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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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Schon lange nichts mehr von Ihnen gehört. Geht es Ihnen gut?“ 
    „ Ja, danke. Ihnen auch?“ 
    „ Ich kann nicht klagen.“ 
    „ Das ist gut.“ 
    „ Ja, nicht wahr? Aber wie kann ich Ihnen helfen? Oper, Musical, Operette?“ 
    „ Etwas Experimentelles. 
    „ Etwas Experimentelles?“ 
    „ Und eine ganze Menge davon.“ Mit einer gewissen Genugtuung stellte Fleischer fest, dass seine Stimme, trotz der gewaltigen Flecken, die sein kalter Schweiß in den Achselregionen seines Hemdes hinterließ, ruhig und fest klang. 
    „ Von wie viel Vorstellungen reden wir?“ 
    „ Einer ganzen Menge.“ 
    „ Dann sollten wir uns wohl besser treffen.“ 
     
     
    ***
     
     
    Sie saßen in zwei schweren Ledersofas, die gemeinsam mit einem kleinen Biedermeyer-Couchtisch in der Ecke eines unauffälligen Raumes standen, der sich wiederum ziemlich am Ende des ehemaligen Bordell-Korridornetzes befand. 
    „ Das ist sehr viel Geld.“ 
    „ Es muss so viel sein. Damit es sich lohnt.“ Fleischer hatte vor dem Treffen zwei doppelte Wodka zu sich genommen. Das relativ geringe Quantum verlieh ihm Selbstsicherheit, ohne seine Sinne zu entschärfen. 
    „ Alleine kann ich das Geld nicht auftreiben. Dazu brauche ich Partner.“ 
    Damit hatte Fleischer gerechnet. Genau dieser Aspekt war es gewesen, der ihn zögern hatte lassen, alles auf eine Karte zu setzen.  
    „ Wie Sie das Geld auftreiben, ist mir egal.“ 
    „ Das ist es nicht, und das wissen wir beide.“ 
    Herr Edi hatte natürlich recht. Die einzige Himmelsrichtung, aus der derzeit ein dermaßen hoher Betrag in dermaßen kurzer Zeit aufzutreiben war, war der Osten des Kontinents – mit allen damit verbundenen Risken.  
    „ Haben Sie Sicherheiten?“, fragte Herr Edi weiter. 
    „ Natürlich nichts, das die Summe auch nur zu einem Prozent abdecken könnte. Stört es Sie, wenn ich rauche?“ 
    Der Hehler schüttelte den Kopf. „Dann muss ich wissen, wofür Sie das Geld brauchen.“  
    Fleischer zog an der Zigarre, die er sich extra zu diesem Anlass besorgt hatte. „Ungern.“  
    Herr Edi stand wortlos auf.  
    „ In Ordnung, in Ordnung, bitte setzen Sie sich.“ 
    „ Spielen Sie keine Spielchen mit mir, Fleischer.“ 
    „ In Ordnung, in Ordnung.“ Er verschluckte sich beinahe an seinem eigenen Rauch und dämpfte die Zigarre, nachdem sie offenbar mehr Schaden als Nutzen anrichtete, wieder aus. „Was brauchen Sie?“ 
    „ Zuerst, wie gesagt, den Verwendungszweck. Wenn mir der gefällt, einen zweiten Termin. Da bringe ich Sie mit den Ukrainern zusammen.“ 
    Fleischer schluckte trocken. „Ich hatte gehofft, das ließe sich vermeiden.“  
    Herr Edi wischt einen imaginären Fussel vom blütenweißen Revers seine Blazers. „Sie glauben doch nicht, dass ich den Kopf für Sie hinhalte? Ich bringe Sie mit Ihren zukünftigen Kreditgebern zusammen. Dafür zahlen Sie mir fünf Prozent der Summe. Die Russen nehmen dann wahrscheinlich noch einmal 15 Prozent. Für das erste Monat.“  
    „ Ich dachte, es wären Ukrainer?“ 
    Herr Edi überging den Einwand. „Aber zuerst erzählen Sie mir, worum es geht. Wenn Sie mich überzeugen, mache ich den Anruf.“  
     
     
    ***
     
     
    Herr Edi gab dem Kellner das schnurlose Telefon zurück. Er nickte Fleischer zu: „Morgen. Selbe Zeit, selber Ort.“ 
     
     
    ***
     
     
    Vor Fleischer lag ein zugeklapptes Fotoalbum. Der russische Ukrainer, der es ihm zur Ansicht vorgelegt hatte, machte eine einladende Geste. 
    „ Bitte. Schlagen Sie auf.“ 
    Fleischer hatte ein ungutes Gefühl. Der Mann, der eine schwere, vergoldete Sonnenbrille in sein halblanges, dunkles Haar gesteckt hatte lächelte ihn aufmunternd an.   
    „ Nur zu. Es ist sehr aufschlussreich und wird den Fortgang unseres Gesprächs erleichtern – zumindest was seine Prämissen umfasst." 
    Sein Deutsch war nahezu perfekt, und von einem leichten Wiener Akzent gefärbt. Vor dem Mauerfall war er wohl in der österreichischen Hauptstadt stationiert gewesen. Fleischer fragt nicht nach. Dass ihm sein Gegenüber in all den Jahren bei der Stapo nicht untergekommen war, sprach für den Ukrainer und gegen Fleischer. Mit jeder Frage in diese Richtung würde er sich eine Blöße geben. Also schlug er einfach das Buch mit einer Hand auf – nur um es sofort wieder zuzuschlagen. Er starrte den Mann, der sich ihm nach wie vor nicht vorgestellt hatte, an. An dessen Seite sitzend beobachtete Herr Edi Fleischer aufmerksam.   
    Das Lächeln des

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