Der Huf des Teufels (German Edition)
kamen.
Der Supermarkt öffnete um sieben, und Shelly war überrascht, wie viele Menschen so früh schon unterwegs waren. Sie kaufte sich einen Werkzeugkoffer, in dem für ihre Zwecke wohl alles drin war, dazu Schrauben, Dübel, einen Hammer, einen Zollstock, einen Toaster, eine Kaffeemaschine, ein Radio, eine Stereo-Kompaktanlage und noch ein paar Lebensmittel. Wieder musste sie zwischendurch nach draußen laufen und einen zweiten Einkaufswagen holen.
Auf dem Weg zur Kasse kam sie an der Bekleidungsabteilung vorbei. Sie konnte sich erinnern, dass ihre Mutter früher öfter im Supermarkt Kleider gekauft hatte. Sie selbst hatte in den letzten Jahren nur noch am Rodeo Drive oder in den kleinen teuren Geschäften in Dallas eingekauft. Das hier war ein Scherz. Es gab Jeans für zwanzig Euro und Jacken für vierunddreißig Euro. Für den Gegenwert der gesamten Damenabteilung hätte sie gerade mal zwei Blusen am Rodeo Drive bekommen. Aber wie Max und Moritz schon gesagt hatten: Sie fiel hier auf wie ein Flamingo unter Graugänsen. Vielleicht war es an der Zeit, sich etwas anzupassen. Etwas ratlos nahm sie einige Kleidungsstücke und sogar ein Paar Damenschuhe mit in die einzige Kabine, die es gab. Sie hängte die Bügel über den zweiten Haken, weil auf dem ersten jemand etwas hängen gelassen hatte, und zog ihr Westernhemd aus, um eine schlichte weiße Bluse anzuprobieren. Sie fühlte sich nicht gut an, aber für den Preis sah sie ganz annehmbar aus, fand Shelly. Sie drehte sich zur Seite und betrachtete sich im Spiegel, als sie zwei ihr bekannte Stimmen hörte.
»Ist egal, irgendwas Schwarzes. Alles, was wir kriegen können.«
»Hier sind solche Troyer.«
»Nehmen wir. Schwarze Jeans brauchen wir auch.«
Es waren Leif und Lasse, die durch die Reihen gingen und nach Klamotten suchten. Die Tür der Umkleidekabine war aus Spanplattenholz mit weißem Furnier und einem einfachen Schließmechanismus. An einer Seite blieb ein Spalt von einem halben Zentimeter Breite offen. Unten war die Tür zwanzig Zentimeter zu kurz, damit man erkennen konnte, ob sie besetzt war. Shelly lugte mit einem Auge durch den Spalt und beobachtete Leif und Lasse, wie sie sich jeder eine Jeans aussuchten.
»Vielleicht sollten wir auch Wollmützen kaufen«, schlug Lasse vor. Leif schürzte nur die Lippen und nickte. »Okay, ich hab eine Stretch-Jeans gefunden. Mal gucken, ob die passt.« Lasse kam direkt auf die Kabine zu, und Shelly trat erschrocken einen Schritt zurück. Lasse ruckelte an der Tür. Er hatte nicht gesehen, dass sie besetzt war. »Ups!«, hörte sie ihn sagen. »’tschuldigung.«
Shelly fiel ein, dass man ihre Stiefel unter der Tür sehen konnte. Daran würden die beiden sie sofort erkennen. Sie hatte jedoch das untrügliche Gefühl, dass es besser für sie war, unerkannt zu bleiben. Schnell hob sie ihre Stiefel hoch. Vor der Tür flüsterten die beiden. Sie blieb wie angewurzelt stehen und atmete so leise sie konnte. Langsam wagte sie sich näher an die Tür heran und spionierte erneut durch den Spalt. Leif und Lasse standen jetzt ein paar Meter entfernt neben einem Ständer mit Hemden und warteten, dass die Kabine frei wurde. Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte hier nicht raus, sie war gefangen. Aber sie könnte doch einfach ganz normal die Kabine verlassen. Nein, es lag etwas in der Luft, was Shelly nicht ganz beschreiben konnte, weil ihr Verstand es noch nicht verarbeitet hatte. Sie spürte es nur. Sie witterte Gefahr.
»Entschuldigung? Brauchen Sie noch lange?«, fragte Lasse.
»Komm, lass uns einfach gehen, wir probieren sie zu Hause an«, flüsterte Leif.
Shelly antwortete nicht. Sie blickte sich in der Kabine um und suchte nach einem Ausweg aus dieser Situation. Ihr Blick fiel auf den Haken mit den anderen Kleidungsstücken.
Eine Minute später kam Shelly mit einem langen türkisfarbenen Rock, einer Jeansjacke mit pinkfarbenen Strassperlen und einem gelben Kopftuch aus der Kabine, das sie sich so umgewickelt hatte, dass nur noch ihre Augen herausguckten. Leif und Lasse traten höflich einen Schritt zurück, und Lasse verzog sein Gesicht so zu einer Grimasse, dass nur Leif es sehen konnte. Shelly ging ohne ein Wort an ihnen vorbei und ignorierte auch die beiden Einkaufswagen, die sie vielleicht noch verraten hätten. Sie marschierte in die Sportabteilung und tat, als würde sie sich für ein Paar Turnschuhe interessieren.
Nach kaum fünf Minuten waren Leif und Lasse an der Kasse und bezahlten ihren Einkauf. Shelly
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