Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Kirchengemeinden veranstaltet. Normalerweise stehen sie in Verbindung mit dem Tag eines bestimmten Heiligen. Das ist so etwas wie ein Flohmarkt.«
»Fahren wir hin. «
»Wirklich?«
»Warum nicht? Das könnte doch nett sein. Ich kaufe Ihnen ein Geschenk.«
Helden sah ihn schelmisch an. »Na gut«, sagte sie.
Das helle Licht der Nachmittagssonne wurde grell von den Außenspiegeln reflektiert, so daß Holcroft die Augen zusammenkneifen und immer wieder blinzeln mußte, um nicht geblendet zu werden. Hier und da tauchte der dunkelgrüne Fiat auf. Er war weit hinter ihnen, aber nie sehr lang außer Sichtweite.
Er parkte den Wagen hinter der Kirche, die das Zentrum der kleinen Ortschaft bildete. Er ging mit Helden um das Pfarrhaus herum und mischte sich unter die Menschen davor.
Der Dorfplatz war typisch französisch. Mit kopfsteingepflasterten Straßen, die wie unregelmäßige Speichen von einem nicht ganz perfekten Rad wirkten, mit alten Häusern und sich hindurchschlängelnden Gassen überall. Verkaufsstände mit mehr oder weniger ausgebleichten und zerschlissenen Markisen waren ohne erkennbare Ordnung aufgebaut, und ihre Tische waren überhäuft mit kunstgewerblichem Kram, Kleidern und Lebensmitteln aller Art. Diese fête diente nicht dem Fremdenverkehr. Ausländer gehörten in die Frühlings- und Sommermonate.
Der Mann mit dem pockennarbigen Gesicht stand vor einer Verkaufsbude mitten auf dem Platz. Er aß ein Stück Gebäck, und seine Augen huschten immer wieder zu Holcroft herüber. Der Mann wußte nicht, daß man ihn entdeckt hatte; dessen war Noel sicher. Er gab sich viel zu beiläufig, war zu sehr mit Essen beschäftigt. Er hatte den Mann, den er beobachten sollte, im Auge, alles war gut. Holcroft wandte sich zu Helden, die neben ihm ging.
»Jetzt habe ich das Geschenk gesehen, das ich Ihnen kaufen will!« rief er.
»Seien Sie nicht albern...«
»Warten Sie hier! Ich bin gleich wieder da.«
»Ich warte dort drüben« - sie deutete nach rechts - »bei dem Zinngeschirr.« «
»Fein. Bis gleich.«
Noel bahnte sich den Weg durch die Menge. Wenn er sich schnell genug bewegte und sich immer wieder duckte, könnte er den Rand der Menschenmenge erreichen, ohne daß der hellhaarige Mann ihn sah. Und sobald er einmal die kopfsteingepflasterte Gasse jenseits des Gewühls erreicht hatte, konnte er sich von hinten bis auf ein paar Meter an den Gebäckstand heranarbeiten.
Er kam zu der Gasse; der Mann hatte ihn nicht gesehen. Er hatte sich noch ein Stück Kuchen gekauft und aß es jetzt geistesabwesend, reckte sich hoch und spähte angestrengt über die Köpfe der Menge. Dann schien er sich plötzlich wieder zu entspannen. Offenbar hatte er Helden entdeckt. Wahrscheinlich war er überzeugt, daß ihr Begleiter, solange er sie sah, nicht weit weg war.
Noel tat so, als hätte er sich den Knöchel verstaucht, und humpelte um die Menge herum, wobei sein Mißgeschick ihm einen Vorwand lieferte, sich vor Schmerzen verkrümmt zu bewegen. Jetzt konnte der Mann ihn unmöglich sehen.
Noel hatte die Rückseite des Gebäckstandes erreicht, war höchstens noch zehn Meter von ihm entfernt. Er beobachtete den Mann scharf. Er hatte etwas Primitives an sich, wie er reglos so dastand und aß und sich hin und wieder streckte, um sich zu vergewissern, daß diejenigen, die er beobachtete, ihm nicht aus den Augen gerieten. Holcroft kam es vor, als beobachtete er ein Raubtier. Er konnte seine Augen nicht sehen, aber er wußte, daß sie kalt und wachsam sein mußten. Die Vorstellung versetzte ihn in Zorn, und durch seinen Kopf schössen Bilder eines solchen Mannes, der hinter einem Fahrer saß, dem Fahrer vielleicht eine Pistole an den Kopf hielt und darauf wartete, daß Richard Holcroft auf einem Trottoir in New York erschien. Der Gedanke an solches eiskaltes, tödliches Vorgehen machte ihn rasend.
Noel stürzte sich in die Menge, seine rechte Hand hielt die Pistole in der Tasche umfaßt, die Linke hatte er vor sich ausgestreckt, die Finger starr. Wenn Noel ihn berührte, wäre das eine Berührung, die der hellhaarige Mann nicht mehr vergäße.
Plötzlich war sein Weg versperrt. Versperrt! Während er die
Schultern eines Mannes und einer Frau vor sich auseinanderschob, verstellte ihm eine dritte Gestalt den Weg, drängte sich vor ihn, das Gesicht abgewandt. Man hielt ihn ganz bewußt auf!
»Aus dem Weg! Verdammt, loslassen!«
Er konnte erkennen, daß seine Rufe oder sein Englisch, vielleicht auch beides, den hellhaarigen
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