Der Hof (German Edition)
raus.»
«Was müssen wir machen?»
«Wir sammeln die Fallen ein. Die Polizei hat danach gefragt. Diese Scheißkerle von gestern Nacht müssen was verraten haben.» Er sieht mich plötzlich misstrauisch an. «Sie sind sicher, dass Sie niemandem davon erzählt haben?»
«Nein, das sagte ich bereits.» Ich habe Jean-Claude erzählt, ich hätte mir in Arnauds Wald den Fuß verletzt, aber mehr nicht. Es scheint ihm nicht in den Sinn zu kommen, dass die Nachbarn, für die er nur Verachtung übrig hat, sich vielleicht nicht verpflichtet fühlen, sein Geheimnis für sich zu behalten. Besonders jetzt nicht mehr, nachdem er auf sie geschossen hat.
«Das fette Schwein von einem Gendarm hat mich belehrt, dass Fallen illegal sein sollen. Auf meinem eigenen Land!» Zorn lässt seine Stimme beben. «Ich habe ihnen erklärt, was ich hier mache, sei allein meine Angelegenheit, und solange sie nicht mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkommen, will ich nichts weiter darüber hören.»
Mich durchrinnt ein kalter Schauer. «Glauben Sie, das würden die tun?»
«Woher soll ich das wissen? Aber ich werde diesen Scheißkerlen nicht die Befriedigung gönnen, irgendwas zu finden, falls sie es tun.»
«Und Sie wollen, dass ich Ihnen dabei helfe?»
«Ganz genau.» Arnaud wirft den Kopf in den Nacken und leert seinen Cognac. An beiden Seiten seines Halses stehen die Sehnen hervor. Er schmatzt zufrieden und lässt dann grinsend das Glas sinken. Im Feuerschein wirkt seine Miene milder, doch seine Augen sind so hart wie immer. «Es sei denn, Sie möchten der Polizei gerne erklären, warum Sie gelogen haben.»
Arnauds Cognac summt noch in meinem Kopf, als ich zurück zur Scheune gehe. Die Nacht wirkt unnatürlich klar und steht damit im krassen Gegensatz zu der Benommenheit in meinem Kopf. Ich laufe ein bisschen im Zickzack quer über den Hof, wobei der Gehstock immer wieder von den abgerundeten Kopfsteinpflastersteinen abrutscht. Unten in der Scheune ist es stockdunkel, und die Lampe habe ich oben vergessen. Ich taste nach einer leeren Weinflasche und stoße dabei gleich noch ein paar andere um. Eisiges Wasser tropft auf den Boden, als ich die Flasche am Hahn fülle. Dann forme ich meine Hände zu einer Schale und klatsche mir das Wasser auch ins Gesicht.
Besser.
Ich schleppe mich die Stufen hoch und bin erleichtert, als ich das vertraute Umfeld des Dachbodens erreiche. Es würde mich zu viel Kraft kosten, die Falltür zu schließen, also lasse ich sie offen. Mein Gehstock fällt zu Boden, als ich versuche, ihn gegen die Wand zu lehnen, aber ich halte mich nicht damit auf. Irgendwie schaffe ich es, das T-Shirt über den Kopf zu ziehen, ehe ich nur noch in der Jeans auf die Matratze falle. Ich will auch die Hose ausziehen, wirklich. Aber das üppige Mahl und der Alkohol wirken wie Bleigewichte auf meine Augenlider. Ich schließe sie, aber nur für ein paar Sekunden. Gleich stehe ich noch mal auf und ziehe mich fertig aus.
Gleich …
Ich bin wieder in dem alten Zimmer, auf dem alten Bett. Ich fühle, wie die Matratze nachgibt, und dann ihre Wärme direkt neben mir. Ihre Lippen streifen meinen Mund und berühren federleicht meine Wange. In meiner Brust ist ein glückliches, warmes Gefühl, dass sie wieder hier ist. Dass alles wieder normal ist. Aber während ich das realisiere und anfange, auf sie zu reagieren, weiß ich, dass irgendwas nicht stimmt. Das Gefühl verstärkt sich, als sie sich an mich drückt. Ihr Duft und ihre Körperkonturen sind anders. Weiche Haare streifen meine Haut, und eine Hand streichelt mich. Dann öffne ich die Augen und bin wieder auf dem Dachboden, und Gretchens Gesicht ist nur wenige Zentimeter von meinem entfernt.
Einen winzigen Moment lang droht mein Instinkt, die Kontrolle zu übernehmen. Doch dann setzt der Schock ein, und ich bin hellwach. Ich setze mich auf und werfe sie dabei von mir herunter.
Sie kichert. «Habe ich Ihnen Angst eingejagt?»
Mein Kopf und mein Herz hämmern gleichermaßen. Ich schiebe mich noch etwas weiter von ihr weg. «Was hast du hier zu suchen?»
«Was denken Sie denn?» Ihre Zähne und Augen schimmern in der Dunkelheit. Sie trägt ein kurzes weißes T-Shirt und sonst nichts. «Freuen Sie sich nicht, mich zu sehen?»
«Du solltest nicht hier sein.»
«Warum nicht? Die anderen schlafen alle. Und Sie freuen sich, das kann ich spüren.»
Ihre Hand tastet nach meiner Jeans. Ich schiebe sie weg. «Du musst jetzt gehen.»
«Das wollen Sie doch gar nicht.»
«Doch, das
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