Der Hügel des Windes
verstärkt: Wie verrückt vor Glück tschilpten sie und flogen tiefe Schleifen, als lärmten und tobten sie mit den schreienden Kindern um die Wette, die auf der Piazza Fangen spielten.
Mein Vater zeigte auf das neue Rathaus, das aus einem Flügel von Don Licos herrschaftlichem Palazzo entstanden war, den er an die Verwaltung von Spillace hatte abtreten müssen: Jahrzehntelang hatte er keine einzige Lira Gemeindesteuern gezahlt und musste nun zweiundvierzig Millionen nachzahlen, die zum Teil durch die Abgabe der Immobilie, zum Teil durch die ihm für die Bodenenteignung zustehende Entschädigung abgegolten wurden. »Und es gibt auch ein Kino, zahlreiche Fernseher, seht Ihr die vielen Antennen? Wir haben Elektrizität, Wasser und Toiletten in jedem Haus. Und zehn volle Schulklassen, die Kinder, die hier spielen, kommen in unsere Schule, und nach der Grundschule werden sie nach Strongoli auf die weiterführende Schule gehen und dann noch weiter nach Crotone«, schloss mein Vater stolz.
Umberto Zanotti-Bianco lächelte: »Ich sehe, ich sehe: das Dorf hat sich verändert in den letzten Jahren.« Er hatte Augen von betörendem Blau. Ich sah ihn an, und er antwortete mit einem Blick, der plötzlich melancholisch wurde. Oder wahrhaft weitsichtig, wie meine Mutter mir viele Jahre später in Bezug auf diese Szene sagen sollte: Umberto sah dieselben neuen Häuser in der Zukunft, sah den Muff der Verlassenheit, die verrosteten Eisenstangen der Stützpfeiler, die sinnlos in den schwalbenlosen Himmel aufragten, und alldie Kinder, mich eingeschlossen, all die vitale Energie, wer weiß wohin verstreut.
Eines Nachmittags vor Ausgrabungsbeginn klopften zwei Männer an unsere Haustür. Mammalì bat sie herein, ohne zu wissen, wer sie waren, immerhin hatten sie höflich gefragt: »Wohnt hier der Lehrer Michelangelo Arcuri?« Sie waren gut gekleidet, sogar mit Schlips. Sie wirkten wie anständige Christenmenschen.
Mammalì führte sie ins Wohnzimmer, wo mein Vater die Aufsätze seiner Schüler korrigierte, während meine Mutter einen Stapel Kopien von Paolo Orsis Notizen zu den Ausgrabungen auf dem Rossarco sortierte. Ich saß an einer Ecke des Tisches und musste meine Hausaufgaben beenden, bevor ich spielen gehen durfte.
Die Fremden stellten sich vor und gaben allen die Hand, auch mir. Dann sprach der älteste: »Wir sind hier, um Euch eine gute Nachricht zu überbringen: Auf dem unteren Teil Eures Hügels wird eine Ferienanlage für Touristen entstehen mit Tennisplatz, Schwimmbad und Diskothek.«
»Was?«, erwiderte mein Vater ungläubig, als hätte er sich verhört.
»Kein Anlass zur Sorge, Signor Arcuri. Das ist ein seriöses Unternehmen, wenn ich mal die Pläne zeigen darf«, mischte sich der andere Fremde ein und entrollte auf dem Tisch ein langes Blatt, das er seitlich mit meinen Heften beschwerte. »Wie Ihr seht, wird es eine imposante Anlage. Der Ort ist wunderschön, nur wenige Meter vom Meer entfernt, unsere Touristen erreichen ihn über eine Straße, die unter der Eisenbahnlinie und der Bundesstraße 106 hindurchführen wird.«
Meine Mutter, die ihren Ohren nicht traute, musterte sie angriffslustig.
»Das an Eures angrenzende Gelände haben wir ohne Probleme erstanden, und zwar wohlgemerkt nicht als Agrarland, sondern als Bauland. Kurz, ein gutes Geschäft für die Besitzer, Don Licos Kinder, die Ihr gut kennt. Nun möchten wir Euch dasselbe anbieten.«
Auf dem Plan waren Dutzende zweistöckige Häuschen eingezeichnet, ein paar einzelne Bäume, Parkplätze, drei Tennisplätze, gesäumt von hingekritzelten Büschen, ein blaues Schwimmbecken in Form einer langgezogenen Acht. Es sah aus wie ein Miniaturdorf, sauber und ordentlich. Mir gefiel es. Mein Vater dagegen würdigte es keines Blickes. Er sagte in freundlichem Ton: »Ich danke Ihnen für das Angebot, aber der Rossarco steht nicht zum Verkauf. Das habe ich meinem Vater versprochen. Er ist sogar ins Exil gegangen, um ihn zu behalten.«
Die Fremden verzogen überrascht das Gesicht: »Das wissen wir, aber wir sind nicht Don Lico, wir wollen ihn nicht stehlen. Vielleicht haben wir uns nicht deutlich genug ausgedrückt: Euch winkt ein Geschäft von vielen Millionen Lire, und auf dem Teil, der uns interessiert, stehen grob geschätzt zwanzig Bäume und ein struppiger Weingarten. Das ist nicht unbedingt gutes Terrain für die Landwirtschaft, das wisst Ihr.«
»Was Sie sagen, ist völlig richtig, aber wir sind nicht interessiert. Mein Mann hat Ihnen klar und deutlich
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