Der Hoteldetektiv
wußte, ob es zärtlich oder spöttisch war.
»Da bin ich.«
»War's schön im Meer?«
»Lau.«
»Bist du mir immer noch böse?«
»Nein.«
Sie löste lächelnd das schwarze Haar, so daß es sie bis zur Taille einhüllte.
»Nun?«
»Nun?« fragte ich.
Sie kam zu mir und roch so frisch und süß, wie sie aussah.
Sie legte mir ganz langsam ihre Arme um den Hals, und ihre Au-
gen kamen mir so nahe, daß es war, als müßte ich darin ertrinken.
Sie waren von einem tiefen, klaren Blau und wie alles an ihr das
Schönste, was ich je bei einer Frau gesehen hatte.
»Ich muß mich anziehen und noch mal weg«, sagte ich.
»Und ich?«
»Ich kann dich nicht mitnehmen, Jinny.«
»Soll ich auf dich warten?«
Ich küßte sie auf den Mund und überließ ihr selbst die Schlüsse,
die sie daraus ziehen wollte.
Sie schaute mir beim Anziehen zu; ich war heilfroh, daß Beiruts
Sonne mich schon tief gebräunt und daß ich trotz meines immer
wachen Appetits auf orientalische Speisen kein Gramm zugenom-
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men hatte.
Jinny zupfte mir die Krawatte zurecht, biß sich auf die Lippen
und sagte: »Paß auf dich auf.«
Das Hotel Red Rock liegt auf kupferfarbenen Klippen in der Bucht von Beirut.
In neun Stockwerken gibt es hundertachtzig Betten. Luxusqualität.
Das Red Rock gehört zur Sheraman-Kette, und in der Rezeption ist ein schmales Paneel aus Lapislazuli angebracht mit sechs achtzehn-karätigen Goldsternen.
Jedesmal, wenn ich es sehe, kommt es mir überflüssig vor, denn
unsere Gäste gehören zu der Klasse, in der das Zahlen von Einkom-
mensteuer im höchsten Falle ein Ärgernis wie ein Mückenstich ist.
Wer von ihnen sollte sich da noch an unseren Preisen stören?
Was die Gäste im Red Rock suchen, wissen sie im voraus und erwarten es: absoluten Service, absolute Diskretion.
Wie Lady Brigg. Sie hielt mich in der Halle an.
»Junger Mann, auf unserer Etage herrscht wieder dieser unglaub-
liche Geruch!«
»Geruch, Lady Brigg?«
»Gestank«, sagte ihr Mann mit portweinschwerer Stimme und ließ
seine Zähne ein bißchen klappern.
»Ruhig, John-Paul. Habe ich dich etwas gefragt?«
»Nein, meine Liebe, mich fragst du nie etwas.« Überraschend wür-
devoll und aufrecht setzte er sich in Richtung des Gästeaufzugs in Bewegung.
»Ich bestehe darauf, daß Sie uns nach oben begleiten«, sagte Lady
Brigg, und ihre berühmten Diamanten sprühten Feuer an ihrem
siebzigjährigen, aber immer noch straffen Hals. »Schließlich sind
Sie doch Westmanns rechte Hand.«
»Die linke«, murmelte ich.
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»Also bitte!«
Was blieb mir anderes übrig? Ich fuhr hinauf, mit in den sechsten
Stock.
Es roch hier penetrant nach Haschisch.
»Was ist das?« fragte Lady Brigg, und ihre Augen schimmerten
ebenso eisig wie ihre Diamanten.
»Ein geschmackloses Parfum, meine Liebe«, ihr Mann steuerte sie
in ihr Apartment, und sie ließ es tatsächlich geschehen, ohne sich zu widersetzen.
Vor den Apartments 601 und 602 war der Geruch am stärksten,
und obwohl hier die Klimaanlage unentwegt surrte, war er nicht zu
vertreiben.
Vor den Türen hing das Schild ›Bitte nicht stören‹, was im Red Rock dem ersten Gebot gleichkommt.
Ich fuhr hinunter in Westmanns Büro und sah mir die Gästeliste
an. In 601 und 602 wohnten je ein Geschwisterpaar internationaler
Herkunft; mit wem ihre Eltern im einzelnen und zur Zeit verheira-
tet waren, ließ sich auf Anhieb nicht feststellen. Sowohl die beiden Schwestern wie auch die beiden Brüder waren noch minderjährig.
Genau wie Jasmin.
Ich mußte mit Westmann über das Mädchen sprechen.
Nielas, der Nachtportier, ein rothaariger Ire, sagte mir, daß unser Direktor im Copa Cabana sei.
Er trank einen Whisky an der Bar, sein Helm aus weißem Haar
leuchtete violett im Scheinwerferlicht, das den übrigen Raum in
Dunkelheit hielt.
Die italienische Band brachte mein Trommel- und Brustfell zum
Dröhnen, ich verstand überhaupt nicht, wie es jemand länger als
ein paar Minuten in unserer Bar und dem Nightclub aushalten
konnte. Aber die Libanesen lieben Bauchtanz, und der wurde ge-
rade von 150 Pfund weißhäutiger Rundungen vorgeführt.
»Einen Tee?« fragte Westmann und lächelte auf seine spöttische
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und ebenso kameradschaftliche Art, die ihn bei uns allen so beliebt machte. Er entstammte einer alten deutschen Hoteliersfamilie, und
nur ein Mann wie er konnte ein Luxushotel wie das Red Rock so führen, daß sich die Angestellten noch als Menschen fühlten; so
kannte er auch
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