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Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Titel: Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Lektionen, die er in dem Konsulat in New York gelernt hatte. Man muß Lügen
immer auf einer Teilwahrheit aufbauen . Die Familie von Tiebolt hatte Verwandte in den Vereinigten Staaten, lautete die Lüge. Leute, die in den zwanziger und dreißiger Jahren nach Amerika eingewandert waren. Die meisten waren inzwischen gestorben, und es ging um ein großes Vermögen. Die Beamten des Ministério do Imigração würden ihm doch sicherlich bei der Suche nach den Erben behilflich sein. Es war durchaus möglich, daß die von Tiebolts sich erkenntlich zeigen würden. Und er als der Mittelsmann werde gern dafür sorgen, daß sie von der Unterstützung erfuhren, die ihm hier zuteil geworden war.
    Akten wurden gewälzt, Hunderte von Fotokopien aus einer anderen Zeit hervorgeholt. Verblaßte, angestaubte Kopien von Dokumenten, von denen viele offenkundig gefälscht waren, erworben in Bern und Zürich und Lissabon. Pässe.
    Aber es gab keine Unterlagen, die Hinweise auf die von Tiebolts enthielten, keine Beschreibung einer schwangeren Frau mit zwei Kindern, die im Juni oder Juli 1945 in Rio eingereist war. Zumindest keine, die der Frau Wilhelm von Tiebolts ähnelte. Es gab schwangere Frauen, selbst schwangere Frauen mit Kindern, aber keine mit Kindern, die die von Tiebolts hätten sein können. Nach Manfredi war die Tochter, Gretchen, zwölf oder dreizehn Jahre alt, der Sohn, Johann, zehn. Alle Frauen, die in jenen Wochen nach Brasilien eingereist waren, kamen entweder in Begleitung ihres Ehemannes oder eines als Ehemann Ausgegebenen. Und wo Kinder dabei waren, war keines — kein einziges — älter als sieben Jahre.
    Holcroft kam das nicht nur ungewöhnlich, sondern unmöglich vor. Er starrte die Blätter mit der verblaßten Tinte an, die oft unleserlichen Eintragungen, die jetzt dreißig Jahre zurücklagen.
    Irgend etwas stimmte hier nicht; sein Architektenblick war nicht zufrieden. Er hatte das Gefühl, Bauzeichnungen vor sich zu haben, die winzige Änderungen aufwiesen — so geschickt radiert und ausgebessert, daß der Gesamteindruck nicht beeinträchtigt wurde. Ausradiert und ausgebessert. Chemisch ausradiert und dann nachgebessert. Das war es, was ihn störte! Die Geburtsdaten! Seite für Seite mit sorgfältig veränderten Ziffern! Aus einer 3 wurde eine 8, aus einer 1 eine 9, aus
einer 2 eine 0. Immer so, daß der Schwung erhalten blieb, eine Linie nachgezogen oder eine 0 hinzugefügt werden konnte. Seite für Seite hatte man in den Akten des Juni und des Juli 1945 die Geburtsdaten aller nach Brasilien eingereisten Kinder so geändert, daß keines vor 1938 geboren war!
    Das Ganze war ein mühsames, aber wohldurchdachtes Verfahren. Entscheidend war, die Suche gleich am Anfang im Keim zu ersticken, und dies auf eine Art und Weise zu bewirken, die keinerlei Verdacht erweckte. Kleine Ziffern, die sorgsam — wenn auch hastig — von Einwanderungsbeamten vor über dreißig Jahren eingetragen waren. Protokolliert aus Dokumenten, von denen die meisten inzwischen schon lange vernichtet worden sein dürften, weil sie falsch waren. Es gab keine Möglichkeit mehr, die Richtigkeit zu bestätigen oder zu leugnen. Das hatten die Länge der Zeit und eine Verschwörung unmöglich gemacht. Natürlich gab es niemanden, der den von Tiebolts glich! Mein Gott, was für ein Täuschungsmanöver!
    Noel holte sein Feuerzeug heraus; die Flamme sollte Licht auf ein Blatt werfen, wo sein Auge ihm winzige Änderungen verraten hatte.
    » Senhor ! Das ist verboten!« Der Dolmetscher sprach in seiner Erregung mit lauter Stimme. »Diese alten Blätter fangen leicht Feuer. Wir dürfen das nicht riskieren.«
    Holcroft begriff. Das erklärte das unzulängliche Licht und die fensterlose Kammer. »Ich glaube Ihnen, daß Sie das nicht dürfen«, sagte er und klappte sein Feuerzeug zu. »Und ich nehme an, man darf diese Akten auch nicht aus diesem Raum herausholen?«
    »Nein, Senhor.«
    »Und es gibt natürlich auch keine zusätzlichen Lampen, und Sie haben auch keine Taschenlampe. Stimmt das?«
    » Senhor «, unterbrach der Dolmetscher, dessen Stimme jetzt höflich, ja beinahe unterwürfig klang. »Wir haben beinahe drei Stunden mit Ihnen verbracht. Wir haben uns große Mühe gegeben, Sie zu unterstützen. Aber, wie Sie sicher wissen, haben wir auch noch andere Aufgaben. Wenn Sie also fertig sind...«

    »Dafür haben Sie ja bereits gesorgt, ehe ich anfing«, unterbrach ihn Holcroft. »Ja, ich bin fertig. Hier.«
     
    Er trat in das helle Licht der

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