Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Himmels willen, hinderte sie daran, Brasilien zu verlassen? Es war ja nicht so, daß ihnen die Flughäfen oder die Piers der Ozeandampfer verschlossen gewesen wären. Er glaubte, was sie gesagt hatten, aber es gab zu viele elementare Fragen, die noch nach Antwort verlangten. Und so sehr er sich auch bemühte, den Gedanken zu unterdrükken, an den Cararras war doch irgend etwas Unechtes. Aber was?
Noel schenkte sich einen Drink ein und griff nach dem Telefon. Er hatte einen Namen und einen Arbeitsplatz: John Tennyson; The Guardian . Zeitungsredaktionen schlossen nicht, wenn der Tag zu Ende war. In wenigen Augenblicken würde er wissen, ob das, was die Cararras ihm gesagt hatten, stimmte. Wenn es einen John Tennyson gab, der für den Guardian schrieb, dann war Johann von Tiebolt gefunden.
Und dann bestand nach dem Genfer Dokument der nächste Schritt darin, daß John Tennyson ihn zu seiner Schwester Gretchen Beaumont führte, Frau von Commander Beaumont in der Royal Navy. Sie war die Person, die er aufsuchen mußte; sie war das älteste überlebende Kind von Wilhelm von Tiebolt. Der Schlüssel.
»Tut mir schrecklich leid, Mr. Holcroft«, sagte die höfliche Stimme am Telefon der Nachrichtenredaktion des Guardian ,
»aber wir dürfen leider die Adressen oder Telefonnummern unserer Journalisten nicht bekanntgeben.«
»Aber John Tennyson ist doch für Sie tätig.« Das war keine Frage; der Mann hatte bereits erklärt, daß Tennyson sich nicht in der Londoner Redaktion aufhielt. Holcroft wollte nur eine konkrete Bestätigung.
»Mr. Tennyson ist einer unserer Mitarbeiter auf dem Kontinent. «
»Wie kann ich ihm eine Nachricht zukommen lassen? Sofort. Es ist dringend.«
Der Mann in der Redaktion schien zu zögern. »Das wäre, glaube ich, schwierig. Mr. Tennyson ist sehr viel unterwegs.«
»Kommen Sie schon, ich kann jetzt hinuntergehen, mir Ihre Zeitung kaufen und nachsehen, von wo er zur Zeit berichtet. «
»Ja, natürlich. Nur daß Mr. Tennyson seine Artikel nicht mit Namen zeichnet. Nicht die täglichen Berichte, nur größere Arbeiten ... «
»Wie treten Sie denn mit ihm in Verbindung, wenn Sie ihn brauchen?« unterbrach ihn Holcroft, der überzeugt war, daß der Mann sich nur spreizte.
Wieder ein Zögern, dann ein Räuspern. Warum? »Nun... es gibt da eine Nachrichtenzentrale. Es könnte einige Tage dauern.«
»So lange kann ich nicht warten. Ich muß ihn sofort erreichen. « Das darauffolgende Schweigen war zum Wahnsinnigwerden. Der Mann im Guardian hatte nicht die Absicht, ihm einen Weg anzubieten. Noel versuchte es mit einem anderen Trick. »Hören Sie, ich sollte das wahrscheinlich nicht sagen... es ist eine vertrauliche Angelegenheit... aber es geht um Geld. Mr. Tennyson und sein Familie haben eine Erbschaft gemacht.«
»Mir war nicht bewußt, daß er verheiratet ist.«
»Ich meine seine Familie. Er und seine beiden Schwestern. Kennen Sie sie? Wissen Sie, ob die Schwestern in London leben?«
»Ich weiß über Mr. Tennysons Privatleben gar nichts, Sir. Ich empfehle Ihnen, sich mit einem Anwalt ins Benehmen zu setzen.«
Und dann legte er einfach auf.
Verwirrt ließ Holcroft den Hörer auf die Gabel fallen. Warum wollte man ihm nicht weiterhelfen? Er hatte sich mit Namen gemeldet, die Adresse seines Hotels genannt, und einige Augenblicke lang schien der Mann im Guardian ihm auch zuzuhören, als überlegte er sich eine hilfreiche Antwort. Aber dann war nichts gekommen. Und plötzlich hatte der Mann das Gespräch beendet. Es war alles sehr seltsam.
Das Telefon klingelte. Das verwirrte ihn noch mehr. Niemand wußte, daß er sich in diesem Hotel befand. Auf dem Einreiseformular, das er im Flugzeug ausgefüllt hatte, hatte er absichtlich das Dorchester als seine Londoner Adresse angegeben, nicht das Belgravia Arms, wo er wohnte. Er wollte nicht, daß irgend jemand - besonders nicht jemand aus Rio de Janeiro — seinen Aufenthaltsort ausfindig machen konnte. Er nahm den Hörer ab und versuchte, seine Magenschmerzen zu verdrängen, während er sich meldete.
»Mr. Holcroft, hier ist der Empfang. Wir haben gerade erfahren, daß Ihr Obstkorb nicht rechtzeitig geliefert worden ist. Es tut uns schrecklich leid. Werden Sie noch eine Weile in Ihrem Zimmer sein?«
Du liebe Güte, dachte Noel, da lagen Millionen und Abermillionen Dollar in Genf auf Abruf bereit, und der Mann am Empfang machte sich Sorgen wegen eines Körbchens mit Obst. »Ja, ich bin hier.«
»Sehr wohl, Sir. Der Steward wird in Kürze
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