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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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werfe mir den Sack über die Schulter. «Wollen wir weiter?»
     
    Es ist bereits später Vormittag, als wir zum Haus zurückkehren. Wir haben ein halbes Dutzend Säcke mit Fallen gefüllt, obwohl wir im Wald am See noch nicht mal angefangen haben.
    «Die machen wir ein anderes Mal», sagt Arnaud und hält sich den Rücken. «Wenn die Polizei zurückkommt, werden die zuerst in der Nähe der Straße suchen.»
    Die Säcke sind sperrig und schwer, weshalb jeder von uns nur einen zurück zum Hof trägt. Arnaud lässt seinen im Hof mit einem Scheppern zu Boden fallen und weist mich grimmig an, die anderen später allein zu holen. Das war ja klar, denke ich sauer, als er zum Haus geht. Ich muss mehrmals gehen, um den Rest zu holen, und werfe mir ächzend jeweils einen Sack über die Schulter wie ein Schrottweihnachtsmann. Bis ich den letzten sicher im Stall verstaut habe, tun mir alle Knochen weh, und ich bin total verschwitzt. Ich sauge an einem Knöchel, den ich mir aufgeschrammt habe, stehe so im Innenhof und versuche, wieder zu Atem zu kommen. An der Küchentür entsteht Bewegung, und Mathilde tritt heraus.
    «Ist das der letzte?», fragt sie und beschattet ihre Augen mit der Hand.
    «Das sind alle von hier oben. Unten am See sind noch mehr von den Dingern.»
    Ich kann nicht sehen, ob sie das gutheißt oder nicht. «Hättest du gerne einen Kaffee?»
    «Danke, ja.»
    Ich folge ihr ins Haus. Bis auf Michel, der in einem Holzlaufstall sitzt, sind wir in der Küche allein. Im letzten Moment denke ich daran, nicht Arnauds Platz zu nehmen, und setze mich.
    «Ist schon in Ordnung, er hat sich hingelegt», sagt Mathilde, die bemerkt hat, dass ich seinen Stuhl meide. «Sein Rücken.»
    Ich kann leider kein Mitgefühl für ihn aufbringen. «Wo ist Gretchen?»
    «Sie sammelt Eier. Wird nicht lange dauern.» Mathilde löffelt Kaffeepulver in die Aluminiumkanne und stellt sie auf den Herd. «Wie kommt ihr mit dem Englischunterricht voran?»
    Sie fragt zum ersten Mal danach. Ich versuche, diplomatisch zu antworten. «Sagen wir einfach, sie ist nicht besonders interessiert daran.»
    Mathilde kommentiert das nicht weiter. Sie beschäftigt sich an der Spüle, bis die Macchinetta beginnt, keuchende Laute von sich zu geben. Erst dann nimmt sie sie vom Herd und gießt die schwarze Flüssigkeit in eine Milchkaffeeschale.
    «Nimmst du keinen?», frage ich, als sie ihn mir hinstellt.
    «Nicht jetzt.»
    Sie steht zögernd vor dem Tisch, und dann überrascht sie mich. Sie setzt sich zu mir. Müde sieht sie aus, denke ich und nehme einen Schluck von dem brühend heißen Kaffee. Ich zerbreche mir den Kopf, was ich sagen könnte. «Tut es dir leid, wenn die Fallen verschwinden?»
    Nicht unbedingt der beste Einstieg für ein Gespräch, aber Mathilde kann gut damit umgehen. «Nein. Ich wollte sie nie da draußen haben.»
    «Dein Vater scheint zu glauben, euer Hof muss geschützt werden.»
    Sie blickt mich an und schaut dann weg. Ihre grauen Augen sind unergründlich. «Niemand kann sich völlig von der Außenwelt abschotten.»
    Irgendwie hört sich das für mich wie ein Vorwurf an. Wir beobachten Michel in seinem Laufstall, als hofften wir beide, er könnte das Schweigen brechen. Er spielt weiter völlig unbeeindruckt.
    «Ich habe mich gefragt … Hörst du manchmal was von seinem Vater?»
    Ich habe fast erwartet, dass sie ärgerlich wird. Aber sie schüttelt nur den Kopf, den Blick weiter auf Michel gerichtet. «Nein.»
    «Wo ist er?»
    Ein kaum wahrnehmbares Schulterzucken. «Ich weiß es nicht.»
    «Will er denn seinen eigenen Sohn nicht sehen?»
    Ich bereue meine Frage schon in dem Moment, als ich sie ausspreche. Von allen Leuten sollte ausgerechnet ich nicht so eine Frage stellen. Einen Herzschlag lang schweigt Mathilde, ehe sie antwortet.
    «Michel war nicht geplant. Und Louis hat nie gern Verantwortung übernommen.»
    Ich habe schon jetzt mehr gefragt, als ich sollte. Dennoch hat sich eine gewisse Intimität zwischen uns eingeschlichen, von der ich überzeugt bin, sie mir nicht nur einzubilden. Etwas daran, wie sie vor mir sitzt, weckt in mir den Wunsch, die Hand nach ihr auszustrecken. Stattdessen lege ich beide Hände um die Kaffeeschale.
    «Hast du denn nie darüber nachgedacht wegzugehen? Nur du und Michel?»
    Sie ist von meiner Unverblümtheit überrascht. Das bin ich auch, aber je mehr ich ihren Vater und ihre Schwester – und sogar Georges – beobachte, umso mehr denke ich, Mathilde ist die einzig vernünftige Person auf dem Hof.

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