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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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die ihre eigene Kriegereskorte mitgebracht hatten. Königlicher Besuch? Bloß das nicht.
    „Wer bist du?“, fragte der Mann eher freundlich als misstrauisch.
    Beinahe hätte Wittiges wahrheitsgemäß geantwortet. Er befand sich immer noch in jener seltsamen Stimmung innerer Sammlung und tiefer Ruhe, die ihn seit seiner Erleuchtung an Martins Grab nicht verlassen hatte. Es war diese Ruhe, die ihn zögern ließ. Gelassen schweifte sein Blick an dem Mann vorbei in den Hofbereich, den er sehen konnte. Die Mittagstunde war noch nicht vorüber. Zu dieser Zeit standen so gut wie immer Mägde oder Knechte am Brunnen, die gern im Freien aßen und schwatzten, bevor sie ihre Arbeit wieder aufnahmen, oder Kinder rannten über den Hof. Keine Kinderstimmen, kein Geschäker.
    „Ein Bote.“ Wittiges lächelte harmlos.
    „Von wem? Wer schickt dich?“ Die Stimme des Mannes klang harscher.
    Immer noch in einer Stimmung, die es ihm erlaubte, frei von Ängsten mit raschen Gedanken und plötzlichen Einfällen zu jonglieren, wurde er sich seines schäbig gewordenen Mantels bewusst, der ihm nachlässig von den Schultern hing, und überhaupt seiner ganzen staubigen, reisemüden Erscheinung. Vor dem Kampf gegen die Verschwörer hatte er sich das Haar kurz geschnitten, damit es ihm nicht in die Augen fiel. Mit dem kurzen Haar konnte man ihn gut für einen Knecht halten.
    „Vom Bischof in Reims. Wo finde ich diesen verdammten Heiligen?“
    „Was?“ Nun war auch der zweite Mann in die Mitte des Durchgangs getreten, die Hand am Schwertgriff.
    Ein unmerklicher Schenkeldruck veranlasste Odilo, unruhig zu tänzeln und sich unauffällig rückwärts zu bewegen. „Bitte, ihr macht mein Pferd nervös“, sagte Wittiges hastig und verstärkte den Druck einseitig, sodass Odilo zur Seite ausbrach.
    Einer der Männer musste sich vor den Hufen in Sicherheit bringen und fluchte.
    „Kannst du deinen Gaul nicht beherrschen? Was ist das überhaupt für eine kümmerliche Mähre?“
    Der Mann war nicht der erste, der Odilo unterschätzte.
    „Der Heilige? Wo finde ich ihn?“, fragte Wittiges mit gerade der richtigen Andeutung von Unsicherheit, wie sie ein Knecht an den Tag gelegt hätte, wenn er es mit Kriegern zu tun hatte, die weit über ihm standen.
    „Was für ein Heiliger? Hau ab und such ihn woanders!“, brüllte einer der Männer.
    Wittiges machte Anstalten, Odilo zu wenden.
    „Halt!“, mischte sich nun der andere Krieger ein. „Einen Boten des Bischofs können wir nicht einfach wegschicken.“
    Doch Wittiges tat so, als hätte er den Mann nicht gehört. „Ich frag im Dorf nach dem Heiligen. Hätt’ ich gleich tun sollen. Sie werden wissen, wo er haust“, rief er über die Schulter zurück.
    Nun hatte er das Ende des Durchgangs erreicht, beugte sich über den Pferdehals und trieb Odilo in einen kurzen Galopp, der ihn aus der Reichweite der Wurflanze brachte. Nach einer halben Meile bog er vom Weg ab, glitt aus dem Sattel, ließ Odilo in einem Gebüsch zurück und umrundete vorsichtig die Villa bis zur Gartenseite. Zum Glück waren Obstbäume und Beerensträucher noch voll belaubt. Und da er viele Stunden in diesem Garten verbracht hatte und die Anlage in- und auswendig kannte, gelangte er an einer Schwachstelle in der breiten Hecke, die den Garten mittlerweile anstelle eines Zauns nach hinten abschloss, hinein.
    Eine laute Stimme veranlasste ihn, die Vorsicht nicht aufzugeben. Die Stimme kannte er, konnte sie aber nicht zuordnen, bis er den Mann erblickte. Er stand auf einem der Hauptwege, die den Garten in regelmäßige, von Buchsbaum gesäumte Abschnitte teilten.
    Es war Wandalenus.
    Wahrscheinlich war die Königin mit oder ohne Gogo ebenfalls hier. Wittiges wollte sich gerade aufrichten und bemerkbar machen, als sein Blick auf den Begleiter des comes fiel. Es war nicht Pontus. Und noch mehr erstaunte ihn die Art, wie Wandalenus mit weit ausholenden Gesten über den Garten wies und irgendwelche Erklärungen abgab. Der andere Mann nickte mit jenem unverwechselbaren Eifer, der ihn als Untergebenen auswies, der Anweisungen entgegennahm.
    Wenn Wittiges es genau betrachtete, verhielt sich Wandalenus, als gehöre ihm das alles hier.
    Was mochte das bedeuten? Einige Schritte von Wandalenus entfernt erntete ein alter Diener Äpfel in einen Korb. Furchtsam warf er hin und wieder einen Blick zu Wandalenus hinüber. Noch vor zwei Wochen wäre Wittiges aufgesprungen und hätte eine Erklärung für alle diese Merkwürdigkeiten gefordert. Nun zog er

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