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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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schnauzte er.
    Mehrere Männer stürzten gleichzeitig herbei. Sobald Wittiges’ Fesseln gelöst waren, scheuchte Chilperich sie beiseite und legte die Hand auf den Schwertgriff.
    „Sag mir, dass du mit seinem Tod nichts zu tun hast!“
    Wittiges war ihm von Zeit zu Zeit als Gesandter des austrasischen Hofs begegnet. Chilperich mochte ihn nicht, und er ihn auch nicht.
    „Wie kommt es, dass du zur Stelle bist?“, fragte er ihn ruhig. Die eigentlich Frage lautete: Wie kommt es, dass ihr beide hier seid, du und die Königin? Offensichtlich hatten beide ihre eigenen Gefolgsleute mitgebracht. Daher sah es für Wittiges so aus, als hätte einer nichts von den Absichten des anderen geahnt.
    „Ich bin hier“, antwortete Chilperich schwer atmend, „weil es immer Leute gibt, die sich einen Vorteil versprechen, indem sie sich nach zwei Seiten absichern. Verstehst du?“
    „Nein, das versteht er nicht“, mischte sich Fredegund ein. „Wittiges ist ein einfacher Mann vom Land, dem die Intrigen des Hofes fremd sind. Lass ihn gehen.“
    Wittiges begriff, dass sie ihn tatsächlich zum Boten auserkoren hatte, statt ihn hier und jetzt als zweiten Höhepunkt ihrer Intrige umbringen zu lassen.
    Wider Erwarten nickte Chilperich. „Ja, geh und unterrichte Königin Brunichild davon, dass sie keinen Gatten mehr hat.“
    Wittiges deutete auf den Toten. „Kann ich ihn mitnehmen?“, fragte er so unbeteiligt wie möglich.
    Mit einem Sprung zurück rettete er sich vor Chilperich, der zu einem Faustschlag ausgeholt hatte. „Er ist mein Sohn!“, brüllte er zornig auf. „Wie jeder andere aus der Familie wird er in der königlichen Gruft von Soissons bestattet, nirgendwo sonst. Dort gehört er hin.“
    Natürlich, nun galt nur noch die Familienehre, die bei jedem Toten Prunk und Pomp erforderte, gleichgültig, was vorher geschehen war. Merowech würde in einem Sarkophag ruhen, dessen Deckel die in Stein gehauene Gestalt eines überlebensgroßen edlen Kriegers zeigte, und man würde ihm ein Prunkschwert und alle Insignien seiner königlichen Abkunft mit ins Grab geben.
    Aber erst einmal war er nur ein armseliger Toter, dessen Unterkiefer im letzten Atemzug aufgeklafft war, ein wie ein Stück Wild gehetzter, gescheiterter Mann. Im Tod wirkte er kleiner, schmächtiger und unbedeutender, als käme nun die letzte traurige Wahrheit über ihn zum Vorschein.
    Wittiges ging langsam auf die Tür zu, aber niemand hielt ihn auf. Als er davon ermutigt, nach seinen Waffen fragte, wurden sie ihm tatsächlich ausgehändigt. Um sein gutes Schwert, den Scramasax und den Dolch hätte es ihm auch entsetzlich Leid getan. Er ließ sich sein Pferd bringen, saß auf und ritt vom Hof ohne sich noch einmal umzublicken. Die Abenddämmerung setzte gerade ein, ein deutlicher Hauch von Frost lag in der diesigen Luft. Aus einem Gebüsch an der Straße löste sich eine Gestalt mit einem Bogen im Anschlag. Wittiges winkte nur und nach und nach kamen seine Begleiter aus ihrem Versteck hervor und schlossen sich ihm an. Sie ritten nach Hause.
    Als sie spät am nächsten Tag casa alba erreichten, herrschte ungewöhnliche Geschäftigkeit auf dem Gut. Fremde Pferde standen in den Ställen, fremde Knechte und Krieger drückten sich im Hof herum, und Wittiges fühlte sich sofort gereizt, bis ihm jemand erklärte, was der Trubel zu bedeuten hatte.
    Königin Brunichild war gekommen. Sie hatte Pontus auf dem Heimweg begleitet, denn sie wollte Aletha wiedersehen und sich davon überzeugen, dass sie sich erholt hatte. Anscheinend hatte der Bote, den Wittiges geschickt hatte, sie verfehlt.
    Wittiges begab sich umgehend ins Bad, reinigte sich erst einmal gründlich und dachte darüber nach, was er sagen sollte. Schließlich ließ er sich frische Kleidung bringen.
    Der Erste, den er traf, als er sich zu dem kleinen Saal aufmachte, wo sich die Frauen aufhielten, war Ulf. Der Junge war gewachsen. Wittiges fuhr ihm durch das dichte Haar, und einer Aufwallung nachgebend, drückte er ihn an sich, gab ihn aber sofort wieder frei. Bevor er seine schlechten Nachrichten nicht überbracht hatte, durfte er sich noch nicht seinen eigenen Angelegenheiten widmen.
    Brunichild erhob sich, als er eintrat. „Hast du ihn mitgebracht?“, fragte sie. „Wo ist er?“
    Hilflos hob Wittiges die Schultern, setzte mehrfach zu einer Erklärung an und verstummte schließlich. Sah sie ihm die schreckliche Botschaft an den Augen an? Brunichild taumelte auf ihn zu „Ist er tot? Ist es das, was du nicht sagen

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