Der Huf des Teufels (German Edition)
eine winzige Erinnerung heraufzubeschwören, doch Leifs grünlich schimmernde Augen lenkten sie ab. Ihr eben noch verunsicherter Blick wurde weicher. »Tja, ich schlage vor, dass du mir ein wenig auf die Sprünge hilfst. Vielleicht erinner ich mich dann ja besser.«
»Okay …« Leif küsste sie. »Wie war das?«
»Nein, ich glaube, das reicht noch nicht ganz.«
Sie schlang ihre Arme um ihn, und für die nächste halbe Stunde vergaß Leif völlig, was außerhalb dieses Zimmers geschehen war.
Sieben
Als Shelly und Katja mit dieser Nachricht im Gepäck auf den Fischbacher Hof zurückkamen, wollte Shelly zunächst mit Sara allein sprechen, doch das erwies sich als äußerst schwierig, denn alle strömten zu ihnen, um Cleopatra nach ihrer Operation wiederzusehen, und bildeten in gebührlichem Abstand einen Halbkreis um den Anhänger. Shelly und Katja stiegen aus. Simon stand in der Mitte der Gruppe, Jülich neben ihm, und etwas versetzt nach hinten standen Leif, Geraldine und Lasse.
»Und, wie geht’s ihr?«, fragte Simon und machte einen Schritt nach vorn. Shelly suchte in der Gruppe nach Sara, konnte sie aber nicht entdecken.
»Sie hat alles prima überstanden«, sagte Katja. »Das ist die Nadel, die Spieß aus ihr rausgeholt hat.« Sie reichte Simon das kleine Fläschchen, und er warf neugierig einen Blick hinein. Shelly beobachtete Leif und Lasse. Fast alle Umstehenden reckten ihre Köpfe nach vorn, sogar Leif. Nur Lasse nicht. Shelly beschloss, mit der Neuigkeit herauszukommen.
»Habt ihr schon das von Hofstätter gehört?«, fragte sie.
Simon sah sie fragend an. Shelly öffnete den Anhänger und klappte die Rampe aus. Sie ging zwei Schritte auf ihr hoch.
»Man hat auf ihn geschossen. Ein Lastwagenfahrer hat ihn gestern Nacht auf einem Feld gefunden.«
»Wie bitte?« Simon war fassungslos. »Ist er …«
Shelly sah von ihrer erhöhten Position unauffällig zu Leif und Lasse. »Nein, er lebt noch. Er liegt im Koma.«
Leif und Lasse warfen sich einen kurzen Blick zu. Sie waren leichenblass geworden.
»Das gibt es doch gar nicht, was ist hier eigentlich los? Erst vergiftet man sein Pferd, und jetzt …«
»Die Polizei hat auf dem Feld wohl so einige Spuren gefunden«, behauptete Shelly einfach und wartete wieder auf die Reaktion der beiden Jungen. Sie wurden augenscheinlich immer nervöser. Lasses Mund war nur noch ein blasser Strich, und seine zusammengeschobenen Brauen verdunkelten seine Augen. Shelly wandte sich ab und machte sich daran, Cleopatra aus dem Anhänger zu führen. Die Gruppe hinter ihr löste sich langsam auf und schwärmte aus. Nur Simon war geblieben, als Cleopatra, noch etwas benommen von der Narkose, aus dem Hänger getrottet kam. Er hielt das Glas mit der Nadel nach wie vor fest in der Hand.
»Ist Sara noch in der Schule?«, fragte Shelly und riss Simon aus seinen Gedanken.
»Was? Ja, sie müsste aber gleich kommen.«
»Wir wollten noch Gitarre üben.«
Simon nickte abwesend, und Shelly brachte Cleopatra in ihre Box. Das Pferd ließ alles einfach geschehen. Es schien zu müde für eine Gegenwehr zu sein und glücklich darüber, wieder in seiner vertrauten Box zu stehen.
»Na, schönes Mädchen? Du bist wieder zu Hause. Ja, jetzt wird alles gut. Der nette Dr. Spieß hat dir die Nadel rausgeholt, und jetzt wird deine Hüfte besser. Bald kannst du wieder laufen wie früher.«
Sie streichelte Cleopatra über die Nüstern. Die Stute stellte die Ohren auf und hob den Kopf. Shelly horchte und hörte Schritte. Es waren Leif und Lasse, die an der Box vorbeigingen. Beide trugen Sättel.
»Hey, Jungs!«, rief Shelly. Die beiden blieben zögernd stehen. Sie wären lieber ohne ein Gespräch mit ihr weitergegangen. »Darf ich euch was fragen?«
Shelly kam aus der Box und schloss sie hinter sich. Sie überlegte kurz, bevor sie begann, leise mit den beiden zu sprechen.
»Was haltet ihr von der Geschichte mit der Nadel?«
Leif und Lasse standen da, mit den Sätteln vor dem Bauch, und sahen sie ratlos an. Keiner sagte etwas.
»Glaubt ihr, dass man Cleo vielleicht dopen wollte oder so? Ist hier schon mal so etwas vorgekommen?«
»Warum sollten wir Ihnen das sagen?«, fragte Lasse.
»Nun, weil es verboten ist. Und ich halte euch für zwei ehrliche, gute Jungs. Genau wie Simon. Er ist sehr stolz auf euch.«
»Ach ja?«
»Ja. Wenn Doping keine Option ist, dann … aber nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Was meinen Sie?«, fragte Leif.
»Wie lange arbeitet ihr hier schon am Hof?
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