Der Hof (German Edition)
will ich.»
Ich schwinge meine Füße von der Matratze und stehe auf. Das Letzte, was ich will, ist irgendeine Verwicklung mit Gretchen, aber es fällt mir leichter, dementsprechend zu handeln, wenn ich nicht direkt neben ihr liege.
Sogar im schwachen Mondlicht sehe ich ihre Verwirrung. «Warum denn? Was ist los? Mögen Sie mich denn nicht?»
«Sieh mal …» Ich verstumme. «Das ist es nicht. Ich finde einfach … Geh jetzt lieber.»
Danach schweigen wir beide. Ich überlege, was ich sagen kann, damit sie geht, ohne einen Aufstand zu machen. Wenn sie jetzt wieder mit Mathilde anfängt, könnte die Sache übel ausgehen. Dann sehe ich sie lächeln. Ihre Zähne blitzen weiß in der Dunkelheit auf.
«Haben Sie Angst vor Papa? Nicht im Ernst, oder?»
Ich sage nichts. Soll sie doch ihre eigenen Schlüsse ziehen. Es ist jedenfalls einfacher, sie in dem Glauben zu lassen, und es ist ja auch irgendwie wahr. Sie kniet jetzt auf dem Bett.
«Worüber wollte er denn vorhin mit Ihnen reden? Er kann nicht allzu böse auf Sie sein, sonst hätten Sie nicht seinen besten Cognac bekommen. Das weiß ich nämlich, weil ich danach die Gläser abgespült habe.»
«Es ging nur um den Hof.»
«Lügner.» Sie lacht. «Keine Sorge, ich lasse nicht zu, dass er Ihnen weh tut. Jedenfalls nicht, solange Sie nicht gemein zu mir sind.»
Ich weiß nicht, ob das ein Witz sein soll. «Sieh mal, er will meine Hilfe bei den Treteisen. Ich muss in ein paar Stunden wieder aufstehen …»
«Es ist noch genug Zeit.»
«Gretchen …»
«Schon gut, ich gehe. Wir wollen ja nicht, dass Papa Sie wieder die Treppe runterwirft.» Ihre gute Laune ist zurück. Ich gehe zu der Falltür, als sie aus dem Bett steigt. Ihre Haare fangen das Mondlicht ein, und ihre Beine sind unter dem kurzen T-Shirt lang und schlank. Sie sieht wunderhübsch aus, und für einen Moment bin ich froh, in der Jeans eingeschlafen zu sein.
Sie bleibt kurz vor mir stehen und lächelt spitzbübisch, als sie leicht über meinen Unterarm streichelt. «Kriege ich nicht wenigstens einen Gutenachtkuss?»
«Heute Abend nicht.»
«Mit Ihnen macht es echt keinen Spaß.» Sie schmollt und scheint noch nicht bereit zu sein, mich vom Haken zu lassen. Ich spüre ihre Finger, die bis zu meinem Bizeps hinaufwandern und erst verharren, als sie auf das Pflaster treffen. Ich kann sehen, wie sie die Stirn runzelt, als sie darüberfühlt. «Was haben Sie denn mit Ihrem Arm gemacht?», fragt sie.
LONDON
Ich stehe hinter dem Tresen in der Bar Zed und spüle Gläser, als der Typ hereinkommt. Irgendwas kommt mir an ihm bekannt vor, aber nicht so sehr, dass ich länger darüber nachdenke. Er zeigt ebenfalls durch nichts, dass er mich kennt, als Dee ihm ein Bier serviert, das er zu einem Tisch am anderen Ende des Raums mitnimmt.
Ich habe ihn schon bald wieder vergessen. Das Zed liegt in der Nähe der Canary Wharf, und in den Monaten, seit ich hier arbeite, habe ich irgendwann aufgehört, mir die Gesichter merken zu wollen, die ich an der Bar bedient habe. Ich habe hier einen Job bekommen, nachdem ich bei der Sprachenschule meine Kündigung eingereicht habe. Ich wollte einen sauberen Schnitt machen, und dort erinnerte mich einfach zu vieles an meine Zeit mit Chloe. Nachdem ich ausgezogen war, habe ich eine Weile bei Callum auf dem Sofa geschlafen, bis ich ein kleines Studioapartment in Hackney fand. Es ist nicht toll, aber es ist wenigstens ein Ort, wo ich meine Filmposter an die Wände hängen und meine DVD -Sammlung unterbringen kann. Außerdem ist es nur für den Übergang, bis ich genug Geld gespart habe, um nach Frankreich zu gehen. Das ist mein Plan und gehört zu dem Vorsatz, einen klaren Schnitt zu machen.
Allerdings scheint irgendwie nie der richtige Zeitpunkt zu kommen. Immer rede ich mich auf nächste Woche, nächsten Monat, nächsten Wasauchimmer heraus. In der Zwischenzeit ist es im Zed gar nicht so übel. Es ist eine exklusive Bar, tagsüber zieht sie die Leute aus dem Finanzdistrikt an, die sich das teure Mittagessen leisten können. Die Abendgäste sind nicht weniger reich und scheinen die großen Spiegel hinter der Bar aus Stahl zu mögen. Der Besitzer Sergei ist in Ordnung. Er und sein Freund Kai helfen aus, wenn viel los ist. Es gibt schlimmere Arbeitsplätze.
Außerdem ist es ja nur vorübergehend.
Der Mann, der vorhin reinkam, steht wieder an der Bar und will ein zweites Bier. Diesmal bediene ich ihn selbst. Immer noch habe ich Probleme, ihn einzuordnen. Er ist groß und hat
Weitere Kostenlose Bücher