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Der Hügel des Windes

Der Hügel des Windes

Titel: Der Hügel des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmine Abate
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aus Köpfen. Er schloss die Augen, schlug sie mühsamwieder auf. Fasste sich mit schmerzverzerrten Zügen ans Knie. Dann blieb sein Blick an Ninabellas Gesicht hängen, die ihm etwas zu trinken anbot, und er lächelte ihr so selig zu, als hätte er die Heilige Jungfrau selbst gesehen. Endlich wusste er, dass er glücklich gerettet war, diese Leute waren friedliche Zivilisten, vielleicht Bauern. Mit schwacher Stimme brachte er hervor: » My name is William Winton .«
    »Was sagt er?«, fragte Nonna Sofia, die ihn nicht gehört hatte.
    »Er hat seinen Namen genannt: William Winton«, erklärte Ninabella. Dann begann sie dem Piloten ihre Familie vorzustellen, in respektvoller Reihenfolge von alt nach jung, doch als sie gerade auf den Bruder zeigte, hielt sie inne, weil sie das lärmende Tuckern eines Motors hörten, das immer lauter wurde.
    »Schnell, versteckt ihn hinter den Heuballen«, befahl Arturo seiner Mutter und seiner Frau. Gefolgt von den Kindern, trat er vor die Tür.
    Es war ein Militärjeep, der erste auf dem Rossarco. Er hielt vor der Casella. Vier Soldaten stiegen aus, drei waren mit einem Gewehr bewaffnet, einer hielt eine Pistole in der Hand. Letzterer war es auch, der sich an sie wandte: »Wo englisch Flugzeug gestürzt? Feinde leben?« Er hatte einen deutschen Akzent und musste der Anführer der Patrouille sein, den Uniformfarben nach wohl ein Wehrmachtsoldat.
    »Es ist dort unten, das Flugzeug, zerschellt, in der Nähe der Schlucht. Es ist vor einer halben Stunde abgestürzt«, erwiderte Arturo.
    »Habt ihr auch die Besatzung gesehen?«, fragte einer der italienischen Soldaten.
    »Es war nur einer, der Pilot. Blutüberströmt, mehr tot alslebendig. Wir haben gesehen, wie er torkelnd aus dem Flugzeug gestiegen ist. Dann ist er verschwunden. Vielleicht ist er in die Schlucht gefallen oder hat sich ins Unterholz geschlagen, in Richtung Meer«, mischte sich Ninabella mit einer Geistesgegenwart ein, die Vater und Bruder überraschte.
    Die Soldaten liefen zum Flugzeug. Einer kletterte in die Kabine, und die anderen setzten sich auf die Fährte des englischen Feindes.
    Nach etwa einer Stunde sahen die Arcuris sie zurückkommen, verschwitzt und missmutig. Der Deutsche hielt Papiere aus der Flugzeugkabine in der Hand, die anderen sagten: »Als hätte er sich in Luft aufgelöst. Wir fahren jetzt mit dem Wagen die Straße nach Marina ab, vielleicht versucht er über sie zu fliehen.« Doch vorher wollten sie, unter dem Vorwand, einen Schluck Wasser zu trinken, noch die Hütte betreten, und fanden dort Sofia und Lina, die die größten Oliven aussortierten, um sie in Salzlake einzulegen.
    Als die Soldaten abfuhren, schob Arturo die Heuballen beiseite und sah William, der ausgestreckt auf Ninabellas Leinwänden lag und schlief.
    »Ich weiß nicht, wie wir ihn verstecken sollen, aber wir können ihn diesen Hundsföttern nicht ausliefern, dann machen wir uns zu ihren Komplizen«, sagte Arturo.
    »Aber wenn sie ihn entdecken, sind wir alle dran«, warf seine Frau ängstlich ein.
    »Dann lassen wir uns eben nicht erwischen. Der Rossarco ist groß genug und einsam gelegen. Vielleicht kommen die Soldaten noch einmal wieder, um alles genau abzusuchen. Danach werden sie uns in Ruhe lassen, und sobald der Engländer wieder gesund ist, kann er weiterfliegen, frei wie eine Schwalbe.«
    Die Kinder und die alte Mutter nickten zustimmend. Lina machte eine düstere Miene, sagte aber nichts.
    »Jetzt sammeln wir weiter Oliven, so als sei nichts gewesen. Wir verhalten uns ganz normal, wie immer. Und den armen Piloten lassen wir bis morgen in aller Ruhe schlafen.«

23
    Einige Teile des Hügels waren von der Küstenebene am Meer aus gut einsehbar und bei Fernsicht auch von Cirò und Spillace. »Auf diesen Kuppen hier darfst du nicht einmal deine Nasenspitze sehen lassen«, hatte Arturo William erklärt und seine Worte mit beredten Gesten begleitet. Der Engländer hatte sofort begriffen und lächelnd genickt.
    Wie vorhergesagt, waren die Faschisten am nächsten Tag erneut auf dem Rossarco aufgetaucht, diesmal mit zwei Jeeps. Einige hatten den Steineichenwald durchkämmt und waren zum Flussbett der Fiumara hinabgestiegen, um bis zu ihrer Mündung die Steine nach möglichen Blutspuren abzusuchen, andere hantierten an dem über der Timpalea hängenden Flugzeug herum.
    Arturo hatte die Tür der Casella absichtlich weit offen gelassen, um keinen Verdacht zu erregen, und nur ein Soldat hatte kurz hineingeschaut, mehr aus Gründlichkeit

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