Der Hof (German Edition)
trifft wohl gerade eine Sau auf ihren Schöpfer.
Dann höre ich den Schrei.
Das ist Gretchen.
Ich stürze zu dem Feldweg und ramme meinen Gehstock halb rennend, halb hüpfend in den Boden. Der Tumult wird lauter, als ich mich den Sanglochonpferchen nähere. Schreie, Bellen, Quieken. Beim Betreten der Lichtung sehe ich Georges, den Keiler und Lulu, die in einen komplizierten Tanz verwickelt sind. Der alte Mann versucht, den Keiler zurück in seinen Pferch zu treiben, während Lulu ihn wie verrückt anbellt. Außer sich vor Wut kreist der Keiler um den Hund und versucht, ihn zu erwischen. Dabei knallt er immer wieder gegen das Brett, mit dem Georges ihn in die Ecke treibt. Fast wirft er den alten Mann dabei um.
«Hol den Hund!», brüllt Georges Gretchen an und kämpft gegen den Keiler. Zugleich tritt er den Spaniel von sich weg. «Jetzt nimm ihn schon hoch!»
Gretchen bewegt sich nicht. Ich sehe, wie der Kampf den alten Mann allmählich ermüdet. Seine Versuche, die beiden Tiere auseinanderzuhalten, ermatten. Er schaut sich um, als ich die Lichtung betrete, und Lulu nutzt diesen Moment, um hinter seinen Beinen hervorzuschießen. Er stolpert, verliert das Brett fast aus der Hand. Der Hund versucht, zur Seite auszuweichen, und der Keiler stürmt nach vorne. Ein schriller Schrei und ein hörbares Knacken sind zu hören, als seine Kiefer sich um den Hinterlauf des Spaniels schließen.
Ich werfe mich ohne Zögern auf den Keiler und hoffe, ihn so von dem Hund abzubringen. Es fühlt sich an, als würde man in einen Baumstumpf rennen. Mein Schwung trägt mich über seinen Rücken hinweg, und die Luft wird mir aus den Lungen getrieben, als ich auf der anderen Seite unsanft lande. Ich krieche ein Stück weg und trete wie wahnsinnig nach den Hauern des Viehs, das sich jetzt mir zuwendet. Im nächsten Augenblick ist Georges mit dem Brett zwischen uns gegangen.
«Holen Sie das andere Brett!», schreit er.
Ein Brett lehnt am Zaun. Ich renne damit zurück und schnappe dabei auch meinen Gehstock, den ich bei meinem Sturz fallen gelassen habe. Neben Georges drücke ich mein Brett gegen den Keiler, und dann hämmere ich mit meinem Gehstock auf den Schädel des Tiers ein.
«Nicht so hart!», faucht Georges.
Der Keiler scheint es ohnehin nicht zu spüren. Er stößt mit dem Kopf nach uns und wirft sein ganzes Gewicht gegen die Bretter. Der Spaniel kriecht mit einem zerfleischten Hinterlauf davon. Und dann taucht Arnaud neben uns auf, und zu dritt bedrängen wir den Keiler und setzen die Bretter gezielt ein, damit er nichts sieht. Endlich schaffen wir es, ihn wieder in den Pferch zu treiben. Er wirft sich gegen den Zaun, aber Arnaud hat das Tor bereits zugeworfen und verschlossen.
Sein Gesichtsausdruck ist grimmig, als er sich schwer atmend an Georges wendet. «Wie ist er da rausgekommen?»
«Das Tor stand offen», erklärt Georges tonlos. Er ist von uns dreien am wenigsten außer Atem.
«Allmächtiger, hast du es denn nicht überprüft?»
Der alte Mann wirft Arnaud einen tadelnden Blick zu. «Doch.»
«Er kann das Tor ja wohl kaum selbst geöffnet haben.»
«Nein», stimmt Georges zu.
Arnauds Gesicht wird starr. «Wo ist Gretchen?»
Sie ist nirgends zu sehen. Allerdings ist Mathilde inzwischen da und hockt neben dem Spaniel. Ein Hinterlauf hängt nur noch wie ein blutiger Fetzen an dem Tier. Arnaud schaut mit verkniffenem Mund auf die Hündin.
«Ich hole mein Gewehr.»
Mathilde versucht, den Hund hochzuheben.
«Was machst du da?», fragt er.
«Ich bringe sie zum Tierarzt.»
«Bleib hier. Ich brauche nicht lange.»
«In der Stadt gibt es einen Tierarzt. Ich bringe sie dorthin.»
«Nein, das wirst du nicht tun. Eine Kugel wird das Beste für sie sein.»
Mathilde antwortet nicht. Sie drückt Lulu an ihre Brust. Der Hund schreit, als sein Bein gegen ihren Unterleib stößt.
«Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?», fragt Arnaud.
«Doch, habe ich.» Sie macht einen Schritt, und er stellt sich ihr in den Weg.
«Du gehst nirgendwo hin. Leg sie ab und …»
«Nein!»
Ihre Weigerung lässt ihn innehalten. Zum ersten Mal erlebe ich, wie sie sich gegen ihn auflehnt. Arnaud funkelt sie an, aber Mathilde erwidert den Blick. Blass begegnet sie seinem vor Wut fleckigen Gesicht.
«Ich werde nicht zulassen, dass du sie umbringst.» Sie hebt nicht die Stimme, aber es kann kein Zweifel an ihrer Absicht bestehen. Einen Augenblick lang glaube ich, Arnaud wird sie schlagen. Dann tritt er beiseite.
«Mach doch. Erwarte
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