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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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dreist herausgefordert hatte, als er sich seinem Feind ohne Rückendeckung gestellt hatte. Er war losgeprescht, hatte einen der Krieger neben Leudemund gerade niedergemacht, als er von der anderen Seite attackiert wurde. Gut, dass sein Pferd so klein war, so hatte er sich im letzten Moment seitlich unter einem Schlag wegducken können, der ihn sonst aus dem Sattel gefegt hätte. Als er sich wieder aufrichtete, hatte ihn Leudemund erkannt, sich ihm aber nicht gestellt, sondern sein Pferd gewendet und war geflohen. Vielleicht war ihm auch bewusst geworden, dass seine Sache längst verloren war. Seinen Hengst Odilo brauchte Wittiges nicht anzufeuern, wieder einmal konnte er auf den Instinkt des Pferds vertrauen, das sich hartnäckig an die Verfolgung machte und jede Möglichkeit erkannte, selbst den geringsten Vorteil zu nutzen. Sie befanden sich ja immer noch mitten in den heftigsten Kämpfen, wichen ständig aus, schlugen Haken, blieben Leudemund aber auf den Fersen.
    Mehrfach schaute dieser zurück, jedes Mal entsetzter, ein Stück näher als vorher seinen Verfolger hinter sich zu sehen. Irgendwann begriff er wohl, dass ihm die Flucht nicht gelingen würde. Er riss sein Pferd herum. Nur darauf hatte Wittiges gewartet. Die Schlachtfeld hatte sich weit auseinandergezogen, es gab weder Gegner noch Verbündete in der Nähe. Die Pferde trampelten die Stoppeln auf einem Acker nieder, eine halbe Meile von der Stadt entfernt. Am Hang eines Rebhügels leuchteten die Mauern einer weißen Villa. Hatte sich Leudemund dorthin flüchten wollen?
    Gleich mit dem ersten Hieb traf er dessen Schwertarm, der zweite durchtrennte ihm die Halsschlagader. Leudemund sackte im Sattel zusammen. Wittiges packte den Sterbenden, zerrte ihn zu sich herüber und schleifte ihn mit, bis er wieder dichteres Getümmel erreicht hatte. Dort ließ er ihn zwischen die Hufe anderer Pferde fallen, damit sie den Leichnam zertrampelten und in den aufgewühlten Boden stampften. Es sollte nichts von ihm übrig bleiben, das sich noch ordentlich bestatten ließ. Von allen Verrätern, mit denen Wittiges es je zu tun gehabt hatte, war dieser der verhassteste.
    An Gefahr dachte er gar nicht mehr. Das Blut sang ihm in den Adern, er fühlte sich unverwundbar, noch immer begierig zu töten und seine ganze Wut in jeden Schlag zu legen. Also kämpfte er weiter. Und bei jedem tödlichen Hieb dachte er an einen anderen Toten: an Felix, an Alexander und an Cniva. Er war nicht mehr er selbst.
    Und dann auf einmal hatte ihn Ernüchterung gepackt. Wozu das alles? Als ob er die Toten hätte lebendig machen können. Sobald sich der Sieg für Guntrams Seite unabweisbar abzeichnete, hatte er sich davongemacht und war nach Tours zurückgeritten, direkt ans Grab des heiligen Martin.
    Er verbrachte zwei Tage mit Fasten und Gebet in der Grabeskirche. Um ihn herum herrschte Gewusel, ein Durcheinander inbrünstig flehender Stimmen. Mönche feilschten mit einzelnen Pilgern über die Höhe der fälligen Spende, und alles war dazu angetan, die Versenkung in die Wunder des Glaubens zu verhindern. Dennoch: Das Wunder geschah. Martin vergab ihm. Es gab diesen einen, flüchtigen, kostbaren Moment, als er die Gegenwart des Heiligen wie eine Berührung spürte. Ein Hauch, ein Innehalten, ein Erhobensein, kaum in Worte zu fassen. Der Kummer fiel von ihm ab, die innere Selbstgeißelung hörte auf und Friede zog in seine Seele ein.
    Nun konnte er heimreisen.
    Casa alba näherte er sich auf einem Trampelpfad durch abgeerntete Kornfelder, denn er wollte vermeiden, von Dörflern erkannt und mit großem Getöse begrüßt zu werden. Er wünschte sich eine stille Heimkehr. Dann schwankte er noch, ob er sein Haus durch den Garten, den Stallhof oder doch durch den Vordereingang betreten sollte. Aus alter Gewohnheit entschied er sich für den Stallhof. In den Gerüchen von Stallmist, getrocknetem Heu und Stroh, beim Plätschern des Brunnens in der Hofmitte, beim Gackern von Hühnern und dem gelegentlichen Schnauben und Brüllen des wenigen Viehs, das weder auf den Wiesen graste noch im Wald gehütet wurde, wallte das Heimatgefühl am stärksten in ihm auf.
    Zwei Krieger lümmelten an der Wand einer der beiden Scheunen, die den Durchgang zum Hof bildeten, und richteten sich lässig auf, sobald Wittiges nah herangekommen war. Der eine wies mit der Spitze einer Lanze auf ihn.
    Wittiges zügelte Odilo. Der Mann war ein Unbekannter. Gab es Gäste in der Villa? Wenn ja, musste es sich um ranghohe Besucher handeln,

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