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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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sie reagieren zu können. Sie hatte der Telefonistin in der Zentrale nur mitgeteilt, daß jemand mit dem Messer verletzt worden war und daß sofort eine Ambulanz kommen sollte und die Polizei. Dann hatte sie aufgelegt und nicht mehr aufgehört zu kreischen, selbst als die Polizei längst da, war.
    Martin Welborn konnte sich noch gut daran erinnern, worüber er und Al gerade redeten, als die Nachricht kam. Sie hatten darüber diskutiert, daß Paula einverstanden war, die Scheidung nicht einzureichen und somit auch seine Ehefrau und Erbin zu bleiben, soweit es das Department anging. Er war bereit, ihr weit mehr zu zahlen, als sie nach der gesetzlichen Unterhaltspflicht zu beanspruchen hatte. Eine Ehe war nicht tot ohne einen amtlichen Stempel. Nicht in den Augen der Menschen. Gott war sowieso längst aus dem Spiel. Aber ein bitterer Anruf von Paula, sie wolle noch mehr Geld haben, hatte ihm eine entsetzliche Nacht bereitet. Martin Welborn hatte kein Auge zugetan. Immer wieder hatte er sich traurige und glückliche und verletzende Szenen ins Gedächtnis zurückgerufen. Meistens hatte er an seine beiden Töchter gedacht, Sally und Babs. Al Mackey hatte das schon zweimal mitgemacht und gesagt, beim zweiten Mal war's nicht leichter. Al sagte, sie wären statistische Nummern in einem scheidungsverseuchten Beruf, in einer scheidungsverseuchten Stadt, in einem scheidungsverseuchten Land.
    Vielleicht, wenn Paula nicht in der Nacht zuvor angerufen hätte. Das hatte ihn sowohl körperlich als auch seelisch erschöpft. Er war nicht in der Verfassung, die Begegnung mit Danny Meadows verkraften zu können.
    Vielleicht, wenn die Nachricht über Sprechfunk nicht ausgerechnet in diesem Moment gekommen wäre. Zwei Minuten später wären sie schon wieder zurück auf dem Revier gewesen. Das Verbrechen war nicht mal in ihrem Gebiet verübt worden. Man hätte es anderen Detectives gegeben. Martin Welborn erinnerte sich Wort für Wort an das, was er gesagt hatte, als Al Mackey gefragt hatte, ob er hinfahren sollte, weil es ganz in der Nähe war. Er hatte gesagt »Ich bin müde, Al. Mach, was du willst. « Die Worte waren jetzt noch so scharfkantig wie die Nadelspuren bei einer Stahlgravierung. Er erinnerte sich präzise. Was wäre gewesen, wenn er den letzten Teil seines Satzes weggelassen hätte? Al Mackey wäre mit einem Achselzucken zur Dienststelle gefahren, und Danny Meadows wäre nie zu einem erbarmungslosen kleinen Gespenst geworden, das nachts aufstand, um Martin Welborn zu quälen.
    Captain Woofer und Al Mackey starrten ihn an. Al Mackey sah sehr beunruhigt aus.
    »Ich fragte, ob Sie sich okay fühlen, Welborn«, sagte Captain Woofer. »Sie schwitzen und zittern wie ne Kuh beim Gewitter. Haben Sie die Grippe?«
    »Offenbar kriegt er sie gerade«, sagte Al Mackey schnell. »Ich hab's ihm schon heute morgen auf dem Weg zum Dienst angesehen. Geh doch 'n bißchen vor die Tür, Marty, schnapp mal frische Luft. Wenn du dich nicht gut fühlst, meld dich lieber krank.«
    Martin Welborn starrte beide einen Moment an und konzentrierte sich dann auf Al Mackeys hageres Gesicht.
    »Ich sagte, mach 'n Spaziergang und schnapp frische Luft, Marty«, wiederholte Al Mackey.
    Martin Welborn nickte, stand auf und verließ das Büro des Captains. Er sah sich eine Weile um und verließ dann den Mannschaftsraum.
    »Ihr Partner ist etwas wacklig auf den Beinen«, sagte Captain Woofer, während er seine Bruyere-Pfeife zum drittenmal anzündete.
    »Muß doch wohl Grippe sein«, sagte Al Mackey. »Außerdem hat er sich gerade von seiner Frau getrennt.«
    »Haben wir das nicht schon alle durchgemacht?« Captain Woofer winkte ab. »Wenn ich für jeden geschiedenen Cop einen Dollar kriegen würde, hätt ich mich schon zehn Jahre früher zurückziehen können, statt meine Gesundheit zu ruinieren, bloß, um dreißig Jahre vollzukriegen.«
    »Vielleicht schuftet Marty zu viel. Vielleicht …«
    »Er sollte mal Urlaub machen.« Captain Woofer nickte. »Sofort, nachdem Sie beide den Nigel-St.-Claire-Mord geklärt haben.«
    »Vielleicht sollt er den Urlaub jetzt machen, Cap.«
    »Nein, hinterher. Er hat Ärger, Sie haben Ärger, ich hab Ärger. Es ist nun mal ne ärgerliche Welt.« Plötzlich sah der Captain gar nicht mehr so alt aus. Er lächelte, als die Pfeife endlich brannte.
    Und Al Mackey kam wieder mal zu dem Schluß, daß Einpeitscher Woofer wirklich die gerissenen Reptilienaugen eines ausgekochten Eiertreters hatte. Der Detective seufzte und sagte: »Sie

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