Der Hund im Kuehlschrank
Gnaden:
Die Luft einziehn, sich ihrer entladen.
Jenes bedrängt, dieses erfrischt;
so wunderbar ist das Leben gemischt.« [Ref 9]
(Johann Wolfgang von Goethe)
Rhythmus – »Ich spüre den Herzschlag einer Geschichte!«
Sender und Empfänger
In jeder Kommunikation gibt es einen Sender und einen Empfänger. Der eine sagt etwas, der andere nimmt das Gehörte auf. Damit jedoch das, was gesagt wird, auch beim Gegenüber ankommt, muss der Sendekanal stimmen. Wenn dieser nicht klar ist, rauscht es im Äther, und die Worte schießen am Ziel vorbei. Bestimmt kennen auch Sie Situationen, in denen jemand in einer größeren Runde über etwas redet, und keiner der Anwesenden reagiert oder hört wirklich zu. Niemand fühlt sich angesprochen, und der Sprecher läuft mit seinem Erzählversuch ins Leere. Oder denken Sie an das Klischee eines älteren Ehepaars am Frühstückstisch: Der eine Ehepartner verschwindet hinter der aufgeschlagenen Zeitung, während der andere versucht, ihm etwas mitzuteilen. Ohne Kontakt und beiderseitige Aufmerksamkeit kann kein Kanal entstehen, der Sender und Empfänger miteinander verbindet.
Soundbälle werfen
In meinen Erzählkursen übe ich das Senden und Empfangen mit sogenannten Soundbällen. Dazu stellen sich alle Teilnehmer im Kreis auf und werfen sich kreuz und quer durch den Raum einen Ball zu. Der Ball wird dabei bei jedem Werfen mit einem Geräusch versehen, etwa mit »Wuuuusch!« oder »Peng!« oder »Huuuiiiiii!« oder »Waff!«. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass der Ball mit einer eindeutigen Zielrichtung zu einem Mitspieler geworfen wird. Die Wurfrichtung muss ganz klar erkennbar
sein, und das zugehörige Geräusch sollte mit der Bewegung übereinstimmen. Also: Nicht erst werfen, dann rufen, oder erst rufen, und dann werfen! Sondern den »Sound« zusammen mit dem Ball auf den Weg schicken. Dabei sollte auch der Rhythmus der Wurfbewegung mit dem Klang des Geräuschs in Verbindung stehen. Es gibt kurze, harte Bälle (»Waff!«, »Bum!«, »Zack!«) und lange, weiche Bälle (»Huuuiii!«, »Wuuuusch!«, »Juuuuuu!«) und viele weitere Varianten. Auch der Körper erzählt mit: Der Ball kann unterschiedlich kraftvoll durch die Luft geschickt, gerollt, durch die Beine geworfen, geprellt, geschoben oder gestoßen werden.
Ziel dieser Übung ist es, sich der klaren Ausgerichtetheit bewusst zu werden, die für jede Kommunikation wesentlich ist. Man spürt, wie leicht ein Ball ins Aus geht, das Gesagte sein Ziel also nicht erreicht. Und man spürt auch, wie sich mit dem Üben und Ausprobieren immer mehr überraschende Varianten und ungeahnte Möglichkeiten auftun. Die Ideen, der Spaß, die Klarheit, die Gezieltheit – all das kommt nach und nach ins Fließen, und plötzlich erkennt man: Ja, es sind viele Botschaften im Raum, und wenn sie klar gesendet werden, kommen sie beim Gegenüber an!
Jeder »Sound«, egal ob laut oder leise, kurz oder lang, zwingt den Absender dazu, beim Wurf des Balls aktiv auszuatmen. Mit der Atemluft, mit dem Ton und mit der Wurfbewegung wird so eine Botschaft zu einem Mitmenschen geschickt. Über Blickkontakt muss dabei zunächst sichergestellt werden, für wen die Nachricht bestimmt ist und ob der Empfänger auch bereit steht. Dann wird Luft geholt, die Aufmerksamkeit gesammelt, das Ziel
angepeilt, mit Kraft und Klarheit geworfen und dabei tönend ausgeatmet. So und nicht anders erreicht der geworfene Soundball sein Ziel.
Aktiver Empfänger
Doch nicht nur der Sender muss konzentriert und bewusst agieren. Auch der Fänger des Balls hat einen aktiven Part. Er reagiert nämlich nicht nur auf das Signal, dass dieser Ball für ihn bestimmt ist, sondern er muss während des gesamten Wurfvorgangs präsent bleiben. Er folgt dem Ball mit den Augen, er hört das zugehörige Geräusch, und er fängt das Wurfgeschoss im Idealfall mit derselben Klarheit und Kraft, mit der es losgeschickt wurde.
Und in dem Moment geschieht etwas Entscheidendes: Der Empfänger wiederholt den Sound noch einmal, sobald er den Ball gefangen hat. Damit hat es Folgendes auf sich: Erst in dem Moment ist nämlich sichergestellt, dass das Geräusch auch wirklich angekommen ist, dass es beim Zuhörer Raum bekommt und nicht zum einen Ohr hinein- und zum anderen gleich wieder hinausgegangen ist.
Zugleich bekommt der Werfer des Balls damit die Rückmeldung: Ja, meine Botschaft ist angekommen, es ist gehört worden, was ich gesagt habe. Und nun erst wird der Empfänger des
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