Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
Asche nach Glut suchen, um sein Süppchen darauf zu kochen…« Der Prälat ist neben Rübsam getreten.
»Na also«, sagt er und betrachtet Rübsam spöttisch. »Lieben und Hassen hat seine Zeit. Irgendeiner musste ja davon anfangen …«
Die Schicht beginnt ruhig. Zwei Auffahrunfälle, ein betrunkener Freier im »Alten Württemberger«, ein verdächtig Unbekannter im Villenviertel auf dem Kuhberg, Orrie schaltet den kleinen transportablen Fernseher ein und will Fußball gucken, aber dann ruft seine Frau an und sagt, dass sie nach dem Volleyball noch zum Weiberstammtisch geht. Orrie verzieht ein wenig das Gesicht und meint, dass es recht sei.
Die Bayern führen, das müsste auch nicht sein, dann quäkt das Funktelefon, und Orrie dimmt den Lautsprecher des Fernsehers herunter, zum Glück, denn der Anrufer ist Kriminalrat Englin und er ist sehr erregt. Im Stadthaus ist Gefahr im Verzuge, die Punker stören gerade den Herrn Referenten, einen wahrhaftigen Staatssekretär, was macht denn das in Berlin für einen Eindruck! Tamar sagt, dass Orrie die eine Streife hinüberschicken soll, die gerade noch verfügbar ist… Zeit vergeht, die Bayern führen noch immer und die Streife bringt die Störer aus dem Stadthaus, das heißt, es sind der Stächele Frieder und eine Punkerin. Die Punkerin ist aus Düren /Westfalen und wegen Unterhaltspflichtverletzung und Beischlafdiebstahls zur Festnahme ausgeschrieben, was dann alles doch recht unangenehm wird, denn der Stächele Frieder hält eine längere Rede, die vom Krieg ums Öl handelt und von den Lügen der Politiker, vom Übermut der Behörden unter besonderer Berücksichtigung der Bosheit und Heimtücke kommunaler Jugendämter, von den Verbrechen an den Ländern der Dritten Welt ganz zu schweigen…
Orrie denkt, dass er sich das eigentlich nicht anhören will, aber Tamar macht unverändert ein höfliches Gesicht. Die Punkerin hat violette Haare und ist gelb um die Augen und kichert, wenn man es am wenigsten erwartet, und schnieft die Nase hoch und kichert wieder.
»…das da zum Beispiel«, sagt Stächele und holt eine zusammengefaltete Zeitungsseite hervor, »das zum Beispiel interessiert euch einen feuchten Kehricht, warum geht ihr denn nicht hin und fragt euren Herrn Staatssekretär: Wollen Sie uns vielleicht gütigst eine Aussage machen, Herr Staatssekretär, wo diese famosen Panzer herkommen, mit denen sie die armen Neger massakrieren, also die Eingeborenen, ich will ja nix Falsches sagen…«
Er faltet die Zeitungsseite auseinander, und Orrie sieht ein Foto mit Strohhütten und einem Panzer, und an dem Panzer sind die Überreste von etwas angebunden, was einmal menschliche Körper waren.
Die Punkerin sagt, dass ihr übel ist. »Aber nix«, fährt Stächele fort, »Herr Staatssekretär hinten, und Herr Staatssekretär vorne! Nur keine Aussage nicht…«
»Herr Stächele«, sagt Tamar sanft, »ich kann Sie gut verstehen. Aber vielleicht ist es doch besser, wenn wir Ihre Freundin jetzt erst einmal zu einem Arzt bringen, damit er sie sich ansieht, und dann schauen wir mal, wie sie ihre Angelegenheiten mit dem Jugendamt in Ordnung bringen kann …«
Irgendwann ist die Punkerin fürs Erste in der Frauenklinik untergebracht, weil das Mädchen schon wieder schwanger ist, und der Stächele Frieder nach Feststellung seiner Personalien in die Nacht entlassen. Orrie kann einen Kaffee kochen und schaltet, weil sich an der Führung der Bayern nichts geändert hat, die Harald-Schmidt-Show ein. Tamar setzt sich dazu, und Orrie ruft lieber nicht zu Hause an, weil der Weiberstammtisch möglicherweise noch immer nicht zu Ende ist. Eigentlich könnte die Schicht jetzt ganz ruhig und gemütlich zu Ende gehen, aber dann läuft ein Notruf ein, in Lauternbürg, irgendwo da draußen zwischen Alb und Donau und Pfuiteufel brennt ein Haus, gleich darauf kommen ein zweiter und ein dritter Anruf, irgendjemand fordert den Notarzt an, und dann meldet sich die Feuerwehr, sie hätten eine Person geborgen, aber den Notarzt bräuchten sie wohl doch nicht mehr, »der ist schon gut durch…«
Aber wie Orrie das weitergibt, ist die Kommissarin Tamar Wegenast schon draußen vor der Tür und auf der Bundesstraße 311 unterwegs nach Pfuiteufel.
Scheinwerfer beleuchten geschwärztes Mauerwerk. Angekohlte Dachsparren zeigen zu den Wolken, die in rascher Folge nach Osten ziehen. In der Luft hängt der giftige geschmorte Geruch nach kokelndem Schutt. Am Mauerwerk lehnt eine Leiter.
»Wir haben ihn
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