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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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beginnen sollte, dachte kurz an den Anfang, erinnerte sich dann aber an eine andere Stelle.   
    Er zentrierte den Schreibkopf und schrieb: „Wie wir waren“.   
    Dann ein Absatz und linksbündig weiter:   
    „ Ein Kubaner namens Fidel Castro und ein Argentinier, der auf den Namen Che hörte, fachten unsere Phantasie an...” 
     
     
    ***
     
     
    Irgendwann klopfte es an seine Tür. Seine Frau trat, ohne auf eine Antwort zu warten, ein. Sie trug ein Tablett mit warmer Milch und ein paar Keksen herein. Sie stellte es neben seine Schreibmaschine und küsste ihn auf die Stirn. „Arbeite nicht so lange, Schatz.“ Er blickte nicht auf, hämmerte wie besessen in die Tasten. Erst als sie schon die Türe hinter sich zuziehen wollte, hielt er abrupt inne, drehte sich in seinem Sessel um:  
    „ Warte!“ 
    Sie hielt inne. „Ja?“  
    „ Du weißt doch, dass ich Dich liebe, oder?“ 
    Sie lächelte. „Natürlich weiß ich das.“  
    „ Auch, dass ich Dich immer geliebt habe?“ 
    Sie zog die Stirn in Falten. „Schatz …?“  
    Er stand auf, überwand schnell die paar Meter, die sie trennten. „Es ist nichts. Mach' Dir keine Sorgen.“ Er umfasste kurz ihre Schultern, ohne sie tatsächlich zu umarmen, küsste sie leicht auf die Lippen. „Warte nicht auf mich. Leg' Dich hin, wenn Du müde bist. Es wird noch einen Weile dauern.“  
    Sie lächelte, schüttelte leicht den Kopf. „Bist Du sicher, dass alles …? Du wirkst so …“ Sie wollte „verstört“ sagen, brachte es aber nicht über sich.  
    „ Nein, alles in Ordnung. Ich hatte nur vergessen, dass ich noch etwas erledigen muss. Das ist alles.“  
    Er drehte sich um, ging zum Schreibtisch zurück, setzte den unterbrochenen Satz fort. Sie sah ihm kurz zu, musste lächeln. „Du schreibst so komisch“, hatte Sie ihm einmal gesagt. Er hatte sich gefragt, was sie damit meinte. „Ich weiß auch nicht, aber Dein ganzer Körper bewegt sich dann mit. Wie bei einem Pianisten.“  
    Leise ließ sie die Türe zu gleiten.  
     
     
    ***
     
     
    Als er fertig war, schloss er die Maschine sorgfältig zu. Das nicht verbrauchte Papier legte er ordentlich gestapelt in die oberste Schublade zurück. 
    Dann öffnete er das unterste Fach und holte seinen Revolver hervor.  
    Er setzte die Mündung an seiner Schläfe, blickte sich um. Dachte an die Schweinerei, die er auf dem guten Teppich, der schönen Bücherwand hinterlassen würde und ging leise ins Badezimmer.

1995
     
     
    Als Alexander die Kurzmeldung in der Zeitung las, sah er sich außerstande, seine Gefühle einzuordnen.   
    Schock.   
    Unglaube.   
    Anspannung.   
    Scham.   
    Die Scham dessen, dem man Gewalt angetan hatte.   
    Die Scham dessen, der wehrlos gewesen war.  
    Die Scham dessen, dem gesagt wird, alle Welt könnte von seinen Erniedrigungen erfahren.  
    Die Meldung?   
    Dass die Stasi-Archive der CSSR geöffnet würden.  
     
     
    ***
     
     
    Die Hühnerflügel brutzelten über dem offenen Holzkohlegrill in Dvorschaks Garten. Manche hätten wohl auch „Park“ gesagt – durchaus passend, umgab er doch eine Gebäude, das jeder als Anwesen bezeichnete. Manche ernsthaft, Dvorschak und Alexander, eher scherzhaft. 
    „ So ist es einfach am besten“, erklärte Dvorschak  und deutete auf das glänzende Fleisch. „Einfach auf ein offenes Feuer und fertig.“ 
    „ Dann wird Ihr Hühnerführer aber eine schmale Angelegenheit“.  
    Alexander stand neben Dvorschak im Schatten. In der Hand ein kühles Bier, das von der August- und Grillerhitze jedoch schnell zu erwärmen drohte. Er nahm einen herzhaften Schluck. Er war zufrieden.  
    „ Wie geht es Carolina?“ 
    „ Gut.“ 
    „ Gut?“ 
    „ Ja. Manchmal kommt sie mich sogar besuchen. Ich glaube aus Mitleid.“ 
    Dvorschak nickte, hielt den Blick auf das Fleisch gerichtet. „Und wie geht es den Jungs?“  
    „ Gut. Sehr gut, glaube ich.“ 
    Dann ein Schatten auf Alexanders Seele, aus dem Nichts.   
    Dvorschak sah vom Grill hoch, wurde sich der Dunkelheit in den Augen seines Freundes gewahr, fragte besorgt: „Sicher? Wirklich alles in Ordnung?“  
    Alexander schüttelte kurz den Kopf. Nicht verneinend, vielmehr so, wie man sich unbewusst von einem bösen Traum befreit.  
    „ Ja, ja alles in Ordnung mit den Jungs. Es ist nur ...“ 
    Dvorschak wandte sich wieder dem Fleisch zu, das über dem offenen Feuer gar wurde, gab Alexander den Raum, den er brauchte, die Zeit, die er benötigte, um seine

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