Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
ermittlungstechnischen Gründen können wir im Augenblick nicht mehr dazu sagen.«
Wieder meldet sich Frentzel. »Vor einer Woche hatten wir in Lauternbürg ja bereits einen Toten, der nicht an Altersschwäche gestorben ist. Unsere Leser werden nicht glauben, dass die beiden Fälle nichts miteinander zu tun haben…«
»Meinen Sie, wir sollten Ihre Leser über die weiteren Ermittlungen abstimmen lassen?«, fragt Steinbronner zurück und wartet, bis unter den übrigen Medienleuten Heiterkeit aufkommt. Dann stoppt er mit einer brüsken Handbewegung ab. »Aber im Ernst. Was Ihren Lesern auffällt, gibt sogar uns dummen Polizisten zu denken. Unsere Ermittlungen und Vernehmungen sind deshalb nicht nur auf eine Person fokussiert… Ja bitte, der Herr da hinten hat noch eine Frage.«
Hinter dem Gestänge für Scheinwerfer und Kameras steht ein Mann auf. Grauhaarig, straffe Haltung.
Tamars Blick fällt auf Frentzel. Der hebt nur kurz die Augenbrauen. Hab ich dich nicht gewarnt?, soll das wohl heißen.
»Meine Frage gilt ebenfalls dem Komplex Hollerbach«, sagt Berndorf. »Trifft es zu, dass sich zur Tatzeit zwei Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes NSA in Hollerbachs Wohnung aufgehalten haben? Trifft es ferner zu, dass es sich bei diesen beiden NSA-Mitarbeitern um ehemalige…«
»Das geht nicht«, fällt ihm Steinbronner ins Wort. »Stopp! Aufhören! Sie sind hier nicht zugelassen …«
»…um ehemalige Agenten des Ministeriums für Staatssicherheit handelt?«
»Halten Sie den Rand!«, brüllt Steinbronner. Die meisten der Journalisten sind aufgestanden. Einer der Fernsehtechniker wuchtet seine Kamera in Richtung Berndorf. »Ich muss doch sehr bitten«, jammert Englin und steht nun auch auf.
»Wie kommt der Kerl hier herein?«, will Steinbronner von Tamar wissen.
»Würden Sie bitte die Frage beantworten?«, setzt die »dpa« nach. Die Dame von der »Stuttgarter Zeitung« meint, dass sie ebenfalls gerne ein Antwort hätte. Englin bittet um Ruhe.
Steinbronner erkärt, dass er kein Wort mehr sagt, solange diese Provokationen nicht aufhören. Der Kameramann filmt Berndorf, der wartet, dass er weiterreden kann oder eine Antwort bekommt. Ein Mensch mit Kugelbrille hält ihm ein Mikrophon hin.
Tamar steht auf und geht zu ihm. »Bitte«, sagt sie, »Englin hat das Hausrecht. Setzen Sie sich doch nicht ins Unrecht.«
»Lassen Sie ihn doch«, sagt der Mensch mit der Kugelbrille, »das interessiert uns alle, was der fragt.«
Tamar schüttelt nur den Kopf. »Soll es heißen, Sie ertragen es nicht, wenn Steinbronner eine Pressekonferenz gibt?«, flüstert sie Berndorf zu. »Tun Sie sich doch das nicht an…«
Und Berndorf lässt sich am Arm nehmen und hinausführen, gefolgt von dem Menschen mit der Kugelbrille und dem Kamera-Team und der Dame der »Stuttgarter Zeitung« und Frentzel und der »dpa«.
»Also das«, sagt Steinbronner, »das müssen Sie mir erst noch erklären, mein Lieber, wieso Ihre Leute den hereingelassen haben…«
Hektisch zuckt das Augenlid des Kriminalrats Englin.
Berndorf kommt vom Alten Friedhof, Felix trottet missmutig neben ihm her, ein Spaziergang auf dem Alten Friedhof gilt eigentlich nicht, nicht als Mittagsspaziergang, drei Saatkrähen aufstören, was ist das schon! Berndorf hingegen freut sich auf Tee und ein belegtes Brot und ist fest entschlossen, seinen Auftritt im Neuen Bau zu verdrängen.
Im Innenhof hatte er dem Pulk von Medienleuten Rede und Antwort gestanden, nun ja, nicht gerade Rede und Antwort, oder jedenfalls nicht vollständig, er hat den Fall ja nicht aufzuklären und auch keine Pressekonferenzen zu geben. So hat er nur dafür gesorgt, dass ein paar Fragen nicht untergebuttert werden, nichts anderes! Unsinn, dass Tamar ihm unterstellt, er gönne Steinbronner die Pressekonferenz nicht… Das Peugeot-Coupé ist ein paar Meter oberhalb des Appartementsblocks geparkt. Er ist so in Gedanken, dass er es erst wahrnimmt, als die Fahrerin aussteigt und zielstrebig auf ihn zukommt, das lackschwarze Haar in die Stirne frisiert.
Er bleibt stehen und deutet ein leichte Verbeugung an.
»Entschuldigen Sie den Überfall«, sagt Cosima Autenrieth, »aber könnte ich Sie ein paar Minuten sprechen?«
Berndorf murmelt eine höfliche Einladung und geht ihr voran, um aufzuschließen. Vor der Garderobe hilft er ihr aus dem kurzen schwarzen Ledermantel, dabei streift ihn ein herbes Parfüm und ein rascher Blick blauer Augen, die statt Lidschatten Verwunderung oder eine Art
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