Der Huf des Teufels (German Edition)
Innenraum ihres Autos saß, fühlte sie wieder eine unheimliche Kälte, die an ihrem Körper hinaufkroch. Diese beiden völlig unterschiedlichen Mütter hatten ihr fast die gleiche Geschichte erzählt. Gestern noch hätte sie das für so gut wie unmöglich gehalten. Leif und Lasse hatten beide Zwillinge, die sie verloren hatten. Beide waren Überlebende aus verschiedenen Elternhäusern, die sich irgendwie gefunden hatten. Schicksal oder Zufall, jetzt waren sie zusammen.
Acht
Shelly fuhr auf den Hof des Gestüts. Sie ging in die Besamungsstation, um Katja zu suchen. Auf dem Weg dorthin kam ihr Lasse entgegen. Sie stockte, denn es hätte durchaus sein können, dass seine Mutter ihn bereits über Shellys Besuch informiert hatte. Dann könnte es jetzt zu einer Auseinandersetzung kommen. Doch Lasse grinste nur, selbstsicher und irgendwie listig.
»Howdy, Marshall«, grüßte er und griff sich an einen imaginären Hut. Er lachte, als er an ihr vorbeigegangen war. Shelly fragte sich, was ihn in so gute Laune versetzt hatte, und betrat die Besamungsstation.
Katja Zinnbacher saß im Labor am Mikroskop.
»Shelly, hallo«, sagte sie und rollte den Stuhl vom Tisch ab. Sie war in weitaus schlechterer Stimmung als Lasse. Ihre Mundwinkel zogen sich auffällig nach unten, als hätte sie etwas Bitteres geschmeckt.
»Was ist los?«, fragte Shelly.
»Die Polizei war hier und hat Fragen gestellt.«
»Sie denken, Simon hätte auf Hofstätter geschossen, wegen dieser komischen Zeugin«, meinte Shelly.
»Ja, schon. Aber dann hat sich wohl alles etwas anders entwickelt. Sie haben Peter mitgenommen.«
»Peter? Wieso das?«
»Wissen wir nicht. Der Kommissar hat mit ihm gesprochen. Geraldine war erst dabei, wurde dann aber weggeschickt. Ich befürchte, er muss sich irgendwie verdächtig gemacht haben.«
»Peter? Das ist doch lächerlich!«
»Ja, aber wir konnten nichts tun. Der arme Kerl war völlig aufgelöst. Jetzt ist er wohl zum Verhör auf dem Revier.«
Shelly machte wütend kehrt. Sie ahnte, wie Peter in den Fokus geraten war. Das war mit Sicherheit der Grund für Lasses gute Laune. Auf dem Hof traf sie Geraldine.
»Wo ist Lasse?«
»Der ist eben zum Reitplatz.«
Shelly beschleunigte ihren Schritt und holte Pancake aus seiner Box. Ohne Sattel, nur mit Zaumzeug, sprang sie auf seinen Rücken und preschte los.
Auf dem Reitplatz waren Hindernisse aufgebaut und einige Schüler sprangen, während Jülich in der Mitte des Parcours stand und Anweisungen gab. Shelly galoppierte einfach dazwischen. Jülich traute seinen Augen kaum.
»Was zum Teufel …«
Shelly holte Lasse ein, der am nördlichen Ende eine große Schleife geritten war und jetzt einen Oxer ansteuerte. Kurz vor dem Sprung schnitt sie ihm mit Pancake den Weg ab, und sein Pferd scheute zurück. Lasse wäre fast aus dem Sattel gefallen, doch er brachte das Tier wieder unter Kontrolle.
»Verdammte Scheiße, was soll das?«, rief er wütend.
»Frau Kutscher!«, schrie auch Jülich von weiter hinten. Shelly ignorierte ihn.
»Das wart ihr, stimmt’s? Ihr habt das so arrangiert mit Peter!« Shellys Augen blitzten vor Wut, und Pancake schnaubte laut.
»Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden«, sagte Lasse und freute sich über Shellys Wut.
»Du weißt ganz genau, was ich meine!« Shelly ritt noch näher an ihn heran, bis sich die Schultern der Pferde fast berührten. »Ich warne dich, Junge. Du wirst es bitter bereuen, wenn du so weitermachst.«
Jülich rief wieder ihren Namen und kam näher.
»Sie hätten mich verletzen können, Frau Kutscher. Seien Sie froh, wenn ich Sie nicht anzeige wegen versuchter Körperverletzung«, gab Lasse zurück. Er genoss seinen vermeintlichen Sieg über Shelly.
»Ich würde mich nicht zu früh freuen, Lasse. Ich weiß eine ganze Menge über dich. Deine Mutter ist eine sehr auskunftsfreudige Gesprächspartnerin.«
Jetzt verging Lasse schlagartig das Grinsen.
»Verdammt, Frau Kutscher, was machen Sie hier? Sie gefährden meine Schüler!«, rief Jülich erbost und griff Pancake ins Zaumzeug. Mit einem kräftigen Ruck des Kopfes befreite sich das Pferd. Jülich hätte es fast den Arm ausgerissen. Jetzt lächelte Shelly und ließ Pancake rückwärtsgehen, ohne Lasse dabei aus den Augen zu verlieren. Dann drehte sie um und preschte davon, dass die Erde spritzte.
Auf dem Rückweg traf sie Sara, die gerade von einem Waldritt auf den Hof zurückkehrte. Sara bemerkte sofort, wie wütend Shelly war.
»Shelly, alles in Ordnung?«, fragte
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