Der Hund, die Krähe, das Om... und ich!
Praxis entspannt, daran habe ich mich gewöhnt. Deswegen halte ich es auch nicht für ausgeschlossen, dass ich irgendwann mal mit Herzenslust chanten werde. Unwahrscheinlich – aber wie sagt man so schön:
NICHTS IST UNMÖGLICH.
TAG 61
Lebe ich noch?
Wache morgens auf und suche meine Brille. Ohne Brille finde ich nicht mal den Weg aus meinem Bett. Das ist leider kein Witz, sondern bedeutet nur, dass ich unglaublich kurzsichtig bin. Ich öffne auf der Suche eine Nachttischschublade und entdecke weit hinten meinen Blutdruckmesser. Den habe ich sehr lange nicht mehr benutzt. Ich überlege und denke, es wäre doch mal interessant zu wissen, ob sich da was getan hat. Wirklich gefährlich hohen Blutdruck hatte ich selbst mit meinem absoluten Höchstgewicht nicht. Wahrscheinlich weil ich zwar schwer, aber doch einigermaßen sportlich war. Wie schon erwähnt, Ausdauertraining habe ich eigentlich immer ein bisschen betrieben.
Ich finde die Brille unter dem Nachtisch und lege mir die Manschette des Blutdruckgerätes an. Das Ergebnis überrascht mich dann doch. Blutdruck ganz normal: 115 zu 75, aber mein Puls hat sich extrem verändert. Früher hatte ich einen Ruhepuls von etwa 60, heute Morgen 46. Bin ich etwa schon tot?
Ist ein niedriger Ruhepuls gut? Werde mich auf jeden Fall mal informieren. Fahre ich untertourig?
Frage bei befreundeten Ärzten nach und lese im Internet. Ein niedriger Ruhepuls ist ein Zeichen dafür, dass man gut trainiert ist. Durch regelmäßiges Training sinkt der Ruhepuls, dadurch erspart sich das Herz sowohl im Ruhezustand als auch bei Belastung jede Menge Schläge. Vereinfacht gesagt: Es hält im Zweifelsfalle länger.
TAG 62
Egoverbannung
Lese in einem Artikel, dass es enorm wichtig ist, sein Ego beim Yoga vor der Tür zu lassen. Be satisfied with your own accomplishments ist die Parole. Das heißt so viel wie: Sei zufrieden mit deinen Leistungen! Anscheinend fällt das nicht nur mir schwer, denn in vielen Yoga-Blogs ist genau das Thema. „Wie schaffe ich es, den Ehrgeiz, den Anspruch, mein Leistungsdenken vor der Tür zu lassen?“ Wenn man die diversen Antworten darauf liest, ist man dann doch überrascht. Da geht es unglaublich schnell ans Eingemachte. Es antworten Menschen auf Fragen von ihnen völlig Fremden mit einer Härte und Strenge, die einen erschaudern lässt. Und dann schreiben sie unter ihre hämische, rüde und kritische Antwort Shanti, also „Frieden“. Seltsam!
Wo bleibt da das yogisch Friedfertige?
Erst war ich verwundert, dann hat es mich beruhigt. Auch der engagierteste Yogi ärgert sich eben mal. Kann richtig sauer werden. Yogis sind eben auch keine Heiligen – wie gut.
Mein Ego will zwar immer noch nicht jedes Mal vor der Tür bleiben, aber manchmal gelingt es mir immerhin, wenigstens einen Teil draußen zu lassen. Ob es mir je ganz gelingt, keine Ahnung. Gelinde gesagt habe ich meine Zweifel.
ABER MEIN KÖRPER TUT SEIN BESTES, UM MEIN EGO IN SEINE SCHRANKEN ZU VERWEISEN.
TAG 63
Keine Müllhalde
Überlege, warum ich so anders esse. Bin ich mit 48 Jahren schlagartig sooo super vernünftig geworden? Wäre ja mal Zeit dafür, aber ich neige leider nicht so sehr zur Vernunft. Jedenfalls was mich selbst und vor allem was das Essen angeht. Insofern schließe ich einen plötzlichen Vernunftseinbruch aus.
Ist Yoga verantwortlich? Bringt mich Yoga dazu, anders zu essen? Geht das allen Yoga-Übenden so? Kann man sich dann nicht Weight Watchers, Schlank im Schlaf und Co. sparen? Was passiert in meinem Körper? Liegt es daran, dass ich ihn mit der gesunden Kost belohnen will? Belohnen für die Strapazen, die ich ihm zumute? Ist es der Gedanke, dass man keinen Müll in etwas kippen will, von dem man so viel verlangt?
So oder so: Fast-Food-Ketten können im Moment an mir nichts verdienen. Ich kann sogar entspannt daran vorbeigehen. Egal ob Fritten, Burger oder feiste Döner – sie lassen mich kalt. Kein Speichelfluss. Kein „Nein, Susanne, du darfst das nicht!“ Einfach kein Verlangen danach.
TAG 64
Yoga-Witze
Darf man über Yoga auch lachen? Oder ist das schon eine Form der Blasphemie? Manchmal hat man den Eindruck. Yogis gelten als sehr ernsthaft. Yoga ist für sie ein Lebensweg. Ich habe einmal gegenüber einer sehr engagierten Yoga-Freundin erwähnt, dass ich Yoga hauptsächlich zur körperlichen Ertüchtigung betreibe. Sie war richtiggehend entsetzt und sauer. „Yoga ist mehr als nur körperliche Ertüchtigung!“, hat sie mich
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