Der Hof (German Edition)
Louis?»
Ich nehme einen Schluck Cognac. Keine Ahnung, wohin uns dieses Gespräch führt. «Nicht viel.»
«Aber Sie haben sich gefragt, was da los war, was? Warum reden wir nicht mal zur Abwechslung über ihn? Über ihn und darüber, warum diese Rindviecher aus der Stadt uns so behandeln.»
Ich zucke unbehaglich mit den Schultern.
«Keine Sorge, Ihnen gebe ich keine Schuld daran.» Arnaud verzieht das Gesicht und nimmt die Pfeife aus dem Mund, als hinterlasse sie einen ekligen Geschmack auf seiner Zunge. «Louis war ein Taugenichts. Hat seinen Lebensunterhalt damit verdient, irgendwelche Bauarbeiten zu machen, aber er steckte voller großer Ideen. Hatte immer irgendwelche Pläne in der Hinterhand, die er verfolgte. Wie die Sache mit den Rebstöcken, von denen er wusste, wie minderwertig sie waren. Oder die Statuen. Er hatte eine Hebevorrichtung und einen kleinen Laster mit Ladefläche, ich hatte den Platz, um sie hierzubehalten, bis sie verkauft waren. Natürlich wusste ich nicht, dass er meiner älteren Tochter untern Rock gekrochen ist.» Arnaud schaut finster auf seine Pfeife. «Ich kann es Mathilde kaum verdenken. Louis konnte die Fliegen auf dem Arsch einer Kuh überreden wegzufliegen. Sie hätte es besser wissen müssen … sich einfach von ihm schwängern zu lassen. Aber als es passiert war, sah Louis seine Chance gekommen. Hat sie gefragt, ob sie ihn heiratet. Nicht, weil er mal was richtig machen wollte, verstehen Sie? Er sah es nur als einen guten Weg, das alles hier in die Finger zu kriegen …» Er zeigte rings um sich und umfasste damit das Haus und das Land dahinter. «Was er nicht wusste, war, dass alles an Michel übergeht, wenn ich sterbe. Für Gretchen und Mathilde wäre natürlich gesorgt, aber den Hof bekommen sie nicht. Und genauso wenig jemand, der eine von ihnen heiratet, dafür habe ich verdammt noch mal gesorgt. Mein größter Fehler war, das Louis zu erzählen. Ah, danach zeigte er sofort sein wahres Gesicht. Erzählte mir, er hätte einen Käufer für die Statuen und dass er jemanden in Lyon kennt, der noch mehr zu verkaufen hat. Meinte, wir bekämen das Doppelte raus, und ich war so ein Narr, ihm zu glauben. Also machte ich das Geld locker – und das war das letzte Mal, dass wir ihn gesehen haben. Er hat mein Geld gestohlen und die Mutter seines Kinds im Stich gelassen, als ob sie irgendwelcher Müll ist.»
Arme Mathilde, denke ich. In groben Zügen habe ich mir die Geschichte schon zusammengereimt, aber selbst wenn man bedenkt, dass Arnaud seine Version eher zu seinen eigenen Gunsten auslegt, muss es für sie eine demütigende Erfahrung gewesen sein.
«Natürlich fing sofort danach das Gerede und dieses hinterhältige Getue an», fährt Arnaud verbittert fort. «Ich konnte den Leuten ja schlecht von den verfluchten Statuen erzählen, aber das hätte ohnehin keinen Unterschied mehr gemacht. Louis war in der Stadt beliebt, er war einer von ihnen. Was auch immer ihn veranlasst hat zu verschwinden, konnte also unmöglich seine Schuld sein, richtig? Sofort war vergessen, dass er meine Tochter gevögelt und mein Vertrauen missbraucht hat. Oh nein, sie würden nicht ihm die Schuld daran geben! Nein, es war
unser
Fehler, dass er verschwunden ist. Wir müssen ihn ja offenbar dazu getrieben haben!» Die Flasche klirrt gegen das Glas, als er sich noch einen Cognac einschenkt. «Es hat diesen engstirnigen Scheißkerlen die Entschuldigung geliefert, die sie brauchten. Meine Töchter, sogar Gretchen, wurden angefeindet, sobald sie in der Stadt auftauchten. Als wir nicht mehr dorthin fuhren, kamen sie hier raus. Es gab obszöne Anrufe, und eines Nachts hat sogar jemand versucht, die Scheune anzuzünden. Der Tank des Treckers wurde mit Zucker befüllt. Ich habe das Telefon also abgemeldet und einen Stacheldrahtzaun um das Grundstück gezogen. Aus den Treteisen habe ich kein Geheimnis gemacht, damit die Scheißkerle wussten, was sie erwartet, falls sie einen Fuß auf mein Land setzen.»
Oder jemand anderes, denke ich. Aber an Arnaud wäre jede Form von Ironie verschwendet. «Warum erzählen Sie mir das alles?»
«Damit Sie verstehen, wie die Lage ist. Weil Sie den Mund gehalten haben, als die Polizei Sie befragt hat.»
Ich glaube ihm kein Wort. Er führt etwas im Schilde, aber was es auch ist, ich werde es so schnell nicht erfahren. Arnaud steht auf und macht mir damit unmissverständlich klar, dass die Audienz vorbei ist. «Genug geredet für heute Abend. Morgen müssen wir früh
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