Der Huf des Teufels (German Edition)
beleuchteter Wohnwagen. Ansonsten war sein Porsche das einzige Fahrzeug auf der Strecke. Er sah auf die Uhr. Zwanzig Uhr achtundfünfzig. Der Parkplatz lag jetzt direkt vor ihm. Nur noch fünfzig Meter. Er drosselte die Geschwindigkeit auf vierzig Stundenkilometer. Er musste die Straßenseite wechseln, um auf den richtigen Parkplatz zu gelangen. Durch das Seitenfenster versuchte er, dort etwas zu erkennen, eine Person etwa, die sich irgendwo zwischen den Bäumen oder in den Sträuchern versteckte, aber es war nichts zu sehen. Der Parkplatz war menschenleer. Er sah in den Rückspiegel. Kein Auto. Nur die Ampel leuchtete verwaschen rot durch die Nacht. Vor ihm lag eine im Dunkeln kaum erkennbare Straße. Kein Licht, nur Schwärze. Er trat auf die Bremse und setzte den Blinker. Noch ein Blick in den Rückspiegel. Abgasschwaden stiegen, vom Bremslicht rötlich gefärbt, am Heck empor. Er atmete jetzt mit offenem Mund. Seine Aufregung war kaum noch zu kontrollieren. Dann schob er das Gaspedal leicht nach vorn und ließ die Kupplung kommen. Der Wagen rollte vorwärts, er schlug ein und fuhr auf den Parkplatz. Hier gab es einen kleinen betonierten Weg, der zu einem Tisch und zwei Bänken führte, und genau dort war auch der Mülleimer platziert.
Hofstätter hielt an. In seinem Kopf herrschte Chaos. Er sah ständig wechselnde Bilder vor sich: seine Frau, Sara, Simon, Aladdin, seinen Sohn, das Paket, den Film … Welcher Bastard hatte es gewagt, ihn so zu behandeln? Ihn so erniedrigt, dass er hier anschlich wie ein getretener Hund? Hasta la vista. Jemand machte sich lustig über ihn, nutzte ihn schamlos aus und verhöhnte ihn. Seine Wut wurde größer und größer. Widerwillig blickte er auf den Beifahrersitz. Er musste jetzt aussteigen. Was blieb ihm anderes übrig?
»Nein«, flüsterte er, »so nicht, mein Freund, so nicht.«
* * *
Leif klopfte dreimal an die Tür des Nachbarzimmers.
»Ja?«, erklang es von drinnen.
»Ich bin’s, Leif!«
»Was ist?«
»Kann ich reinkommen?«
»Ja.«
Leif öffnete die Tür und trat ein. Geraldine saß auf dem Boden vor ihrer Couch. Sie hatte nasse Haare und ein Handtuch um ihre Schultern gelegt. Die Badezimmertür stand offen, und der feuchtwarme, süßliche Duft von Shampoo drang in den Flur. Der Fernseher lief. Ein Glas Wein stand einsam auf dem Tisch.
»Was ist?«, fragte sie.
»Ach, nichts. Lasse hat irgendwie Kopfschmerzen und will schlafen, aber ich bin überhaupt nicht müde.«
»Und?«
»Na, ich dachte, vielleicht könnten wir einen Film gucken? Ich will jetzt nicht da drüben im Dunkeln rumsitzen und mich langweilen.«
»Ach so. Ja. Komm rein.« Sie setzte sich hoch aufs Sofa und strich sich über die Haare. »Willst du was trinken?« Sie deutete auf den Wein auf dem Tisch.
»Ja, warum nicht. Ist der trocken?«
»Oh, der Herr trinkt nur Qualitätswein. Ich muss dich enttäuschen. Das ist einer für zwei neunundvierzig.«
»Reg dich ab. Ich hol mir ’n Glas.« Leif ging rüber zur Küchenzeile, die genauso aussah wie seine und Lasses, und nahm sich ein Glas aus dem Schrank. Er öffnete den Kühlschrank und schenkte sich ein. »Was läuft denn heute Abend?«, fragte er.
»Keine Ahnung, ich guck mal.« Sie überflog die Programmzeitschrift. »Wer wird Millionär, Herr der Ringe, Killerbienen greifen an, CSI , Columbo und im Ersten Irland, die Liebe meines Lebens mit Christine Neubauer.«
»Da lass ich mich doch lieber von Killerbienen zerstechen, als so was zu gucken«, meinte Leif und setzte sich neben sie auf die Couch.
»Also …«
»Wer wird Millionär!«, sagten sie gleichzeitig.
Geraldine schaltete um, und Leif lehnte sich zurück. »Woll’n wir doch mal sehen, was du so drauf hast«, sagte er. Sie lächelte.
»Herausforderung angenommen.«
* * *
Lasse lag nicht, wie von Leif behauptet, mit Kopfschmerzen im Bett. Er war mit dem Fahrrad unterwegs zur Geldübergabe. Lasse hatte Leif dabeihaben wollen, doch der wollte sich lieber um ein Alibi für sie kümmern, nur für den Notfall. Falls jemand fragte, würde Geraldine wissen, wie die beiden den Freitagabend verbracht hatten.
Der Weg, den Lasse fuhr, führte ihn über einsame Feld- und Waldwege, doch er kannte die Strecke ganz gut, und nachdem seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er auch ohne Licht durch die Nacht fahren. Er erreichte das kleine Waldstück, aus dem er sicher und ungesehen den Parkplatz beobachten konnte, um zwanzig vor neun. Das Rad ließ er im Unterholz zurück
Weitere Kostenlose Bücher