Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
Falle aufzubauen«, fährt Berndorf fort, »die Autenrieth das Leben gekostet hat. Erschossen haben Sie ihn nicht, freilich nicht. Sie haben ihn nur ein bisschen mit ins Verderben getrieben. Und was ist mit Hollerbach, Eugen Hollerbach, Mundgeruch und schlechtes Deutsch? Der ist doch plötzlich bei Ihnen in Stuttgart aufgetaucht und hat merkwürdige Fragen gestellt, Fragen nach Lauternbürg und Ihrem Herrn Vater und dem Herrn Landrat, und nach dem Sohn von dem Herrn Landrat, der ja leider irgendwie nicht mehr vorhanden sei …«
»Dieser Hollerbach war bei mir«, sagt Hartlaub, »das ist richtig, aber darüber habe ich der Polizei bereits Auskunft gegeben.«
»Haben Sie der Polizei auch gesagt, dass Sie nach Hollerbachs Besuch bei Meunier angerufen haben? Meuniers Netzwerk ist auch nach der Wende intakt geblieben. Also waren auch Sie noch immer eingebunden. Für den Fall, dass Autenrieth auftaucht oder sich meldet oder sich sonst ein Hinweis auf ihn ergibt, hatten Sie bei Meunier Bericht zu erstatten. Und dass da einer kommt und solche Fragen stellt – das war ein solcher Hinweis. Da war jemand dran an Constantin Autenrieth, so erschien es Ihnen und so war es wohl auch. Denn Hollerbach hat schon länger nach dem verschwundenen Autenrieth gesucht, unter allerhand windigen Vorwänden. Und als er Sie besucht hatte, ist er nicht gleich weitergefahren. Sein alter VW ist bei Ihnen gesehen worden, als es bereits dunkel war. Auf wen hat er gewartet? Sie wissen es. Er hat auf Ihre Frau gewartet. Und vielleicht hat er sie auch erkannt. Wieder erkannt, sollte ich sagen, weil er sie früher einmal zusammen mit Autenrieth beobachtet hat, beim Liebesspiel in der Jagdhütte, Hollerbach war ein notorischer Voyeur… Hat er Sie nicht doch noch einmal angerufen? Keine Andeutung? Kein einziger verdruckster schmieriger Hinweis? Ich glaube doch.«
»Das sind alles Hirngespinste«, antwortet Hartlaub.
»Aber Meunier haben Sie verständigt, nicht wahr?«
»Wenn das alles so sein soll, und wenn Sie Beweise dafür haben«, sagt Hartlaub, »warum rufen Sie nicht die Polizei?«
»Ich muss nichts beweisen«, meint Berndorf. »Und ich muss Sie nicht in den Knast bringen. Das werden Meunier und Kadritzke besorgen, falls sie aussagen. Sicher ist das nicht. Ich glaube eher, die beiden werden mauern. Denn mit jeder Aussage reiten sie sich nur tiefer hinein. Vor allem werden sie mit dem Fall Hollerbach schon gar nichts zu tun haben wollen. Schließlich haben Sie ihn ja umgebracht… Vorläufig also haben Sie nichts zu befürchten. Immer vorausgesetzt, Sie kooperieren mit mir.«
»Ach ja?«, fragt Hartlaub. »Warum sollte ich mit Ihnen zusammenarbeiten? Heißt das, Sie wollen mich erpressen?«
»Wenn Sie es so nennen wollen«, antwortet Berndorf. »Es sind drei Bedingungen, die Sie erfüllen werden. Erstens: Sie werden Marielouise in jeder Beziehung behilflich sein, wenn sie sich von Ihnen trennen will. Zweitens: Sie werden keine Besitzansprüche auf das Kind erheben. Drittens: Sie werden, sollte jemand Sie danach fragen, alles abstreiten, was Sie über die Beziehung zwischen Marielouise und Autenrieth wissen.«
Hartlaub schüttelt den Kopf. »Ich verstehe das alles nicht. Was bezwecken Sie mit alldem? Wollen Sie vor meiner Frau den lieben Gott spielen?«
Berndorf zieht eine Grimasse. »Das würde sie sehr schnell durchschauen. Im Übrigen habe ich nicht die Absicht, Marielouise wieder zu sehen. Aber ich will nicht, dass sie wegen dieser Sache« – er unterbricht sich und zögert, als suche er nach einem Wort – »dass sie irgendeinen Ärger bekommt. Aber mit Ihnen habe ich auch etwas vor.« Er lächelt. »Ich will Ihnen zusehen, wie Sie als Dekan in Ihr Amt eingeführt werden, und ich will Ihrer Predigt zuhören. Und die ganze Zeit sollen Sie wissen, dass da hinten einer sitzt, der weiß, wer Sie sind…«
Der Wind hat die Regenwolken vertrieben, und der Sternenhimmel sieht aus, als sei er frisch gewaschen. Über der Stadt, über den Lichtern der Häuser und der Straßen schwebt das Münster.
»Warum hast du ihm nicht gesagt, dass du Marielouise vor einem Mordprozess schützen willst?«, fragt Barbara. Sie stehen, Arm in Arm, oben an der Wilhelmsburg und warten darauf, dass Felix seine Inspektion der Mauerkanten und des Buschwerks abschließt.
»Ich glaube«, antwortet Berndorf, »Hartlaub hat noch nicht einmal begriffen, dass es seine Frau gewesen ist, die Autenrieth erschossen hat. Als er von Bonn nach Stuttgart ging,
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