Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
Vom Netzwerk:
hatte: an die Wand des Festsaals in Reims gelehnt, die Hand auf der Brust, als ob er Schmerzen hätte. Damals, das ging Wittiges nun auf, hatte ihn die Furcht gepackt.
    Am nächsten Tag brach er in aller Hast nach Metz auf, erfuhr aber dort, dass die Beisetzung längst stattgefunden hatte und ein Nachfolger für Gogo ernannt worden war. Es war kein anderer als Wandalenus.
    Schlimmer hätte es nicht kommen können.
    Wittiges hatte wieder die Dreiergruppe mit Chilperich, Wandalenus und Bischof Aegidius in der Reimser Festhalle vor Augen. Die drei waren in eine launige Unterhaltung vertieft, und klopften sich gegenseitig auf die Schultern, ganz in der Manier selbstherrlicher Machthaber, mit dem kleinen Bertho als unwichtigem Anhängsel, das sich zu fügen hatte. Auf einmal gewannen alle Sorgen Wittiges neue Nahrung: Eine unheilige Allianz war dort in Reims geschmiedet worden.
    Brunichild, mit der Wittiges gern gesprochen hätte, befand sich mit Bertho auf der üblichen Rundreise durch die Provinzen. Er musste ihr entweder nachreisen oder bis zum Herbst warten, wenn sie wieder in der Residenz eintraf, um dort den Winter zu verbringen.
    Er traf die rasche, aber vielleicht törichte Entscheidung heimzureisen, da er an den neuen Verhältnissen ohnehin nichts ändern konnte. Er fragte noch nach Viola, Chramm und ihren Kindern und brauchte eine Weile, bis er herausfand, wo sie nun lebten. Chramm war auf irgendeinen Außenposten mitten im Barbarenland weit im Osten geschickt worden, der unattraktivste Dienst, der sich überhaupt denken ließ. Wittiges fragte sich beklommen, ob Chramm seine Familie mit den kleinen Zwillingen in den Osten mitgenommen hatte.
    8
    Ulf und Felix sprachen nie über Burgund. Wenn Ulf versehentlich Burgund erwähnte, schalt er sich im Stillen sofort dafür aus. Über Burgund zu reden, brachte nichts. Ein anderes Thema, das sie vermieden, war Familie. Wittiges hatte sie zu Brüdern erklärt und basta. Damit und mit der seltsamen Erfahrung, dass Brüder wie sie keine Freunde mehr sein konnten, mussten sie nun zurechtkommen. Ab und zu ritten sie zusammen vom Hof, um dem Druck, der auf ihnen lastete, und der permanenten Beobachtung zu entkommen. Als ob sie nicht genau wussten, dass Wittiges und Pontus nur darauf lauerten, dass sie sich stritten und Gefühle offenbarten, die sie nicht haben durften. Meist trennten sie sich, sobald sie außer Sichtweite gelangt waren, aber manchmal ritten sie auch gemeinsam weiter.
    Ulf wünschte sich immer noch Felix’ Freundschaft. Er konnte die Verhältnisse nicht ändern, er wollte es nicht einmal, denn zu gut hatte er das elende Leben in der Schmiede in Erinnerung. Aber er wollte Felix auch nicht von seinem Platz verdrängen - und war dem doch sehr nahe gekommen. Wenn ihn Felix deshalb hasste, konnte er das verstehen. Nur gab Felix nicht zu erkennen, wie er wirklich zu ihm stand.
    Mittags hatten Pontus und Wittiges über den Krieg im Süden gesprochen. In Aquitanien eroberte Chilperichs Feldherr Desiderius eine civitas Guntrams nach der anderen. Das schwächte dessen gesamte Herrschaft, und die austrasische Regierung bot ihm keinerlei Unterstützung an. Der neue Regent Wandalenus, so viel hatte Ulf begriffen, billigte insgeheim Chilperichs Vorgehen. Und zwar wegen Marseille, denn Guntram lehnte es ab, seine Hälfe der Stadt an Austrasien zurückzugeben.
    An diesem Tag im Herbst schlugen sie einen kaum erkennbaren Pfad ein, der sie schließlich ans Bachufer führte, wo Schilf und niedriges Gebüsch fast kein Durchkommen mehr zuließen. Sie stiegen ab, banden die beiden Falben nachlässig an einen Busch und wanden sich durch das Gestrüpp bis zum Wasser, das hier durch eine felsige Enge floss.
    Sie kannten die Stelle. Lediglich einige morsche Aststücke waren von der Brücke übrig geblieben, die sie vor Jahren hier angefangen hatten zu bauen. Das Holz hatte sich zwischen den Felsbrocken am Ufer verfangen. Ulf zog einen der Knüppel heraus und schlug ihn mühelos in Stücke.
    „Wir bräuchten richtige Bretter oder Balken“, murmelte er.
    „Wozu? Mit solchen Kindereien gebe ich mich nicht mehr ab.“ Felix ließ sich am Ufer auf einen flachen Felsen sinken, band die Riemen der Sandalen auf und schlenkerte das Schuhwerk von den Füßen. Ulf fragte sich, was er vorhatte, als Felix erst die Füße ins Wasser tauchte und sich dann einer plötzlichen Eingebung folgend ganz hinabgleiten ließ. Überraschenderweise reichte ihm das Wasser bis weit über die Hüften, und die

Weitere Kostenlose Bücher