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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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gelesen?« fragte Sheraman.
    »Ja.« Ich hörte, wie heiser meine Stimme klang.
    »Ich fürchte, daß wir mit einer gleichen Erscheinung hier im
    Bushman's Cliff rechnen müssen. Und zwar genau jetzt – wo quasi alle führenden Köpfe des Landes zur Feier unseres Jubiläums eingetroffen sind. Dazu natürlich eine Menge von Presseleuten. Sie müs-
    sen verhindern, Herr Helm, daß das geschieht.«
    »Und wie soll ich das tun? Meines Wissens genügen ein paar
    Cholerabakterien im Trinkwasser, um eine ganze Epidemie auszu-
    lösen.«
    »Es stehen Ihnen alle nur denkbaren Mittel zur Verfügung …«
    Ich brauchte nicht lange nachzudenken, was es bedeuten würde,
    wenn einmal bekannt wäre, daß in den Sheraman-Hotels Cholera
    aufgetreten war. Die Aktien würden ins Bodenlose fallen, und je-
    mand, der daran interessiert war, würde die ganze Kette für den be-rühmten ›Apfel und ein Ei‹ aufkaufen können.
    »Ich habe nur eine Bitte«, sagte ich. »Unter diesen Umständen –«
    »Miß Jinny ist natürlich mein Gast.« Sheraman lächelte sanft. Er
    konnte wahrhaftig Gedanken lesen.
    »George wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen, Miß Jinny.« Ein weißhaa-
    riger Zulu erschien und führte Jinny fort.
    »Ich brauche ein Telefon«, sagte ich. »Hier.«
    »Die Bibliothek gehört Ihnen.«
    »Dazu die Liste aller Angestel ten des Hotels, mit Einstel ungsda-
    ten, Führungszeugnissen usw.«
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    »Liegt neben dem Dossier schon bereit.«
    »Wer ist der beste Chemiker in Ihrem Lande?«
    »Sir Walter. Ein Freund von mir.«
    »Wo erreiche ich ihn?«
    »Er ist schon hier.«
    Herein kam ein äußerst beleibter Mann, der ausgerechnet in blu-
    mige Bermudashorts gekleidet war; mir verschlug es den Atem.
    »Sir Walter, wodurch und durch was kann Cholera übertragen
    werden? Und bitte, lassen Sie auch nicht die ungewöhnlichste Mög-
    lichkeit aus.«
    Ich glaube, er ließ keine aus. Aber danach brauchte man bloß mal
    tief Luft zu holen und kriegte noch ein Dutzend Krankheiten gratis dazu.
    Sir Walter mochte ein Vielfraß sein, wie sich bald herausstel te, er mochte eine Vorliebe für schreiendbunte Farben haben, daß es einen schauderte, aber er war ein hervorragender Wissenschaftler.
    »Allerdings«, so sagte er, »haben wir es hier nicht mit der übli-
    chen Cholera zu tun. Wie sich aus unseren bisherigen insgesamt
    dreihundertundneunzig Laboruntersuchungen ergeben hat, handelt
    es sich hier um eine choleraähnliche Krankheit, die durch ein Gift ausgelöst wird. Dieses Gift gewannen früher die Buschmänner aus
    einer distelartigen Pflanze namens Moi-gi; in winzigen Dosen ge-
    nossen hat Moi-gi durchaus heilsame Wirkung, wie die meisten Gif-
    te. In größeren Dosen führt es unweigerlich mit den choleraähn-
    lichen Begleitumständen zum Tode. Da Moi-gi geruch- und ge-
    schmacklos ist, kann es mit jeder Nahrung und jedem Getränk dem
    menschlichen Körper zugeführt werden.«
    Auf meinen Vorschlag hin trafen zwei Stunden später von der
    Universität Kapstadt zwei Dutzend seiner besten Schüler ein.
    Daß George es schaffte, sie alle binnen einer halben Stunde in ta-
    del os sitzende Livreen, Uniformen, Smokings und was dergleichen
    mehr in einem Luxushotel vonnöten ist, einzukleiden, dafür ge-
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    bührt ihm höchstes Lob.
    Das Personal des Hotels erhöhte sich damit auf einen Schlag um
    vierundzwanzig Leute – aber bei einem Haus unserer Art fiel das ge-wiß nicht auf.
    Sir Walter bekam das weiße Rüstzeug eines Kochs verpaßt, und
    ich muß sagen, mit seiner hohen Mütze wirkte er doppelt impo-
    sant.
    Ich stieg in die graue Montur eines Installateurs.
    Vorher aber ging ich in Klausur – zum Swimmingpool.
    Ich weiß seit langem, daß ich auf dem Wasser treibend und den
    toten Mann spielend am besten nachdenken kann.
    Das tat ich nun, und mein Gedächtnis, das durch Ausbildung
    und Erfahrung darauf gedrillt ist, ließ jeden der anwesenden Eh-
    rengäste zum Jubiläum Revue passieren.
    Die meisten hatten wohltönende Namen und gehörten in aller
    Welt zu unseren Stammgästen. Dazu kam dann noch die Phalanx
    unserer Direktoren, die ja wohl als Giftmischer ausschieden; sie
    würden sich kaum ins eigene Fleisch schneiden. Was das Personal
    von Bushman's Cliff anging, so waren alle seit mehr als drei Jahren dort angestellt.
    Um Punkt sechs Uhr dieses Nachmittags waren wir Neuen, ins-
    gesamt sechsundzwanzig, Sir Walter und mich eingeschlossen, an
    unseren diversen Posten im Hotel verteilt, ausgerüstet mit einer
    chemischen Lösung,

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