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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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Kredithais hatte sich verdunkelt: „Ich habe Sie gebeten, sich das Album anzusehen.“  
    Fleischer sah hilfesuchend zu Herrn Edi, der seinen Blick mit einem Achselzucken erwiderte.   
    „ Ich fürchte“, die Stimme des Fremden strotzte jetzt vor Kälte, „ich muss darauf bestehen. Entweder Sie sehen sich die Bilder an, aufmerksam, jedes einzelne, oder der Deal ist geplatzt und sie schulden mir“, er blickt auf seine goldenen, mit Diamanten besetzte Rolex,“ 35.000 Schilling für meinen Zeitaufwand.“ Er lächelte Fleischer freundlich an: „Abgerundet. Ich habe Sympathie für füllige Menschen.“ Er klopfte sich lachend auf seinen eigenen, nicht unbeträchtlichen Bauch. 
    Fleischer atmete tief durch, dann schlug er das Album abermals auf. Er biss die Zähne zusammen und betrachtete das erste Bild zehn Sekunden lang. Dann blätterte um. Zehn Sekunden. Dann blätterte er weiter.  
    Drei Minuten, zwanzig Sekunden später schlug er das Album wieder zu. Er nahm sich ein, zwei Momente um sich zu fassen, dann sah er dem Mann mit der Rolex in die Augen.  
    „ Ihre Familie?“ 
    „ Nicht alle.“ 
    Fleischer konnte nicht verhindern, dass ihm der letzte Rest Blut aus dem Gesicht wich.  
    „ Aber wissen Sie, was sie tatsächlich alle gemein hatten?“ 
    Fleischer schüttelte   den Kopf. 
    „ Dass sie die letzte halbe Stunde ihres Lebens damit zubrachten um ihren Tod zu betteln.“ 
    Fleischer schaffte es nicht, über die Abgeschmacktheit der Bemerkung zu lachen.  
     
     
    ***
     
     
    Nachdem der Kunde aufgelegt hatte, legte der Broker kurz einen Finger auf die Gabel, dann wählte er eine Nummer. 
    „ Hier Dvorschak.“ 
    „ Schmidt am Apparat. Fleischer war hier. Wie Sie gesagt haben.“ 
    „ Gut. Sie wissen, was Sie zu tun haben?“ 
    „ Ja.“ 
    „ Gut. Dann tun Sie es.“ 
    „ Was ist mit den Fotos?“ 
    „ Bekommen Sie.“ 
    „ Alle?“ 
    „ Natürlich, sonst hätte es keinen Sinn.“ 
    „ Wann?“ 
    „ Sobald ich das Geld auf meinem Konto sehe.“ 
    „ Wie kann ich sicher ...“ 
    „ Oh bitte !“ 
    Der Broker begann zu stottern. „Was, ich verstehe nicht, was...?“  
    „ 'Wie kann ich mir sicher sein, dass Sie mir die Fotos wirklich schicken und nicht vielleicht doch an meine Frau? Weil die würde mir die Bilder mit der minderjährigen Prostituierten dann doch ein wenig übel nehmen.' Das wollten Sie doch sagen, oder?“ 
    „ Ja … also ...“ 
    „ Sie können sich natürlich nicht sicher sein. Dazu müssten Sie schon die Polizei rufen. Was sie natürlich jederzeit tun können. Ich übrigens auch.“ 
    „ Nein, nein. Keine Polizei.“ 
    „ Dann verstehen wir uns.“ 
     
     
    ***
     
     
    Hätte Fleischer die Möglichkeit gehabt, den Fluss des von ihm bei seinem Broker veranlagten Geldes zu verfolgen, er hätte folgende Bewegungen beobachten können: Anstatt in eine Kauf-Order für einen beträchtlichen Anteil an einer vermeintlich vor Pleite und Rettung stehenden Pharmafirma investiert zu werden, wurde der gesamte Betrag auf ein anonymes Offshore-Konto überwiesen. Von dort wurde auf besagtes Unternehmen über den gesamten Betrag eine Put-Option gelöst. Diese ermöglichte den Verkauf von Anteilen, die sich noch nicht einmal im Besitz des ominösen Kontoinhabers befanden und das zum gegenwärtigen, noch recht hohen Kurs der Aktie. Ein Käufer, der wiederum an steigende Kurse glaubte, kaufte diese Anteile in der Hoffnung, sie später noch teurer weiterverkaufen zu können. Der Trick an dieser Art von Deal ist, dass die Fälligkeit des Geschäfts in der Zukunft liegt. Fallen die Kurse, wird der Verkäufer, der die Put-Option löst, die Aktien in Zukunft zu einem günstigeren Preis kaufen – das Papier wechselt aber bereits in der ersten Sekunde zum bereits vorher ausgemachten, höheren, Preis den Besitzer. Die Differenz streicht der Löser der Put-Option ein. 
    Das Risiko solcher Zeitreise-Deals ist enorm – was nicht heißt, dass man es nicht noch weiter steigern kann. Genau das taten Dvorschak und Alexander. Sie setzten einen Hebel – also   ein Finanzinstrument  das den Gewinn um den Faktor x erhöhte, aber auch in einen Totalverlust münden konnte. Setzten man einen solchen Deal nicht absolut exakt, würde der gesamte Finanzstrom zusammenbrechen – und das mit allen damit einhergehenden Konsequenzen, die im Idealfall von Gefängnis bis zum absoluten Desaster, sprich: der ukrainischen Mafia, reichten.  
    Ein Risiko, das Dvorschak und

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