Der Hof (German Edition)
ich damit sagen will?»
Ich neige unverbindlich den Kopf.
«Das Problem ist, die Männer von hier taugen einfach nicht viel. Wenig Verstand, das ist alles, was sie haben. Die Hälfte von denen würde doch eine Kuh ficken, wenn sie einen Stuhl finden, auf dem sie dabei stehen können, aber bei einer unverheirateten Frau mit dem Kind eines anderen …» Sein Seufzen ist eine Spur zu theatralisch. «Ich werde nicht ewig leben, und Mathilde ist meine Älteste. Michel wird auf Jahre nicht alt genug sein, um diesen Hof zu übernehmen, und es ist nicht gesagt, dass ich noch hier sein werde, wenn es so weit ist. Ich scheue mich nicht zuzugeben, wie viel Arbeit dieser Hof macht, aber … Nun ja, ich glaube, das Potenzial sieht man. Sie verstehen mich?», fragt er und sieht mich zum ersten Mal direkt an.
«Ich glaube schon», sage ich. Mich überrascht daran weniger, dass er sie einfach jemandem anbietet, sondern vielmehr, dass er sie mir anbietet.
Er nickt zufrieden. «Ich würde von keinem erwarten, dass er eine schnelle Entscheidung trifft. Aber für den richtigen Mann wäre es sicher eine Überlegung wert, finden Sie nicht auch?»
«Was wäre denn in Ihren Augen der richtige Mann?», frage ich mit neutraler Stimme. Aber vielleicht nicht so neutral wie beabsichtigt, denn Arnaud wirft mir einen gerissenen Blick zu.
«Jemand, der eine Gelegenheit erkennt, wenn sie sich ihm bietet», antwortet er. Und fügt dann weniger scharf hinzu: «Jemand, dem ich vertrauen kann.»
«Wie Sie Louis vertraut haben?»
Arnauds Gesicht verschließt sich wie eine Falle. Er rammt die Pfeife zurück in die Tasche und steht auf.
«Kommen Sie. Wir haben genug Zeit verschwendet.»
Erschöpft komme ich auf die Füße und bücke mich nach dem Sack. Hinter meinem Rücken das Geräusch des Gewehrbolzens, der durchgeladen wird. Ich drehe mich um. Arnaud steht mit dem Gewehr in der Hand da, den Lauf gesenkt, aber deutlich in meine Richtung gerichtet.
Ich bewege mich nicht. Er beobachtet Lulu, erkenne ich. Sie starrt in das Unterholz, und ihre Ohren zucken.
«Was hat sie …»
«Psst!» Er bedeutet mir, zur Seite zu gehen. Die Hündin ist so angespannt, dass sie zittert. Arnaud hebt das Gewehr zur Schulter und macht sich bereit. «Los!»
Das Wort ist kaum mehr als ein Wispern, aber Lulu läuft sehr langsam in den Wald. Nach einem kurzen Stück bleibt sie stehen, und eine Vorderpfote schwebt in der Luft. Ich kann immer noch nichts erkennen. Plötzlich stürzt sie vor. Zugleich erheben sich zwei Vögel aus dem Gras vor ihr und flattern wie wild, um zu entkommen.
Das Peitschen eines Schusses lässt mich zusammenzucken. Einer der Vögel taumelt zu Boden. Ein zweiter Schuss. Der verbleibende Vogel dreht ab und steigt höher. Ein dritter Schuss ertönt, aber der Vogel ist bereits hinter den höheren Ästen außer Reichweite.
Ein gemurmelter Fluch kommt von Arnaud. Er lässt das Gewehr sinken und schnalzt verärgert mit der Zunge. Lulu kommt zurückgetrottet. Sie hält den Kopf hoch, und der Vogel baumelt aus ihrer Schnauze. Arnaud nimmt ihn ihr ab und zaust ihre Ohren.
«Braves Mädchen.»
Trotz seiner Enttäuschung hat das Schießen ihn in bessere Stimmung versetzt. Er packt den Vogel – vermutlich ein Rebhuhn – in seinen Rucksack.
«Genug Zeit war, um beide zu erwischen. Meine Reaktionszeit ist nicht mehr so gut wie früher. Automatisch zielen und schießen, darum geht es letztlich. Man muss den Instinkt die Kontrolle übernehmen lassen. Der erste Schuss muss sitzen.» Er wirft mir einen eisigen Blick zu. «Nicht weiter darüber nachdenken. Sonst verpasst man die Gelegenheit.»
Ich beschließe, ihn beim Wort zu nehmen. «Warum benutzen Sie keine Schrotflinte?»
«Schrotflinten sind was für Leute, die nicht schießen können.» Er streichelt den Lauf seines Gewehrs. «Das hier ist eine 6 mm Lebel. Gehörte schon meinem Großvater. Älter als ich, und trotzdem feuert sie die . 22 er-Patronen noch bis zu fünfzig Meter weit. Hier. Fühlen Sie mal, wie schwer die ist.»
Widerstrebend nehme ich das Gewehr in die Hand. Es ist erstaunlich schwer. Der hölzerne Lauf ist vom jahrelangen Gebrauch abgegriffen, ein Riss verläuft über die halbe Länge des Laufs, und schwefeliger Geruch nach Schießpulver steigt von der Waffe auf.
«Wollen Sie’s auch mal versuchen?», fragt er.
«Nein danke.»
Arnauds Grinsen ist herausfordernd und arrogant. «Schon wieder zimperlich, oder haben Sie nur Angst vor lauten Geräuschen?»
«Beides.» Ich
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