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Der Hüter des Schwertes

Der Hüter des Schwertes

Titel: Der Hüter des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duncan Lay
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noch ein Teil der Geschichte. »Ich dachte, du wärest so mutlos?«
    »Das habe ich nie gesagt. So haben sie mich genannt, weil ich mich nicht an den Überfällen beteiligen konnte«, widersprach Conal. »Ich bin immer noch hier, weil ich mich noch nicht entschieden habe, was ich damit machen soll.«
    »Womit? Sag schon«, knurrte Martil. Er war mit seiner Geduld langsam am Ende.
    »Ich muss es dir zeigen. Vertrau mir, du würdest es mir sonst nicht glauben. Ich würde es ja holen gehen, aber du könntest einen falschen Eindruck gewinnen. Du kommst besser mit.«
    »Wenn das eine Falle ist …«, warnte ihn Martil.
    »Dann bin ich noch dümmer, als ich aussehe. Komm mit.«
    Conal führte sie in den hinteren Bereich des Wirtshauses; Karia wartete an der Tür und hielt sich die Nase zu.
    Conal bewegte sich mit fast übertriebener Vorsicht, hievte seine Strohmatratze auf den Tresen, und darunter kam ein langes, in Stoff eingewickeltes Bündel zum Vorschein. Martil steckte seine Schwerter in die Scheiden zurück. »Tritt zurück und leg deine Hände – entschuldige, deine Hand – hinter den Kopf.«
    Er wartete, bis Conal seinen Worten Folge geleistet hatte, und bückte sich dann, um das Bündel aufzuheben. Fast in derselben Sekunde, in der er es aufgehoben hatte, wusste er, dass ein Schwert darin war, obwohl es bei dieser Größe viel schwerer hätte sein müssen.
    »Verstehst du, was ich meine?«, jammerte Conal. »Ich bin hiergeblieben, weil ich nicht wusste, was ich damit machen sollte.«
    Martil wickelte das Schwert aus. Es war einfach in den Mantel eines Soldaten eingeschlagen worden. Es steckte in einer mit Juwelen besetzten Scheide. Als er die letzte Lage Stoff entfernt hatte, schien das Schwert schon – obwohl nicht einmal gezogen – den gesamten Raum zu erleuchten und machte aus dem verkommenen Wirtshaus einen warmen und hellen Ort; und es hatte sogar den Anschein, als würde es den Gestank mildern.
    Martil hielt das Drachenschwert von Norstalos in der Hand.
    Cezar konnte die norstalischen Wirtshäuser inzwischen nicht mehr sehen. Nach seinem anfänglichen Erfolg und dem Gefühl, er würde Hauptmann Martil in Kürze einholen, überkam ihn zum ersten Mal ein Gefühl der Enttäuschung. Aus irgendeinem Grund hatte man in keinem der Wirtshäuser entlang der Hauptstraßen einen rallorischen Krieger mit einem kleinen Mädchen gesehen – ein Paar, an das man sich einfach erinnern musste. Aber warum sollten sie die Hauptstraße verlassen? Es war ein Rätsel. Cezar wollte diesen Martil töten, das Mädchen Zorva als heilige Opfergabe bringen und wieder nach Berellia zurückkehren. Die Botschaften von Onzalez wurden allmählich beängstigend: Vernichte ihn und kehre zurück. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Er musste Martils Weg zurückverfolgen und die Leute fragen, ob sie sich an die beiden erinnerten, bevor er einen kürzeren Weg einschlagen und sie einholen konnte. Trotzdem neigte sich seine Mission dem Ende zu. Er war nur noch zwei Tage von der Grenze entfernt und freute sich fast ebenso sehr darauf, das Mädchen in die Hände zu bekommen, wie Martil das Herz aus der Brust zu schneiden.

8
    Martil nahm Conal gar nicht mehr wahr, während er das Schwert anstarrte. Der goldene Schwertgriff war geformt wie ein Drache, die Flügel wölbten sich und bildeten die Parierstange, der Körper den Griff. Der lange Hals mit dem Kopf und zwei Rubinen als Augen schlängelte sich um den Ansatz der Klinge. Die schwarze Scheide war juwelenbesetzt, und merkwürdige Runen aus Silber zogen sich über die beiden flachen Seiten. Das Dorf, das Wirtshaus, der stinkende Räuber, selbst Karia schien in den Hintergrund zu rücken. In diesem Moment konnte er nicht sagen, wo er war – noch nicht einmal, wer er war. Dieses Schwert stellte den Mittelpunkt der Welt dar; nichts anderes existierte mehr, nur das Schwert und er selbst. Die Augen auf dem Griff schienen ihn anzufunkeln; das Schwert erwärmte sich in seiner Hand. Ohne nachzudenken, ohne es zu wollen, als würde er einem inneren Zwang nachgeben, zog er die Klinge aus der Scheide. Als wäre das das Natürlichste auf der Welt, als wäre es die einzig mögliche Vorgehensweise, nachdem er es ausgewickelt hatte. Es wäre einfach falsch gewesen, es nicht zu ziehen. Die Klinge glitt mit einem eigenartigen Zischen aus der Scheide, und sie war noch schöner als der Griff. Ein vollendetes Stück glänzenden Stahls, das anscheinend selbst den trostlosen Schankraum des Wirtshauses funkeln ließ.

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