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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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Chilperich so wenig um diese Angelegenheit kümmert.“
    „Burgund als Erbe könnte mir gefallen. Damit ließe sich etwas anfangen.“
    Bertram lachte, beugte sich vor, und verblüfft spürte Merowech den Griff eines Dolchs in der Hand. Er schaffte es sogar, die Waffe im weiten Ärmel seiner Tunika verschwinden zu lassen, ehe der Posten abermals unruhig wurde.
    „Das glaube ich. Mir genügen meine Diözese und meine Landgüter. Von einem habe ich Pferde mitgebracht. Selbst gezüchtet. Schöne, ausdauernde Tiere. Leider fehlt ihnen ausreichende Bewegung hier. Eins lasse ich immer gesattelt für den Fall, ich könnte der Synode für einen Morgen- oder Abendritt entkommen.“
    Bertrams Pferde standen im besten Stall des Palasts, das hieß, bei den Rössern des Königs.
    „Warum tust du das?“, fragte Merowech leise.
    „Es ist besser, wenn du von hier verschwindest, bevor Fredegund zurückkehrt. Wie wir alle wissen, reagiert sie stets heftig, wenn sie die Macht deines Vaters bedroht sieht. Solange er lebt, ist es auch ihre Macht.“
    „Erstaunlich, was du da sagst. Das hört sich so an, als würdest du gegen sie Partei ergreifen.“
    Bertram blickte starr auf den Fluss. „Weder für sie noch gegen sie oder ihn. Ich bin für das Land, hast du das immer noch nicht begriffen?“
    Bald darauf verabschiedete er sich, und Merowech blieb nachdenklich zurück.
    Zum Abort folgte ihm immer nur ein Mann, das musste er nutzen. Er wartete bis zum folgenden Morgen. Scheinbar noch benommen vom Schlaf, trottete er in aller Frühe, nachlässig in einen Umhang gehüllt, zur Latrine. Sie lag im Erdgeschoss am Ende eines Gangs, von dem aus eine Tür ins Freie führte. Vor der Pinkelrinne entblößte Merowech betont auffällig den Unterleib, nahm sein Glied in die Hand und stöhnte leise, als hätte er Schwierigkeiten beim Wasserlassen. Peinlich berührt, wandte sich der Wächter ab, und so konnte er ihm von hinten das Messer an die Kehle setzen. Ein rascher Schnitt, ein leises Röcheln, und er hatte seine Chance zur Flucht.
    Was ihm vorher so gut wie unmöglich vorgekommen war, erschien nun unglaublich einfach.
    Im Stall stand tatsächlich ein gesatteltes Pferd mit einer gut gefüllten Packtasche, die neben einem kleinen Vorrat an Lebensmitteln als wichtigstem Ausrüstungsgegenstand einen Scramasax enthielt. Der Dachboden über dem Stall diente den Knechten als Unterkunft. Es war noch so früh, dass sich keiner von ihnen blicken ließ. Leise schlich Merowech die Stiege zu ihrem Lager hinauf, spähte zu den tief Schlafenden hinüber, nahm sich an Kleidung, was er brauchte, zog sich unten im Stall rasch um, versteckte sein langes Haar unter einer schmierigen Wollkappe, rollte seine teure Kleidung zu einem Packen zusammen, den er am Sattel befestigte, und mischte sich unter die Menschen, die frühmorgens die Brücke von der Seineinsel zur Stadt in beiden Richtungen überquerten.
    In der Umgebung von Paris kannte er sich gut genug aus, um die Straßen zu meiden, auf denen man ihn wahrscheinlich verfolgen würde. Er überlegte, ob er es wagen konnte, einige seiner Anhänger aufzuspüren, entschied sich aber dagegen. Das Risiko war zu groß, auf einen Wendehals zu treffen, der inzwischen Chilperich seinen Eid geleistet hatte und nur zu begierig war, den in Ungnade gefallenen Sohn ans Messer zu liefern.
    Einen Tag hielt er sich nördlich in Richtung Reims, dann schlug er eine Straße nach Süden ein, die ihn wieder zur Seine führte.
    Wittiges fand, dass er nicht auf den Knecht verzichten konnte, den er Ulf zum Schutz oder zur Bewachung hätte mitgeben müssen. Unwillig beschloss er, den Jungen nach Chalon mitzunehmen und hatte dabei auch noch das unsäglich dumme Gefühl, dass sich Samur köstlich darüber amüsierte. Schon deshalb beachtete Wittiges Ulf so wenig wie möglich, aber das schien diesen nicht zu stören. Willig übernahm er alle Aufträge, redete nicht viel und war in seiner Anspruchslosigkeit ein überraschend angenehmer Reisegefährte. Mehr und mehr spürte Wittiges eine Sympathie, der er aber auf keinen Fall Raum geben wollte.
    Beschwerlich wurde die Reise, als das Wetter umschlug. Es wurde unerwartet schwül, Gewitter entluden sich über ihnen, und ein Platzregen durchnässte sie bis auf die Haut. Ab und zu erreichten sie Dörfer, meist unbefestigte, namenlose vici , wo sie die Nächte bei Bauern oder auf einem kleinen Gutshof verbrachten. Die Städte vermieden sie, nur in Troyes legten sie eine längere Rast ein. Wittiges

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