Der Huf des Teufels (German Edition)
werd ich auch. Mir geht’s nur darum, dass ich genau darauf achten muss, wen ich einstelle, weil ich so bekannt bin. Glauben Sie mir, Sie wissen gar nicht, wie furchtbar es sein kann, in der Öffentlichkeit zu stehen. Die Paparazzi jagen einen und tauchen überall auf, wo sie eigentlich nicht sein sollten. Und sie schreiben, was sie wollen. Wenn ich heute einen Pickel im Gesicht habe, ist morgen ein Foto davon in der Zeitung, und mir wird eine schwere Hautkrankheit angedichtet.«
»Das muss schrecklich sein.«
»Ja, ist es. In Amerika habe ich keine Minute für mich. Das kann ich nur hier haben. Und deshalb suche ich Leute, die absolut diskret sind. Ich möchte einfach sicher sein, wen ich einstelle. Deshalb fände ich es schön, wenn Sie mir ein wenig über Ihren Sohn erzählen könnten.«
»Aber natürlich, gern. Leif, ja, wo fange ich da an?«
»Vielleicht einfach ganz vorn?«
»Ganz vorn«, wiederholte sie, und eine dunkle Erinnerung schien ihre Stimmung zu trüben. Sie senkte den Kopf, und ihre Schultern rutschten nach unten. »Das war eine schwere Zeit. Ich war noch jung und dachte, das mit der Schwangerschaft würde schon einfach so gehen. Aber das war leider ein Trugschluss. Mein Mann und ich hatten sehr schnell geheiratet, zu schnell vielleicht. Da war kaum Zeit gewesen, um sich richtig kennenzulernen. Wir lebten plötzlich in einer Wohnung zusammen, und es krachte immer öfter zwischen uns. Dann wurde ich schwanger, und wir beide wollten wohl nicht richtig hinschauen oder … ach, ich weiß auch nicht. Jedenfalls bekam ich schon früh Blutungen, und die Ärztin sagte mir, dass sie zwei Fruchtblasen sehen würde.«
Shelly lief es eiskalt über den Rücken. Sie spürte, wie sich ihre Haut zusammenzog und sich eine Gänsehaut breitmachte.
»Allerdings sei die eine nicht ganz rund. Im Ultraschall konnte man sogar zwei kleine Mäuschen erkennen, doch …« Frau Busch kämpfte jetzt mit den Tränen, ihre Stimme versagte. Sie räusperte sich und fuhr fort: »… doch nur bei einem der beiden schlug noch das Herz. Leifs Brüderchen hatte es nicht geschafft. Wir legten danach alles daran, diese Schwangerschaft zu retten. Ich wurde krankgeschrieben und lag nur noch zu Hause im Bett. Es war furchtbar, aber es hat funktioniert. Tja, Leif ist halt eine Kämpfernatur. Er hat sich durchgekämpft. Ich hab am Ende sogar eine Woche übertragen.«
»Übertragen?«
»Ja, das heißt, dass er eine Woche länger im Bauch blieb, als eigentlich ausgerechnet war.«
Sie wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen. Shelly musste schlucken und legte ihr eine Hand auf den Arm.
»Schon gut«, sagte Leifs Mutter und versuchte, ihre Trauer abzuschütteln. »Na ja. Jedenfalls, als Leif vier war, hat uns sein Vater verlassen und sich danach auch nicht mehr um ihn gekümmert. Wir waren ganz allein, und … diese erste Zeit war die Hölle. Aber wir haben uns zusammengerauft, und er war wirklich ein sehr hilfsbereites, aufgewecktes Kind.«
»Sie haben viel durchgestanden«, sagte Shelly und lächelte.
»Ja. Leif musste auf einiges verzichten. Aber Pferde haben ihn von Anfang an fasziniert. Er lief immer die Straße runter. Dort gibt es hinter dem Fluss einige Höfe, die Pferde haben. Da ist er oft den ganzen Tag geblieben. Er roch immer nach Stall, wenn er nach Hause kam. Und als er acht Jahre alt war, habe ich meinen zweiten Mann kennengelernt. Stefan. Es war am Anfang komisch für uns alle, aber dann hat es irgendwie funktioniert. Leif hat sich immer mehr auf die Pferde konzentriert. Dank meines Mannes standen wir nun finanziell auch besser da und konnten ihm das ermöglichen.«
»Also versteht sich Leif mit seinem Stiefvater ganz gut?«, fragte Shelly.
»Wir leben inzwischen getrennt.«
»Oh, Entschuldigung.«
Frau Busch schüttelte nur den Kopf.
»Wenn Sie einen verlässlichen Jungen suchen, dann sind Sie bei Leif genau richtig. Sie können ihm zu hundert Prozent vertrauen. Er lässt einen nicht im Stich.«
»Das glaube ich.«
Sie schwiegen einen Moment, und Shelly sah sich im Wohnzimmer um.
»Ich mag Ihr Haus. Wunderschöne Bauernmöbel sind das. Würden Sie mir erlauben, einen Blick nach oben zu werfen?«
Shelly vermutete Leifs Zimmer in der ersten Etage. Frau Busch putzte sich die Nase und steckte das Taschentuch in einen Ärmel. »Sicher. Es ist zwar nichts aufgeräumt, aber kommen Sie.«
Sie gingen eine Wendeltreppe hinauf. Eine antike Kommode beherrschte den schmalen Flur, und an einer Tür hing ein
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