Geruch nach alten Möbeln hängt in der Luft. Ein Fernseher, der alt genug aussieht, um noch schwarz-weiß zu sein, steht in einer Ecke. Ich bemerke, dass eines der Fenster mit Brettern vernagelt ist. Vermutlich eine Erinnerung an Didiers Besuch letzte Nacht.
    Arnaud schaltet eine Lampe ein und geht zu dem Schreibtisch. Auf beiden Seiten des Möbels stehen kleine Schränke. Er öffnet einen und nimmt eine Flasche und zwei Gläser heraus.
    «Sie mögen Cognac?»
    Ich überwinde meine Überraschung und sage ja. Er gibt einen kleinen Schluck in beide Gläser und stellt die Flasche wieder weg. Dann bringt er mir ein Glas, lässt sich auf der anderen Seite des Feuers behutsam in einen Sessel mit hoher Rückenlehne sinken und nimmt einen Schluck Cognac.
    «Ahhhh.» Zufrieden lehnt er sich zurück. Ich nehme ebenfalls einen Schluck. Der blassgoldene Alkohol ist weich und scheint sich schon zu verflüchtigen, ehe er überhaupt meine Kehle berührt. «Dreißig Jahre alt», sagt Arnaud. «Köstlich.»
    Zumindest besser als sein Wein. Aber ich fühle mich zu unwohl, um ihn zu genießen, und bin überzeugt, dass mir später noch die Rechnung für das präsentiert wird, was ich jetzt bekomme. Ein unangenehmes Schweigen entsteht. Was Arnaud auch bereden will, ich bin alles andere als sicher, ob ich es hören möchte. Also nehme ich noch einen Schluck Cognac und schaue mich in dem Zimmer um. Einige gerahmte Fotos stehen auf einem kleinen Klapptisch am Kamin. Die neuesten zeigen Gretchen, als sie klein war. Das größte, das gut zu erkennen ist, obwohl es ganz hinten steht, zeigt eine

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