Der Hügel des Windes
sinnlosen Graberei? Da ist ohnehin nichts zu holen, glaubt es uns. Ihr vergeudet Zeit und Geld.«
»Und ihr könnt nicht einfach in unser Haus kommen, um Vorträge zu halten und uns das alte, unverschämte Angebot erneut aufzutischen. Wir werden unsere Meinung niemals ändern.«
»Niemals! Was für ein hässliches Wort, Maestro Arcuri. Überlegt es Euch gut. Wir kommen wieder.« Und sie entfernten sich mit einer herzlichen Verabschiedung.
Am nächsten Tag waren wir so ruhig und ganz in die Grabungsarbeiten vertieft, dass wir die gefällten Bäume zuerst gar nicht bemerkten. Mein Vater zählte durch: Es waren achtzehn an der Zahl, darunter kümmerliche Feigenbäume, Granatapfel- und Olivenbäume, von letzteren fünf hundertjährige, alle am Hang des Piloru, wo gegraben wurde. Dann suchte er mit nervösen Schritten den ganzen Hügel ab.
Zum Glück hatten sie keine anderen Pflanzen angerührt, und auch der Weinberg war unversehrt, erzählte er uns bei seiner Rückkehr.
Meine Mutter sah ihn enttäuscht und verbittert an, als sei er schuld an dem, was passiert war.
Mein Vater verstand den Blick auf seine Art: Er nahm das Auto und fuhr zu den Carabinieri nach Marina, um Anzeigegegen Unbekannt zu erstatten, auch wenn er sich denken konnte, wer dahintersteckte.
Für ein paar Tage verstummte der Baggerlärm. Eines Abends, bevor wir nach Hause gingen, suchten wir die schweigende Baustelle auf. Von der Bundesstraße aus konnte man das ganze staubige Areal überblicken. Der Schnitt, der sich direkt an unserer dornigen Ginsterhecke rund drei Meter tief ins Erdreich grub, verlief über fast die gesamte Länge des Hügels. Mit der Ebene bildete er ein Rechteck. Er sah aus wie eine frische, rostfarbene Wunde.
Wir hielten mit dem Auto mitten auf dem Gelände, meine Mutter lief es zu Fuß ab, jeden Quadratmeter begutachtend und mit der Hand den Aushub betastend. »Nichts, keine Spuren von antiken Überresten. Es sei denn, diese Halunken haben sie eingegraben oder mit ihren Lastern in wer weiß welche Felsspalten gekippt.«
Vom nächsten Morgen an setzte meine Mutter die Ausgrabungen mit einer Euphorie fort, die mir übertrieben vorkam. Sorgfältig säuberte sie alle Terrakottafunde, die kleinen Silberklingen, die so fein und schlecht erhalten waren, dass sie unter den Fingern zerfielen, die geköpften oder amputierten Bronzestatuen. Sie lagerte das Material in der Hütte und machte sich seitenlang Notizen in große blaue Hefte.
Ich langweilte mich und schwitzte unter der sengenden Sonne, ich war mittlerweile gebräunter als meine Spielgefährten, die von morgens bis abends unbeschwert durch die Becken der Fiumaren rund um das Dorf planschten. Wie ich sie beneidete! Manchmal schützte ich, um mich ihnen anschließen zu können und der nervigen Schürferei zu entgehen, schlimme Bauch- oder Kopfschmerzen vor.
Am nächsten Tag weckte mein Vater mich bei Morgengrauenund rief mich zur Pflicht: »Du musst kommen, Schätzchen, deine Mutter möchte es so sehr.« In Wirklichkeit war er es, der meine Gesellschaft suchte, denn meine Mutter ließ ihn links liegen, behandelte ihn höchstens wie einen der ungeschickten Studenten, die nur dabei waren, um ihren Professoren zu gefallen.
Und doch wollte die Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet mein Vater die interessantesten Fundstücke der archäologischen Grabung zum Vorschein brachte: eine Rüstung mit zwei Seitenlöchern, die auf den ersten Blick wie der verrostete Deckel eines Ölfasses aussah, und ein rechteckiges Metallstück von etwa dreißig Zentimeter Länge. Sie lagen ungefähr einen halben Meter tief, dicht beieinander.
Meine Mutter war sofort herbeigelaufen. »Das sind Teile einer Rüstung, wahrscheinlich gibt es in der Nähe noch mehr davon«, sagte sie und grub schon wieder fieberhaft mit uns weiter.
Ich war aufgeregt, und beim Graben betete ich zum heiligen Antonius, dass ich ein wertvolles Rüstungsteil finden möge.
Eine Stunde später zog mein Vater einen kleinen Bogen und drei Silberpfeile aus dem Boden. Der heilige Antonius hatte mein Gebet nicht erhört, sondern noch mehr getan, zumindest nach Ansicht meiner Mutter, die begeistert wiederholte: »Außergewöhnlich, ich glaube, wir haben es.« Dann küsste sie meinen Vater auf die Stirn, sagte: »Heute ist das Glück auf deiner Seite«, und schloss sich mit den Funden in der Casella ein, um sie zu säubern und zu betutteln wie Wesen aus Fleisch und Blut.
Leider stießen wir bis zum Ende der Ausgrabungen weder auf
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