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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Rekordzuspruch, der evangelische Kirchenbezirk Ulm hat einen neuen Dekan, Blocher vom Rauschgiftdezernat und eine dicke Schlagzeile, weil er auf dem Eselsberg einen ganzen Wintergarten voller Hanfpflanzen ausgegraben hat. Nur von dem Brand in Lauternbürg und dem toten Hollerbach steht nichts drin. Eine Überschrift springt ihr ins Auge:
    Treuer Hund verteidigt seinen Herrn noch am Grab
    »Das sind die Geschichten, die das Leben schreibt«, teilt vom Nebentisch der Zweirad-Schnäutz mit. »Da soll noch einer sagen, die Tiere hätten keine Seele.« Er wendet sich seinem Hund zu. »Gell Purzel?« Purzel blickt gelb.
    »Ihrem Sarg«, bemerkt Tamar, »wird dieses Tier nur folgen, wenn es glaubt, es sei eine Bratwurst darin.«
    Schnäutz sucht entrüstet nach einer Widerrede, aber Tamar hebt nur die Hand und schneidet ihm mit einer brüsken Geste das Wort ab. Ihre Augen sind an einer Autorenzeile hängen geblieben:
    Von unserem Mitarbeiter Eugen Hollerbach
    Wieder sieht sie die Trage vor sich und riecht den Brandgeruch, und als sie zu lesen versucht, ist es ihr, als flüstere ihr Hollerbachs verkohlter Mund den Text ins Ohr.
    Wirklich, zu wenig Schlaf.
    Am Eingang zu Tonios Café gibt es Bewegung. Ein Mann hat die Tür aufgestoßen und hält sie offen, um einen großen, gelben grobknochigen Hund hereinzulassen, den er an der Leine führt. Plötzlich ist sehr viel freier Platz um ihn herum. Am Nebentisch bricht Purzel in schrilles Gekläff aus. »Bleiben S’ mit dem Köter da fort«, zetert Zweirad-Schnäutz und nimmt seinen Dackel auf den Arm. Der Mann setzt sich an Tamars Tisch, an der Seite, die dem Schnäutz abgewandt ist. Sein Boxer äugt kurz und eher gleichgültig zu dem Dackel am Nebentisch hinüber und lässt sich aufschnaufend zu den Füßen seines Herrn nieder. Der Durchgang zwischen den Tischreihen und dem Tresen freilich ist jetzt noch enger geworden, und Maria muss vorsichtig über das Tier hinwegsteigen, als sie Tamars spätes Frühstück bringt.
    »Sie erlauben doch«, sagt Berndorf. »Felix kennen Sie ja.«
     
     
    »Was um Gottes Willen«, sagt Johannes Rübsam und hängt seinen Mantel und seine Baskenmütze in den Kleiderschrank, »treiben Sie da?«
    Mit gerötetem Gesicht blickt die Pfarramtssekretärin Kuchenbeck von ihrem Schreibtisch auf, der mit einem großen Heftordner und mehreren Stapeln dünn bedruckter, DIN-A5-großer Blätter zugedeckt ist.
    »Ich wollt’ das einordnen, bevor Sie kommen«, sagt sie mit kläglicher Stimme, »das ist doch wichtig, und dabei wollen Sie nie etwas davon wissen…«
    Die Verordnungen und Gesetze der Landeskirche sind für den Dienstgebrauch in einem blauen Handordner zusammengefasst, einer etwa 2000 Seiten umfassenden Loseblattsammlung, die ständig ergänzt wird. So wurden in den letzten Jahren sämtliche Texte im Sinne einer geschlechtsspezifisch korrekten Schreibweise überarbeitet und mussten Blatt für Blatt ausgetauscht werden.
    »Worum geht es denn diesmal?«, fragt Rübsam und tritt an den Tisch heran. »Vielleicht um die korrekte Schreibweise bei der Instandhaltung der Orgelpfeifinnen und -pfeifen?«
    Er nimmt einen der Stapel auf und beginnt zu lesen.
    »Die Blickle hat angerufen, dass sie beim Altennachmittag morgen nicht spielen kann. Und dann kam noch ein Anruf.« Die Kuchenbeck senkt verschwörerisch die Stimme. »Ein Anruf vom Herrn Pfarrer Hartlaub. Er wollte Sie persönlich sprechen. Das ist doch unser neuer Dekan? Der mit der eigenartigen Frau …«
    »Ich hab’s«, antwortet Rübsam. »Sie haben die Preise geändert. Wer was verdienen darf. Reisespesen und Tagessätze. Und was etwas kosten darf. Das alles wird jetzt nicht mehr in Mark, sondern in Euro angegeben. Wenn ich meine Wohnung tapezieren sollte, wovor Gott mich schützen möge, darf ich acht Euro für die Rolle ausgeben. Inklusive Mehrwertsteuer. Keinen Cent mehr. Steht hier.« Er deutet auf eines der Dünndruckblätter. »Sie sehen, unsere Kirche ist in guten Händen. Nichts bleibt, was nicht sorgsam bedacht worden wäre.« Er wendet sich zur Tür, die zu seinem Amtszimmer führt. »Wegen des Altennachmittags rufen Sie doch diese Musikstudentin an, die spielt sowieso viel seelenvoller.«
    Während er in sein Zimmer geht, spürt er den Blick der Kuchenbeck in seinem Rücken. Das war gerade ein Fehler, denkt er. Ganz genau weiß die, dass ich genau weiß, wie die Studentin heißt.
    Er setzt sich an seinen Schreibtisch und greift nach dem Telefon und lässt die Hand wieder sinken. Es

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