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Der Hügel des Windes

Der Hügel des Windes

Titel: Der Hügel des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmine Abate
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gesagt, dass er nicht verkaufen will«, mischte sich nun zum ersten Mal meine Mutter mit aggressiverem Unterton ein.
    »Hört zu, Dottoressa, denkt gut darüber nach. Wenn Ihr mit Euren Ausgrabungen auf irgendwelche antiken Überbleibselstoßt, müsst Ihr den Hügel für ein paar Lire an den Staat abtreten ...«
    Mein Vater zuckte zusammen. »Woher wisst Ihr von den Ausgrabungen?«, fragte er hellhörig.
    »Wir wissen noch viel mehr. Wir bitten Euch doch nur darum, uns den unfruchtbarsten Teil des Rossarco zu verkaufen, praktisch die Hälfte des Piloru, und das zu einem für Euch vorteilhaften Preis. Ganz abgesehen davon, dass der Rest Eures Eigentums durch unsere Ferienanlage an Wert gewinnt«, erwiderte der Ältere, dem allmählich der Geduldsfaden riss.
    »Aber dieses Areal ist kein Bauland, Ihr dürft dort gar nichts hinstellen.« Auch mein Vater hatte langsam genug.
    »Wenn es das nicht ist, wird es das bald sein. Diese Kleinigkeit wird uns nicht aufhalten!«, gab der Jüngere überzeugt zurück.
    Mammalì, die bis jetzt aus dem Hintergrund zugehört hatte, fragte die beiden Männer, was sie trinken wollten, und kaum hatten die sie mit einem »Gar nichts, Signora« abgefertigt, weil sie schnell die Diskussion weiterführen wollten, komplimentierte sie sie kurzerhand mit wattiertem Lächeln und dem liebenswürdig-drohenden Ratschlag aus dem Haus: »Michelangelo ist ein noch größerer Sturkopf als sein Vater, härter als ein Fiumara-Stein. Wenn er nein sagt, heißt das nein. Ihr seid Ehrenmänner, das sieht man Euch an, beharrt nicht weiter darauf, Ihr vergeudet nur Eure Zeit. Um unser Land zu behalten, hat sein Vater fast fünf Jahre in der Verbannung verbracht, der Sohn würde für zehn ins Gefängnis gehen, lasst es Euch von der gesagt sein, die ihn auf den Süßkleeblüten des Rossarco zur Welt gebracht hat, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
    Sie verstanden sehr gut, und ich auch.
    Später am Tag spielte mein Vater gegen die allgemeine Übellaunigkeit auf der Chitarra battente. Ich saß ihm gegenüber und betrachtete wie hypnotisiert die schnellen Schwingungen der fünf Saiten, die bunte Papierrosette um das Schallloch, das Streicheln und Schlagen der Finger auf dem Resonanzkörper. Mein Vater lächelte mir zu: »Wenn du auf die höhere Schule gehst, bringe ich dir bei, sie zu spielen. Das ist nicht schwierig. Man braucht nur Leidenschaft und Köpfchen, wie bei allen Dingen.«
    Drei Tage später, mit Ferienbeginn, starteten die Ausgrabungen.

34
    Anfangs stritten sie über alles, sogar wo und wie gegraben werden sollte. Meine Mutter sagte: »Bis zum Beweis des Gegenteils bin immer noch ich die Expertin und leite die Arbeiten, schließlich habe ich die Finanzmittel bekommen und werde die Grabungen an Paolo Orsis Hypothesen ausrichten.« Mein Vater brüllte: »Wenn du erlaubst, dieses Land gehört immer noch mir, ich kenne es wie meine Westentasche, jeder Winkel, jeder Stein, jede Geschichte hier ist mir vertraut. Und im Gegensatz zu dir habe ich Paolo Orsi persönlich getroffen. Ich hätte dir niemals die Erlaubnis geben dürfen zu graben.«
    Sie lachte wutentbrannt, und er schickte sie zum Teufel und kam zu mir, um sich zu beruhigen. Sie waren wie zwei ungezogene Kinder, den Kopf voller Flausen. Unerträglich. Ich schämte mich vor den sechzehn Leuten, die mit Begeisterung am Projekt Krimisa teilnahmen, Studenten, Kollegen, langjährige Mitarbeiter meiner Mutter: Sie arbeiteten konzentriert, mit gesenkten Köpfen in einem Umkreis von fünfzig Metern, ihnen konnten die Streitereien und gegenseitigen Beleidigungen nicht entgehen.
    Ich war so wütend! Ich hätte im Vullo der Fiumara baden können oder zum ersten Mal dieses Jahr im Meer, es war Juni und sommerlich warm, von dort oben sah man die Kinder am Strand von Punta Alice. Leider hatte mein Vater darauf bestanden, dass ich bei der neuen Ausgrabungskampagnedabei war: »Du wirst sehen, das macht Spaß und ist außerdem lehrreich. Deiner Mutter liegt viel daran, auch wenn sie dich aus Stolz niemals darum bitten würde.«
    Aus Pflichtgefühl meinen Eltern gegenüber hatte ich eingewilligt. Ich fühlte mich erwachsen, ich würde in die fünfte Grundschulklasse kommen und liebte es, überall querzuschießen, doch meinem Vater konnte ich einfach nichts abschlagen.
    Er setzte seine Grabungen wenige Schritte von mir entfernt fort, auf dem Stück, das meine Mutter ihm zugeteilt hatte. »Ich mag ja ein sturköpfiger Arcuri sein, wie deine Nonna immer sagt, aber die

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