Der Huf des Teufels (German Edition)
schlimmste Teil. Er musste von der Leiter aus durch die Öffnung klettern. Eine Sprosse musste er noch rauf und dann ein Bein rüber zum Fenster bringen. Dies war der entscheidende Moment. Er wusste, wenn er es jetzt tat, musste er es durchziehen. Er konnte sich aber auch entscheiden, einfach alles abzubrechen, und die Leiter gleich wieder herunterklettern. Nur fürchtete er sich vor Lasses Reaktion. Leif tarierte sein Körpergewicht auf einem Fuß stehend aus, hob sein linkes Bein und streckte es in Richtung der Öffnung. Er spürte, wie die Gewichtsverlagerung an der Leiter zerrte. Wenn sie jetzt kippte, würde Lasse sie nicht mehr halten können. Leifs Fuß erreichte den Fensterabsatz, und er stand breitbeinig über dem Abgrund zwischen Leiter und Fenster. Mit der linken Hand packte er den Fensterladen und zog sich zur Öffnung rüber. Er duckte sich, winkelte seine Knie an und nutzte den Schwung, um Kopf voraus in die Luke zu gleiten. Wäre er dabei irgendwo angestoßen, hätte er die Kontrolle verloren und wäre rückwärts in die Tiefe gefallen. Stattdessen rutschte er vorwärts, in ein undurchdringliches Dunkel. Mit dem Kopf stieß er gegen einen Heuballen und fiel auf seine Knie, abgefedert von mehreren Ballen Stroh unter ihm. Er hatte es geschafft. Er war völlig außer Atem, und die Kraft wich so massiv aus seinem Körper, dass er glaubte, nicht wieder aufstehen zu können. Doch er musste Lasse helfen. Seine Knie waren wie Pudding, als er sich wieder aufrappelte. Er lugte aus dem Fenster und erkannte, dass Lasse schon fast oben war. Er schien nicht die Spur von Angst zu haben.
»Hier, ich helf dir«, flüsterte Leif und hielt ihm die Hand hin. Lasse packte zu und zog sich hinein.
»Hast die Hosen voll gehabt da oben, was?«, fragte Lasse.
Leif antwortete nicht. Was sollte das auch bringen?
Es gab mehrere Öffnungen hier im Boden, aus denen das Heu runter in den Stall befördert wurde. Zu jeder Luke gehörte auch immer eine Leiter, die hier oben deponiert war, damit es Ersatz gab, falls die Hauptleiter unten umfallen sollte. Sie schnappten sich eine der Rettungsleitern und ließen sie hinunter. Diesmal kletterte Lasse zuerst, und Leif folgte. Als er unten ankam, hatte Lasse Aladdins Box bereits gefunden. Er kniete davor und kramte in seinem Rucksack herum.
»Ich hab doch die Farbe«, sagte Leif, als er ihn erreicht hatte. Sie hatten weiße Farbe gekauft, mit der sie einen Totenkopf auf Aladdins Seite malen wollten. Wenn das Tier zu nervös war, würde die Boxentür auch genügen.
»Du, ich glaub, das mit der Farbe reicht nicht. Der braucht einen etwas deutlicheren Denkzettel«, meinte Lasse und kramte weiter.
»Aber was …«
Lasse holte einige Zweige aus dem Rucksack. Erst dachte Leif an Tannenzweige, doch schlagartig wurde ihm klar, um was es sich handelte. Die Zweige stammten von einer Eibe.
»Was wird das, Lasse? Wir hatten was ganz anderes geplant!«
»Ja, ich weiß, aber wir können ihm das nicht so einfach durchgehen lassen, verstehst du? Wir müssen zeigen, dass wir diejenigen sind, die den Ton angeben. Wir entscheiden, was passiert. Das muss er verdammt noch mal kapieren.«
»Stopp, stopp! Du willst den Gaul doch nicht etwa vergiften?«
Lasse antwortete nicht und fuhr mit seinen Vorbereitungen fort.
* * *
Bernd verzog keine Miene. Nichts von dem, was Sara erwartet hatte, Freude, Sehnsucht, Lust, war in seinem Gesicht zu lesen. Sein Anblick war wie eine Ohrfeige.
»Bernd, was ist los?«
»Komm mal bitte zu mir«, sagte er und legte traurig seine Hand auf das Bett. Es klang furchtbar väterlich. Das war ein Tonfall, den sie so gar nicht von ihm kannte und den sie auch nicht von ihm hören wollte.
»Hat sie was rausgefunden?«, fragte Sara und setzte sich.
Bernd kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
»Aber was ist es dann?«
»Sara«, begann Hofstätter. Er sah um Jahre gealtert aus. Seine Augen verschwanden fast völlig in den Schatten ihrer Höhlen. Sie entdeckte Falten in seinem Gesicht, die ihr vorher nie aufgefallen waren. »Ich habe ein Problem. Wir haben ein Problem, ein sehr großes.«
Sara rutschte besorgt näher und ergriff seine Hand. Sie war eiskalt.
»Jemand hat uns beobachtet. Jemand weiß von uns.«
Sara wurde schlagartig rot im Gesicht. Ihre Haut begann fiebrig zu glühen. »Wer?«, hauchte sie.
»Ich weiß es nicht. Aber er erpresst mich. Er will es an die Öffentlichkeit bringen, wenn ich nicht bezahle.«
Sara wusste gar nicht mehr, wo ihr der
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