Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
Wohltätigkeitsfest gespielt, und da haben sie mich gebeten, auch einmal zu dirigieren. Der Reinerlös war für die hungernden Kinder in Afrika.« Kuttler nickt achtungsvoll.
Buck lächelt verlegen. »Wissen Sie, bei einem solchen Klangkörper brauchen Sie sich nicht einzubilden, dass Sie denen was vormachen könnten. Die haben mich da auch nur gebeten, weil ich sie damals eingeladen hab und ja auch mit den meisten gut bekannt war …« Er hat nämlich bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Frühjahr in der Standortverwaltung der Bundeswehr in Ulm gearbeitet.
»Jetzt hab ich aber immer noch nicht ganz verstanden, warum Sie mich besuchen«, sagt er dann.
»Vor etwa zwei Wochen«, wiederholt Kuttler, was er schon am Telefon gesagt hat, »muss ein Herr Hollerbach, Mitarbeiter des ›Tagblatts‹, Sie aufgesucht oder mit Ihnen telefoniert haben.« »Das stimmt«, bestätigt Buck. »Und er hat das dann auch ganz richtig in die Zeitung gebracht. Und jetzt ist er so schrecklich ums Leben gekommen, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll! Aber Sie glauben doch nicht, dass diese Sache da mit unserem Posaunenchor…?«
Die Frage bleibt unvollständig, und Kuttler fühlt sich nicht verpflichtet, eine Antwort zu geben. »Wenn wir gerade bei diesem Artikel sind – welche Rückmeldungen haben eigentlich Sie bekommen?«, fragt er.
»Sie haben den Artikel doch gelesen?«, fragt Buck zurück. Kuttler nickt. »Und die Reaktionen sind alle sehr ermutigend gewesen, das darf ich schon so sagen. Die Leute haben uns allseits zugeredet, wir sollten doch weiter samstags in der Klinik spielen, für viele Patienten sei das ein wirklicher Trost …« »Andere Reaktionen hat es nicht gegeben? Drohungen zum Beispiel? Nächtliche Telefonanrufe?«
Buck schüttelt den Kopf. »Wie kommen Sie nur auf so etwas? Das müssten ja …, also ganz hasserfüllte Menschen müssten das sein.«
Soll es alles geben, denkt Kuttler. »Wie hat der Herr Hollerbach gewirkt? Irgendwie unruhig, oder besorgt?«
»Nein«, meint Buck, »durchaus nicht, der saß hier, im gleichen Sessel, in dem jetzt Sie sitzen, ganz freundlich und aufmerksam, und hat das natürlich auch nicht in Ordnung gefunden, wie diese Frau uns behandelt hat.«
»Wissen Sie eigentlich, wer diese« – Kuttler wirft einen Blick in seine Notizen – »diese Theologin ist?«
Bucks Gesicht fällt ins Förmliche. »Diese Frau ist mir nicht näher bekannt.«
»Aber Sie wussten, dass sie aus Stuttgart ist?«
»Das stand ja im Briefkopf«, sagt Buck. »Sie hat ja einen Brief geschrieben, wissen Sie …«
Kuttler überlegt. »Sie wussten, dass der Mann dieser Frau Hartlaub als Dekan für Ulm vorgesehen war?«
Röte zieht sich über das runde Gesicht. »Also diese Frage versteh ich nun überhaupt nicht mehr…«
»Wussten Sie es?«
»Das stand ja in der Zeitung, wer der neue Dekan ist.« Buck starrt aus empörten Augen auf Kuttler.
»Gestern stand das in der Zeitung. Wussten Sie es, als Hollerbach bei Ihnen war?«
»Darüber haben wir nicht gesprochen. Wir haben von dem Brief der Frau Hartlaub geredet. Und was mit ihrem Mann ist, hat da keine Rolle gespielt. Obwohl das alles dadurch überhaupt nicht lustiger wird …«
»Wie meinen Sie das?«
»Alle zwei Jahre ist der Landesposaunentag in Ulm«, sagt Buck, »da versammeln sich dann alle Chöre vor dem Münster, so etwas gibt es sonst auf der ganzen Welt nicht, aber sagen Sie mir eines: Was für ein Gesicht wird dieser Herr Dekan Hartlaub machen, wenn er dann dabeisteht?«
Der kann sonst ein Gesicht machen, denkt Kuttler, mich geht das nichts an. »Ist Hollerbach eigentlich von sich aus zu Ihnen gekommen?«
Die Rötung auf Bucks Gesicht wird dunkler. »Der hat bei mir angerufen, ob er mich sprechen kann.«
»Aber wie konnte er da von dem Brief aus Stuttgart wissen?« »Das weiß ich doch nicht. Der Brief war an den Bezirksverband der Posaunenchöre gerichtet, an unseren Präsidenten, und ich hab nur eine Ablichtung bekommen. Aber wir haben natürlich auf unserem Übungsabend darüber sprechen müssen, und alle waren ziemlich erregt, das kann ich Ihnen gar nicht wörtlich wiedergeben, was die so alles gemeint haben. Das sind ja Männer, die auch sagen könnten, nein danke, mein freier Samstag gehört der Familie, und genug zu tun im Garten oder in der Werkstatt haben die auch. In der Stadt weiß man vielleicht gar nicht, was es bedeutet, wenn man den Samstag hergibt und einem dann so gedankt wird…«
»Also Sie wissen
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